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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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haben wir Bilder vom Opfer. Und vom Täter. Und wir haben die Chance, den Absender der Mail zu ermitteln.«
    Schröder schüttelte langsam den Kopf »Die Nachricht wurde von einer Hotmail-Adresse geschickt.«
    »Was für Zeug?«
    »Eine Hotmail-Adresse. Garantiert willkürlich gewählt. Kann man nicht zurückverfolgen.«
    »Aber auf dem Film muss doch was zu finden sein, Schröder! Das Ding muss zur Kriminaltechnik. Die finden garantiert was. Irgendwas, das uns weiterhilft.«
    »Ich habe das alles gecheckt. Der Film hat eine extrem niedrige Auflösung, es ist nichts zu erkennen, das wir nicht schon wissen.«
    »Wer sagt das?«
    »Ich.«
    Zorn lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Seit wann hast du denn Ahnung von Computern?«
    Schröder verschränkte die kurzen Arme vor der Brust und sah seinen Chef an. »Wenn ich nichts finde, finden die Techniker auch nichts.«
    »Ist das so?«
    »Ja«, sagte Schröder einfach.
    Zorn, der froh war, wenn er den Einschaltknopf am Rechner fand und seine Mails unfallfrei abrufen konnte, überlegte. Dass Schröder den kriminaltechnischen Computeranalysten ebenbürtig sein sollte, war schwer zu glauben. Das waren Freaks, die den ganzen Tag auf ihre Monitore starrten und nichts anderes zu tun hatten, als unverständliche Befehle in ihre Tastaturen zu hacken. Andererseits hatte Schröder noch nie etwas behauptet, das sich später als falsch erwiesen hatte. Vor allem nicht, wenn es die eigenen Fähigkeiten betraf.
    Ich kenne ihn kaum, dachte Zorn und musterte den dicken Schröder aus dem Augenwinkel. Wer weiß, was er noch alles drauf hat? Und überhaupt: Was macht er eigentlich nach Dienstschluss? Sammelt er heimlich Briefmarken? Oder tut er andere schreckliche Dinge? Gedichte schreiben?
    Er nahm sich eine Zigarette, klopfte mit dem Filter auf den Schreibtisch und zündete sie an. »Okay«, seufzte er und stieß den Rauch durch die Nasenlöcher aus, »es ist wahrscheinlich eh besser, wenn wir das alles für uns behalten, bevor wir nicht wissen, welche Rolle Sauer spielt.«
    »Das Einzige, was ich anhand der Bewegungsmuster mit Sicherheit sagen kann, ist, dass der Täter ein Mann ist. Und dass er relativ groß ist, ungefähr eins fünfundachtzig.«
    »Ungefähr? Was heißt das?«
    Schröder tippte auf die Tastatur, auf dem Bildschirm erschien ein Standbild, ein Ausschnitt des Filmes. Der Mann stand mit dem Rücken zur Kamera, mehr als die Umrisse waren nicht zu erkennen. Die schemenhafte Gestalt erinnerte an einen Mönch, der hoch aufgerichtet in die entgegengesetzte Richtung zu blicken schien.
    »Der Film ist mit einer handelsüblichen Webcam aufgenommen, den Ton hat er nachträglich entfernt. Die Dinger haben von Natur aus eine beschissene Auflösung. Er hat den Film trotzdem sicherheitshalber noch einmal runtergerechnet, damit so wenig Details wie möglich zu erkennen sind. Hier …«, Schröder wies mit dem Bleistift auf den Monitor, »er trägt eine Kapuze. Und er achtet darauf, dass er der Kamera immer den Rücken zuwendet.«
    »Er weiß genau, was er tut. Kannst du das nicht irgendwie …«, Zorn holte tief Luft, »schärfer machen?«
    »Das ist das Schärfste, was ich zu bieten habe.«
    »Und sein Gesicht? Gibt’s da keinen besseren Ausschnitt?«
    »Nothing. Was das Opfer betrifft, da –«
    »Dazu kommen wir später«, unterbrach Zorn. »Mich interessiert eher, warum er das Video ausgerechnet an mich geschickt hat.«
    Schröder zuckte die Achseln.
    »In den Zeitungen steht, dass du der zuständige Ermittler bist.«
    »Ist mir klar. Aber welchen Sinn hat das alles? Was will er damit sagen?«
    »Das passiert doch immer wieder, dass Täter Kontakt zur Polizei aufnehmen, Chef. Der Kitzel, das Gefühl der Überlegenheit. Der unterschwellige Wunsch, gefasst zu werden.«
    »Hör auf mit diesem Psychokram«, blaffte Zorn und beschloss im selben Moment, Keitel, den Polizeipsychologen, anzurufen und zu befragen. Vielleicht war ja doch etwas dran?
    Ich übersehe irgendwas, dachte er. Es liegt direkt vor mir, und trotzdem sehe ich’s nicht.
    »Woher«, sagte er dann, »wissen wir eigentlich, dass der, der mir die Mail geschickt hat, und der Typ auf dem Video ein und dieselbe Person sind?«
    Schröder schob die Unterlippe vor und dachte kurz nach.
    »Weil wir fähige Ermittler sind?«
    »Sehr gute Antwort«, sagte Zorn. »Was machst du eigentlich in deiner Freizeit?«
    »Wie bitte?«, fragte Schröder verdutzt.
    »Hast du Hobbys? Schreibst du Gedichte? Oder so?«
    »Nein«, sagte

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