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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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nahm einen Schluck Wein, hielt das Glas gegen das Licht und betrachtete es nachdenklich. »Sauer ist ein Wichser.«
    Sie nickte. »Das bedeutet aber nicht, dass er zwangsläufig ein Verbrecher ist, oder?«
    »Natürlich nicht, aber es
könnte
sein! Und wenn Sauer wirklich was zu verbergen hat, wer weiß, wer da noch mit drinsteckt?«
    »Eine Verschwörung? Tu nicht so. Dir geht’s einzig und allein um Sauer.« Sie lachte auf. »Männer sind so einfach zu durchschauen, es ist immer dasselbe.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ihr seid wie die Hühner: Wer am lautesten gackert, hat gewonnen. Du willst ihm beweisen, dass nicht er, sondern dass eigentlich du der Chef im Stall bist.«
    »Quatsch!«, widersprach Zorn, »das hat damit nichts zu tun.«
    »Sei ehrlich, du hasst ihn. Und du willst ihn am Arsch kriegen.«
    Zorn holte tief Luft. »Ist das so schlimm?«
    Sie trank ihr Glas aus. »Ich arbeite jetzt seit zwei Jahren für Sauer. Schreibe seine Briefe, nehme seine Telefonate entgegen und kümmere mich um seine Termine. Und in dieser ganzen Zeit ist mir nichts aufgefallen, was ihn irgendwie verdächtig machen könnte.«
    »Er ist clever.«
    »Möglich. Oder du spinnst.«
    Zorn stand beleidigt auf.
    »Wo willst du hin?«, fragte Hannah.
    »Vor die Tür. Ich geh rauchen.«
    Sie wies auf seinen Stuhl.
    »Setz dich, Claudius Zorn.«
    Er zögerte einen Moment.
    »Ich sagte, du sollst dich setzen.«
    Zorn zuckte die Achseln und nahm wieder Platz. Sie winkte dem Kellner und bestellte eine neue Flasche Wein.
    »Wem hast du noch davon erzählt?«, fragte sie dann.
    »Nur Schröder. Und jetzt dir.«
    Hannah überlegte kurz.
    »Sauer hat einen Safe.«
    Zorn hieb mit der flachen Hand auf den Tisch. »Da versteckt er die Originale! Wollen wir wetten? Wir müssen die Kombination rauskriegen! Ich könnte –«
    Sie legte eine Hand auf seinen Arm.
    »Was ist?«, fragte Zorn.
    Sie sah ihn lange an. »Ich weiß, wo er den Schlüssel versteckt.«
    Zorn nahm ihre Hand und küsste sie. »Du bist großartig, Hannah.«
    »Ich weiß«, sagte sie lächelnd. »Ich wette mit dir, dass ich nichts finden werde, aber nachsehen kann ich ja mal.« Dann stützte sie das Kinn in die Hand und fragte: »Wo schläfst du eigentlich heute?«
    »Ich weiß noch nicht.«
    Sie strich ihm das Haar aus der Stirn.
    »Soll ich mich um deine Beule kümmern?«
    Er überlegte einen Moment. »Ja«, sagte er dann. »Ich habe starke Schmerzen.«
    Der Kellner brachte den Wein.
    *
    Schröder saß daheim vor seinem Computer. Er lebte allein in einer kleinen Wohnung, die er sich vor Jahren unter dem Dach eines Zweifamilienhauses eingerichtet hatte. Es war relativ spät, fast halb elf, seine Eltern, die unter ihm wohnten, schliefen längst.
    Irgendwann hatte er es aufgegeben, Zorn zu erreichen, und sich gesagt, dass sie heute sowieso nichts mehr unternehmen konnten. Es war sogar wahrscheinlich, dass Zorn den Film geheim halten würde, solange sie nicht wussten, welche Rolle der Staatsanwalt spielte.
    Im Zimmer war es dunkel. Die einzige Lichtquelle stammte von einem nagelneuen Powermac, dessen großer Flachbildschirm ein bleiches, bläuliches Licht auf sein sonst so rosiges Gesicht warf.
    Auf dem Boden standen drei halb auseinandergebaute Rechner und ein Macbook, Computerzeitschriften, Kabel, diverse Tastaturen und ein Laserdrucker ließen kaum einen Zentimeter Platz auf dem Tisch. Hinter ihm an der Wand hing ein verblichenes Plakat mit dem schwarzweißen Logo des Chaos Computer Clubs.
    Schröder, der sonst nie etwas Stärkeres als Bier trank, hatte sich aus dem Kühlschrank seiner Eltern eine Flasche Martini geholt. Sie war bereits halb leer, langsam stieg ihm der ungewohnte Alkohol zu Kopf. Er goss sich einen Schluck ein, nippte am Glas, verzog das Gesicht und wandte sich wieder seinem Computer zu.
    Das Video hatte keinen Ton. Es war nicht lang, ein paar Sekunden nur, vielleicht eine halbe Minute, wenn es hoch kam. Er hatte die anonyme Nachricht mit dem angehängten Video aus Zorns Maileingang an seine eigene Adresse weitergeleitet und versuchte nun, die schemenhaften Bilder deutlicher zu machen. Kontrast, Belichtung und Schärfe hatte er bereits verändert, doch viel besser war es nicht geworden. Er überlegte kurz, tippte dann rasch eine Kombination ein und zoomte ein paar Standbilder näher heran. Beugte sich vor, bis sein Gesicht nur ein paar Zentimeter vom Bildschirm entfernt war. Alles, was er sah, waren verschwommene digitale Rechtecke. Der Film hatte eine viel zu

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