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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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in seinem Kopf gezündet. Nein, dachte er. Viel schlimmer geht’s wohl nicht.
    »Du siehst wirklich gut aus für dein Alter.« Sie knuffte ihn leicht in die Seite.
    »Aua«, sagte Zorn.
    »Machst du Sport? Du musst aufpassen, dass du keinen Bauch bekommst.«
    Unwillkürlich hielt Zorn die Luft an. Sie gab ihm einen weiteren Kuss.
    »Du bist auch jetzt nicht sonderlich scharf auf eine Nummer, oder? Claudius?«
    »Nee.« Zorn stand nun doch auf und wankte in Richtung Bad. »Ich muss pinkeln.«
    Was er dann auch tat. Dann trank er ungefähr zwei Liter Wasser und schlich, mühsam gegen den Brechreiz kämpfend, zurück zu seinem Bett, wobei er sorgfältig darauf achtete, den Bauch einzuziehen. Sie hatte sich mittlerweile angezogen.
    »Ich hab dir meine Telefonnummer aufgeschrieben.«
    »Das ist nett«, erwiderte Zorn, legte sich hin und schloss mit einem leisen Seufzer die Augen. »Du bist auch nett, danke.«
    »Das hör ich öfter«, sagte sie. »Ruf mich an, wenn du Lust hast.«
    »Das werd ich«, sagte er und dachte: Wer weiß? Vielleicht mach ich das ja wirklich?
    Als die Tür ins Schloss fiel, erinnerte er sich auch an ihren Namen. Ich bin vor Kollegin Saborowski, der Sekretärin meines Vorgesetzten, nackt auf dem Boden gekrochen, dachte er, und habe ihr erzählt, ich wär ein Stier. Aus Spanien. Aber ihren Vornamen kenne ich wirklich nicht. Und ich muss Sport machen.
    Morgen fange ich an. Nein, übermorgen. Übermorgen werde ich schwimmen gehen.
    Dann war er eingeschlafen. Und er träumte. Von Fahrstühlen, in denen es nach Flieder duftet. Von Frauen mit klaffenden Schnittwunden. Und von Henning Mahler, der bis zu den Knien in einer Wanne voll Blut steht und immer wieder schreit, Zorn solle ihm helfen.

Sieben
    »Bitte schön.« Schröder knallte eine rosafarbene Mappe auf Zorns Schreibtisch. »Der Bericht zum derzeitigen Stand der Ermittlungen.«
    Zorn hatte das komplette Wochenende im Bett verbracht. Am Sonntag war er gegen Mittag kurz aufgestanden, hatte sich eine Tütensuppe gekocht und war danach sofort zurück unter seine Decke gekrochen. Jetzt, wieder in seinem Büro, war er zwar wie immer nicht sonderlich gutgelaunt, aber wenigstens ausgeschlafen. Am Morgen hatte er einige Minuten vor dem Spiegel verbracht und seinen Bauch aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln gemustert. Er hatte zwar keinerlei Anzeichen eines Bauchansatzes feststellen können, doch die kleine Bemerkung von Sauers Sekretärin hatte seine Alarmglocken schrillen lassen. Und so hatte er tatsächlich eine Badehose samt Handtuch im Auto, denn er hatte sich fest vorgenommen, nach Feierabend mindestens tausend Meter zu schwimmen.
    Schröder stand mit verschränkten Armen da und sah Zorn an. Der lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
    »Kann es sein, dass du irgendwie sauer bist, Schröder?«
    »Nein, aber da geh ich gleich hin.«
    »Wohin?«
    »Zu Sauer. Dem zuständigen Staatsanwalt, wenn’s beliebt. Der diesen Bericht angefordert hat, wenn ich richtig informiert bin.«
    Zorn betrachtete die dicke Mappe. Ihm war klar, dass Schröder das komplette Wochenende mit dem Report verbracht haben musste, während er selbst seinen Rausch ausgeschlafen hatte.
    »Was steht drin?«
    »Das, was wir wissen. Außerdem der Wetterbericht von letztem Donnerstag und eine zwanzigseitige Abhandlung über das Balzverhalten asiatischer Flughunde.«
    »Ach!«
    Schröder reckte das Kinn ein wenig vor und steckte die Hände in die Taschen seiner Cordhose. »Sonst wäre ich nicht auf hundert Seiten gekommen.«
    »Bestell Sauer schöne Grüße«, sagte Zorn und nahm sich eine Zigarette.
    »Sehr wohl, Chef«.
    Schröder nahm die Mappe und verließ das Büro.
    Zorn unterdrückte ein Grinsen. Er ist tatsächlich wütend, dachte er. So kenne ich ihn gar nicht.
    *
    Knappe drei Stunden später saßen sie wieder beisammen. Neben dem Kleiderständer stand ein kleiner Plastiktisch, den Zorn so gut wie nie benutzte. Er hatte Schröder gebeten, auf einem der beiden Holzstühle Platz zu nehmen, eine Anweisung, der dieser mit einer verwundert hochgezogenen Augenbraue gefolgt war. Zorn setzte sich gegenüber.
    »Hat er irgendwas gesagt?«, fragte er.
    »Sauer? Nein. Ich habe den Bericht bei seiner Sekretärin abgegeben. Ich soll dich übrigens von ihr grüßen.«
    Reflexartig zog Zorn den Bauch ein. »Wie heißt die eigentlich mit Vornamen?«, fragte er und hoffte, beiläufig zu klingen.
    »Die Sekretärin?«
    »Ja.«
    Schröder runzelte die Stirn.
    »Keine Ahnung.«
    »Egal«, sagte

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