Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
Vom Netzwerk:
zusammenhielt. Unter anderen Umständen hätte sie das Kleid zu würdigen gewusst .
    Sie hatte nicht auf den Weg geachtet, aber nun merkte sie plötzlich, dass Jamie nicht die Richtung zum Tal einschlug, wo man am flachen Fluss ufer bequem reiten konnte. Während sie um eine steile Klippe bogen, blickte Sheena über die Schulter. Das Schloss war nicht mehr zu sehen. Sie folgten einem schmalen Pfad, weit und breit tauchte keine Hütte auf; außer Bäumen und Beerensträuchern entdeckte sie nirgends ein Lebenszeichen.
    Sie erschauerte vor Angst. Hier draußen würde niemand ihre Schreie hören. Sie war allein mit James MacKinnion - war ihm hilflos ausgeliefert. Er führte sogar ihr Pferd am Zügel. »Wohin bringt Ihr mich?« rief sie, doch er gab ihr keine Antwort, drehte sich nicht einmal zu ihr um. Mühsam versuchte sie, ihre aufsteigende Panik zu bekämpfen. »Sir Jamie, bitte! Ich möchte umkehren!«
    »Regt Euch nicht auf, Sheena, Ihr habt nichts zu befürchten«, entgegnete er, ohne den Kopf zu wenden.
    Hätte er ihr verzweifeltes Gesicht gesehen, wäre er vielleicht bereit gewesen, ihre Bitte zu erfüllen - oder auch nicht. Er ritt aus einem ganz bestimmten Grund mit ihr in die Einsamkeit - um ihr zu beweisen, dass sie ihm vertrauen konnte. Außerdem wollte er ihr eine Freude machen. Er wusste , wie gern sie schwimmen ging. Natürlich wollte er ihr nicht verraten, dass er sie damals in jenem kleinen Teich baden gesehen hatte.
    Jamie grinste und gestand sich ein, dass seine Beweggründe nicht ganz uneigennützig waren. Er hoffte auf ihre Dankbarkeit, auf ein Lächeln - vielleicht würde sich wenigstens ihre Laune bessern.
    Sheena schickte ein stummes Gebet zum Himmel. Sie setzte ihre Hoffnung auf andere Dinge - auf ein Wunder, das sie retten würde, wenn...
    Plötzich zügelte Jamie sein Pferd, auch die Stute blieb stehen. Sheena hielt den Atem an, bis er sich endlich umwandte und sie anschaute. Erleichtert seufzte sie auf, denn sein Blick verriet keine bösen Absichten. Noch nie in ihrem Leben hatte sie ein netteres Lächeln gesehen, Ihre Angst verflog ebenso schnell wie ihr Zorn, und sie empfand eine seltsame Scheu, die gar nicht zu ihr passte .
    Er stieg ab und hob sie aus dem Sattel. »Als kleiner Junge kam ich oft hierher.«
    Sie sah funkelndes Wasser, einen idyllischen Teich, der von einem schmalen Bach gespeist wurde, zur Talseite hin war er abgeschirmt von hoch aufeinandergetürmten Felsblöcken.
    »Habt Ihr diesen Wall gebaut?« fragte Sheena.
    »Nein, er war schon immer hier - zumindest, seit ich denken kann. Dieser Ort ist so friedlich. Ich habe oft auf den Felsen gesessen und beobachtet, wie sich die Spiegelungen auf der Wasserfläche im Lauf eines Tages verändern. Übrigens, man kann von diesem Wall auch in den Teich springen - falls Ihr gern taucht.«
    »Ist das Wasser so tief?«
    »ja - weil der Hang da drüben so steil ist.«
    Sehnsüchtig blickte Sheena in den Teich. Wie schön musste es sein, hier zu schwimmen... Sie versuchte sich vorzustellen, wie James MacKinnion als kleiner Junge in diesem kalten Wasser herumgetobt hatte, doch das gelang ihr nicht. Es erschien ihr unmöglich, dass dieser Mann einmal ein Kind gewesen war. »Kommt Ihr immer noch hierher, Sir Jamie?«
    »Ich erinnere mich nicht, wann ich diesen Teich zum letztenmal gesehen habe. Sicher ist es schon einige Jahre her. Ich habe einfach zu wenig Zeit. Außerdem schwimme ich nur in den warmen Monaten. Jetzt ist es schon zu kalt dazu.«
    Sheena hätte beinahe gelacht. Wie oft war sie im Vorfrühling und im Spätherbst schwimmen gegangen, bei wesentlich niedrigeren Temperaturen... Sie würde so gern schwimmen! Wenn sie doch bloß allein wäre... Welch ein herrliches Gefühl musste es sein, im kalten Wasser zu versinken, die Haut von sanften Wellen liebkosen zu lassen... Seit sie auf Schloss Kinnion wohnte, hatte sie kein einziges Mal richtig gebadet und sich immer nur mit Wasser Übergossen. Zu schade, dass sie nicht allein war...
    »Warum habt Ihr mich hierhergebracht?« fragte sie leise.
    Jamie wandte sich ab. »Ich dachte, Ihr würdet die Stille und Beschaulichkeit an diesem schönen Ort genießen. Offenbar habe ich mich getäuscht.«
    »Es gefällt mir sehr gut hier«, beteuerte sie hastig, weil sie nicht undankbar erscheinen wollte.
    Er sah sie wieder an und lächelte. »Das freut mich. Leider können wir nicht bleiben.«
    »Warum nicht?«
    »Nun, es gibt noch einige andere Leute, die meine Zeit beanspruchen, Sheena. Aber ich

Weitere Kostenlose Bücher