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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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interessiert, allerdings nur, weil
du
mir interessant vorkamst.« Zorn spürte langsam, wie ihm der Alkohol zu Kopf stieg. Mahler hingegen erschien ihm völlig nüchtern. »Du hast irgendwas ausgestrahlt«, fuhr er fort, »eine Aura, was Trauriges, das ich nicht fassen konnte. Aber es hat mich fasziniert.«
    »What is love? Baby don’t hurt me no more!«
, hallte es aus der Bar herüber. Zorn griff sich theatralisch an die Stirn und stöhnte auf.
    »Was ist?«, fragte Mahler.
    »Noch so ein Dreckslied.«
    »Und?«
    »Ich überlege, wer das gesungen hat.«
    »Haddaway.«
    »Ich denke, du hast keine Ahnung von Musik, Henning?«
    »Stimmt. Aber das war eins von Claras Lieblingsliedern.«
    »Ich glaube, du hattest recht«, sagte Zorn.
    »Was meinst du?«
    »Deine Frau hatte wirklich einen fürchterlichen Geschmack.«
    Sie sahen sich an. Erst lächelte Zorn, dann lächelte Mahler.
    Zorn wurde wieder ernst. »Was willst du eigentlich hier?«
    »Ich kann nicht allein sein.«
    »Du wirst dich dran gewöhnen«, sagte Zorn. »Ich bin gern allein.«
    »Vielleicht würdest du das anders sehen, wenn du den Menschen, den du liebst, in einer Wanne voll Blut finden würdest.«
    Zorn nickte. »Ja. Vielleicht.«
    »Kannst du mir einen Gefallen tun?«
    »Kommt drauf an, was du willst«, erwiderte Zorn.
    »Am Dienstag wird sie beerdigt. Irgendwie würde ich es gut finden, wenn du …«
    »Okay«, sagte Zorn, »mach’ ich.«
    Der pferdeschwänzige Kellner erschien und erklärte, dass sie an der Bar weitertrinken müssten, er habe jetzt Feierabend. Mahler wollte aufstehen, doch Zorn hielt ihn zurück. »Wusstest du, dass deine Frau misshandelt worden ist, Henning?«
    »Was?«
    »Clara hatte frische Prellungen und Würgemale. Und wir denken, dass sie ein paar Tage vor ihrem Tod vergewaltigt wurde.«
    Mahler beugte sich über den Tisch und fasste Zorn am Arm. »Hast du mich deshalb gefragt, wann ich das letzte Mal mit ihr geschlafen habe?«
    Zorn roch seinen säuerlichen Atem. »Ja.«
    »Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Ich hätte ihr nie auch nur ein Haar krümmen können.« Er sah Zorn an. »Glaubst du mir das?«
    Zorn drehte sein leeres Bierglas und schwieg.
    »Ich habe dich gefragt, ob du mir glaubst«, wiederholte Mahler.
    »Ja«, sagte Zorn. »Ich glaube dir.«
    »Gut.«
    »Die Frage ist allerdings …«, Zorn schob das Bierglas beiseite und beugte sich ebenfalls vor. »Wenn du es nicht warst, wer war es dann?«
    »Sag du es mir. Du bist der Bulle. Ich bin nur der trauernde Ehemann.«
    »Hatte sie vor irgendwas Angst?«
    »Clara war depressiv. Sie hatte immer Angst.«
    »Trotzdem. Ich meine, kann es jemanden gegeben haben, der sie bedroht hat?«
    Mahler schüttelte langsam den Kopf. »Keine Ahnung.«
    »Das, mein Lieber«, sagte Zorn, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust, »glaube ich dir wiederum nicht.«
    »Es bleibt dir im Moment aber nichts anderes übrig«, erwiderte Mahler und stand auf. »Ich hab Durst. Lass uns zur Bar gehen.«
    *
    »Und warum machst du deinen Job überhaupt, wenn du ihn dermaßen hasst?«, fragte Mahler.
    Es war kurz vor der Morgendämmerung. Es musste jetzt Stunden her sein, dass sie mit dem Bier aufgehört hatten und zu Whisky übergegangen waren. An der Bar befanden sich außer ihnen und dem müden Barkeeper noch vier Menschen: Links von ihnen hockten zwei Männer in dunklen Anzügen, einer starrte stumm vor sich hin, der andere hatte den Kopf auf die Tischplatte gelegt und schien seit Ewigkeiten tief zu schlafen. Etwas abseits lehnten zwei junge Frauen an einem Stehtisch und unterhielten sich leise. Aus den Boxen hämmerte das Schlagzeug eines alten U2-Songs.
    Zorn war jetzt ernsthaft betrunken. »Ich weiß nicht«, nuschelte er und wischte ein paar Aschekrümel vom Tresen. »Ich weiß es nicht, Henning. Ich mach das jetzt schon so lange. Mit dreißig wollte ich das erste Mal aufhören. Da hab ich gemerkt, dass ich keine Verbrecher jage, sondern verfickte Akten sortiere. Obwohl«, er hob den Zeigefinger, legte ihn an die Lippen und flüsterte dann: »Zur Zeit jage ich einen Mörder. Aber das ist geheim.«
    »How long must we sing this song?«
, jammerte Bono.
    »Warum geheim?«, fragte Mahler.
    »Letzte Runde, Herrschaften«, sagte der Barkeeper.
    »Noch zwei«, lallte Zorn und hielt sich am Tresen fest. Neonlicht wurde eingeschaltet. Zorn kniff die Augen zusammen und wandte sich wieder an Mahler.
    »Darum. Weil’s geheim ist.«
    Hinter der Bar hing ein riesiger Spiegel. Zorn

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