Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
Vom Netzwerk:
zuerst Tom entführt. Nach drei Tagen hat er wieder angerufen, ich durfte sogar mit Tom sprechen. Ich werde nie vergessen, was er gesagt hat.«
    Ich habe Durst, Papa. Er gibt mir nichts zu trinken.
    Mahler sprach in kurzen, abgehackten Sätzen. »Dann habe ich Tom in meiner Garage gefunden. Er hatte ihn in einen Wäschesack gesteckt. Die Schlinge lag noch um seinen Hals. Tom lag da, zusammengerollt wie ein Embryo. In diesem Moment habe ich überlegt, zur Polizei zu gehen. Doch dann habe ich den Zettel in Toms Hand gefunden.«
    Wenn du die Bullen rufst, hole ich mir deine Frau.
    Mahler blickte auf. Seine Augen glänzten im Kerzenlicht.
    »Ich hatte keine Wahl. So habe ich Tom im Garten vergraben, ich konnte mich einfach nicht von ihm trennen. Er sollte in meiner Nähe bleiben.«
    Zorn versuchte, sich zu konzentrieren. Es fiel ihm schwer, sein Kopf schmerzte und war heiß wie ein Backofenblech. Das Fieber stieg.
    »Okay, du bist also nicht zur Polizei. Wenn du getan hast, was er wollte, warum hat er deine Frau trotzdem vergewaltigt, Henning?«
    »Warum musst du immer nach den Gründen fragen, Claudius?«
    »Das ist mein Job.«
    »Akzeptier endlich, dass es manchmal keine gibt. Ich glaube, es hat ihm einfach Spaß gemacht, mich zu kontrollieren. Zu demütigen und zu quälen. Es hat ihm gefallen, allen weh zu tun, die mir … verstehst du, alle Menschen, die ich …«
    »Ja.«
    »Genauso, wie es ihm gefallen hat, den Verdacht immer wieder auf mich zu lenken.«
    »Wir haben deine Initialen auf dem Kirchturm gefunden. Dort, wo Philipp Sauer ermordet wurde.«
    Mahler nickte.
    »Das war er. Genauso, wie er meine DNA -Spuren an der Leiche von Hannah Saborowski hinterlassen hat. Er war bei mir im Haus, es war kein Problem für ihn, ein paar Haare oder irgendwas von mir mitgehen zu lassen.«
    »Das lässt sich leicht überprüfen«, sagte Zorn. Obwohl er absolut nicht sicher war, ob dem tatsächlich so war. »Stapic hat also Frau Bosch umgebracht, um sie für den Tod seines Sohnes zu bestrafen. Staatsanwalt Sauer musste sterben, weil er versagt hat und Hannah Saborowski schließlich, weil sie uns geholfen hat. Das ist –«
    »Still!«, unterbrach ihn Mahler. Er hatte den Kopf gehoben und lauschte. »Hörst du das?«
    »Nee«, erwiderte Zorn einen Moment später. Er hörte zwar ein tiefes Dröhnen, aber das, da war er sicher, entstand direkt in seinem Kopf und rührte vom Fieber.
    »Warte.« Mahler stand auf und verließ den Tunnel. Nach einer halben Minute war er wieder da. Die Schuhe troffen von Wasser, ebenso seine Jeans, die bis zu den Knien durchnässt waren.
    »Der zweite Damm ist gebrochen. Die Kanalisation läuft voll. Wir müssen hier weg, wenn wir nicht ersaufen wollen.«
    Jetzt hörte auch Zorn das Wasser.
    Es kam näher, und zwar schnell.
    *
    Es dauerte eine Weile, bis sich Schröders Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Auf den ersten Blick schien der Raum vollständig leer zu sein, dann bemerkte er, dass es sich eher um eine kleine Kammer handelte.
    Das einzige Licht fiel durch die halb geöffnete Tür in das Zimmer.
    Er trat zwei Schritte vor, die Gummisohlen seiner Schuhe knirschten auf dem nackten Beton. Es roch nach Urin und feuchtem Kalk.
    Er lauschte. Hörte seinen eigenen, regelmäßigen Atem. Dann hielt er die Luft an.
    Jemand atmete weiter, er war nicht allein hier.
    Rechts, im Schatten, nahm er die Umrisse eines klobigen Dinges wahr, das er für einen Sessel oder Schaukelstuhl hielt.
    Er hockte sich hin, bemerkte erst die Räder und dann das Kind, das in Decken gehüllt dalag und fest zu schlafen schien.
    »Ella Mahler, jetzt hab ich dich gefunden«, murmelte er und strich ihr vorsichtig über das Haar.
    Sie schlug die Augen auf. »Wer bist du?«
    Schröder nahm ihre Hand. »Ich hole dich hier raus, Ella.«
    »Das ist gut. Ich will nicht mehr hier sein.« Ella sah ihn ernst an. »Du siehst nett aus. Obwohl du so dick bist.«
    Ihr Blick glitt über seine Schulter zur Tür.
    Dann begann sie zu kreischen.
    *
    Sie waren aus dem Tunnel gerannt und standen in der Mitte der unterirdischen Halle. Aus den Gängen ringsum strömte das schäumende Wasser herein, als wäre die Sintflut über sie gekommen.
    Mahler musste rufen, um sich verständlich zu machen.
    »Streck die Hände vor!«
    Zorn gehorchte. Mahler holte ein Tapetenmesser aus der Tasche und zerschnitt die Fesseln. Das Wasser war kalt, es reichte ihnen bis über die Oberschenkel. Zitternd verschränkte Zorn die Arme vor der Brust.
    »Was hast du

Weitere Kostenlose Bücher