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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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vor?«, rief er.
    »Ich lass dich gehen.« Mahler deutete auf zwei nebeneinanderliegende Gänge. »Diese beiden führen bergauf. Nimm den rechten, er wird nach ein paar Metern trocken sein. Folge ihm ungefähr zwei Kilometer, dann kommst du an eine Abzweigung. Geh nach links, dann landest du im Park neben der Oper. Beeil dich.«
    Hoch über ihnen löste sich ein Stein aus der Decke und krachte ein paar Meter entfernt in das gurgelnde Wasser. Zorn fuhr zusammen.
    »Und du? Wohin gehst du, Henning?«
    »Ich treffe mich mit Stapic.«
    »Was wirst du tun?«
    Mahler lachte auf. »Was schon? Ich werde ihn töten.«
    »Verdammt nochmal, das wirst du nicht überleben, Henning!«
    »Ich weiß. Er aber auch nicht.« Dann reichte er Zorn seine Taschenlampe. »Nimm, ich hab noch eine.«
    Mahler schwang den Rucksack über die Schulter und watete zu einem Gang, der neben dem lag, den er Zorn gezeigt hatte. Er drehte sich noch einmal um. »Mach’s gut, Claudius. Und versuch nicht, mir zu folgen.«
    Dann war er weg.
    Zorn sah ihm nach. Das Wasser reichte ihm jetzt bis über die Hüften. Er hatte Mühe, aufrecht zu stehen, die Strömung riss ihn fast von den Füßen.
    Was mach ich jetzt, verdammt? Fieberhaft dachte er nach.
    Rechts ging es in die Freiheit.
    Dort wartete eine heiße Dusche auf ihn. Frische Luft. Seine Plattensammlung. Und Malina.
    Links war Mahler verschwunden.
    Was war dort? Der Tod?
    Wieder löste sich ein Stein aus der Decke und schlug direkt neben Zorn auf die aufspritzende Oberfläche. Er leuchtete nach oben. Dort zeigten sich tiefe Risse im Gewölbe, ein schlammiger Regen aus Kalk, Sand und lehmigem Wasser rieselte in dicken Strömen auf ihn herab.
    »Gleich fliegt mir hier alles um die Ohren«, murmelte er und wischte sich über das nasse Gesicht. »Leck mich, Henning, ich muss meinen Arsch retten.«
    Zähneklappernd wandte er sich nach rechts, dem Gang, den ihm Mahler zugewiesen hatte. Watete zwei Schritte hinein. Blieb stehen und drehte sich schwer atmend um. Dann richtete er die Lampe zurück in die Halle. Ein wahrer Sturzregen ergoss sich von oben. Die Gewölbedecke löste sich auf. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie einstürzen und alles unter sich begraben würde.
    Ich bin bekloppt, dachte Claudius Zorn und schlug wütend mit der Hand auf das schäumende Wasser. Ich bin völlig durchgeknallt. Geisteskrank, lebensmüde oder was auch immer. Egal. Aber allein lassen kann ich ihn nicht.
    Dann rannte er zurück und folgte Henning Mahler.
    *
    Der dicke Schröder war schnell. Eine halbe Sekunde, bevor Ella Mahler anfing zu schreien, sah er den Schatten, der von der Tür her über ihr Gesicht huschte, und warf sich zur Seite. Das Messer verfehlte ihn, mit einem fauchenden Pfeifen strich es nur Millimeter entfernt an seinem Nacken vorbei. Er rollte sich über die Schulter ab und kam mit dem Rücken zur Wand zum Stehen. Plötzlich hatte er seine Pistole in der Hand.
    Stapic stand keinen Meter entfernt von ihm.
    »Du bist flink, kleiner Mann«, sagte er anerkennend und klatschte zweimal kurz in die Hände. »Ich habe dich unterschätzt.«
    Schröder hob die Pistole und richtete sie fast beiläufig auf die Brust des Kroaten.
    »Sie sind verhaftet, Mirko Stapic. Lassen Sie das Messer fallen.«
    Eine Weile standen sie sich schweigend gegenüber. Stapic rührte sich nicht von der Stelle und schien nachzudenken.
    »Hast du schon einmal jemanden erschossen, Kleiner?« Er wies mit dem Kinn auf Schröders Waffe. »Du solltest vorsichtig sein, die macht sehr, sehr große Löcher.«
    Über Schröders Gesicht glitt ein feines Lächeln.
    »Oh, das ist mir bewusst. Wenn ich Sie in die Brust schieße, ist das Austrittsloch ungefähr so groß wie ein Tennisball. Das Gute ist, dass ich die Schweinerei nicht selbst wegmachen muss, dafür haben wir Fachleute. Aber das sollte Sie nicht weiter kümmern, Herr Stapic. Weil Sie dann bereits tot sind.«
    »Du nimmst den Mund sehr voll.«
    Schröder fasste die Waffe mit beiden Händen und zielte direkt auf Stapics Kopf.
    »Ich denke, ich habe allen Grund dazu.«
    Bisher hatte er unbekümmert, fast fröhlich gesprochen, als würden sie in Stapics Bar sitzen und über den Cocktail der Woche plaudern. Jetzt wurde sein Tonfall schärfer.
    »Ich sagte, Sie sollen es fallen lassen. Sofort.«
    Stapic hob das Messer und betrachtete es nachdenklich. Es war groß. Das Licht spiegelte sich auf der gezackten Schneide.
    »Ich glaube, du würdest wirklich schießen«, erwiderte er leise und

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