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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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werde bald wieder mit Euch hierherreiten, wenn das Euer Wunsch ist.«
    »Heute?«
    »Vielleicht«, erwiderte er schmunzelnd.
    »Dann erlaubt mir doch, hierzubleiben!« schlug sie hoffnungsvoll vor. »Ich wäre so gern ein bißchen allein - für eine kleine Weile.«
    Forschend blickte er ihr in die Augen. »Wenn ich mich darauf verlassen könnte, da Ihr keinen Fluchtversuch unternehmt, würde ich Eure Bitte erfüllen.«
    »Nehmt die Stute mit! Ohne Pferd käme ich nicht weit.«
    »Und wenn Ihr davonlauft? Weiß der Teufel, wie lange ich dann nach Euch suchen müßte!«
    »Ich würde Euch schwören, bis zu Eurer Rückkehr hierzubleiben.«
    »Wirklich?«
    »O ja.« Atemlos wartete sie auf seine Antwort.
    Er musterte sie mit ausdruckslosen Augen, dann seufzte er. »Ich müßte auf Euer Wort bauen. Und da ich hoffe, Euer Vertrauen zu gewinnen, sollte ich Euch das meine schenken.«
    Sheenas Augen begannen zu strahlen. »Ich darf also hierbleiben?«
    »Ja.«
    »Wie lange? Ich meine - wann wollt Ihr zurückkommen?«
    Jamie lächelte. »Ich gebe Euch mindestens eine Stunde Zeit - gleichgültig, ob ich meine Geschäfte schon früher erledigt habe oder nicht.«
    Sie wandte sich ab, damit er ihr nicht ansah, wie viel ihr diese kleine Geste bedeutete. »Danke«, sagte sie leise.
    »Es freut mich, wenn ich Euch glücklich machen kann, Sheena.«
    Seine Stimme klang so ernsthaft, dass sie sich wieder umdrehte und ihn verwundert anschaute. Doch er lächelte immer noch, und sie wusste nicht recht, was sie von seinen Worten halten sollte.
    Er stieg auf seinen Hengst und griff nach den Zügeln der Stute. »Ich nehme das Pferd lieber mit, so wie Ihr's mir geraten habt - nur damit Ihr nicht in Versuchung geführt werdet.«
    Nachdenklich beobachtete sie ihn, als er davonritt. Ist dieser nette, umgängliche Mann wirklich mein Feind, überlegte sie. Dann ärgerte sie sich über ihre Zweifel. Natürlich war er ihr Gegner - immer noch, und sie würde sich vor seinen liebenswürdigen Anwandlungen in acht nehmen müssen. Es spielte keine Rolle, dass er verteufelt gut aussah und mit einem einzigen Lächeln ihre Ängste zerstreuen konnte - er hieß trotz allem James MacKinnion und war der Todfeind ihres Clans. Er mochte sich auf ihre Wort verlassen - sie würde ihm niemals trauen.

19.

     
    Sheena lag auf einem glatten Felsen und genoß die Sonnenstrahlen, die zwischen den tiefhängenden Wolken hindurchschienen. Das Wasser war eiskalt gewesen, doch das hatte ihr keineswegs die Freude an diesem wundervollen Bad verdorben. Nun wärmte sie ihren durchfrorenen Körper. Dieses Vergnügen war ihr viel zu lange versagt worden.
    Die Stunde, die James MacKinnion ihr zugebilligt hatte, näherte sich dem Ende. Sie ließ ihre bloße Haut noch ein paar Minuten lang von der Sonne streicheln, dann schlüpfte sie hastig in ihre Kleider. Wie verblüfft er wäre, wenn er sie so hier anträfe - splitterfasernackt, dachte sie belustigt. Wahrscheinlich wäre er viel zu schockiert, um die Situation auszunutzen.
    Sie stand auf der Felsplatte und sah, wie er um das steile Riff bog, das ihr die Sicht zum Schloss versperrte. Er galoppierte zum Teich und führte die Stute am Zügel hinter sich her. Sheena runzelte die Stirn. Warum hatte er es so eilig? »Was ist denn geschehen?« rief sie.
    Grinsend sprang Jamie vom Pferd und ließ beide Tiere im Heidekraut weiden, dann lief er zum Ufer und kletterte zu ihr auf den Felsen. Er breitete seinen Tartan aus, setzte sich darauf und bedeutete ihr, neben ihm Platz zu nehmen - was sie nach kurzem Zögern tat. »Wenn ein Mann mit einem schönen Mädchen verabredet ist, kann er seine Ungeduld kaum bezähmen«, erklärte er. »Findet Ihr das so erstaunlich?« Er drückte ihr einen Beutel in die Hände.
    »Was ist das?«
    »Ihr habt heute morgen nicht gefrühstückt, und ich will nicht, dass Ihr verhungert. Deshalb habe ich Euch eine Kleinigkeit mitgebracht.«
    Sheena öffnete den Beutel. »Eine Kleinigkeit? Damit kann man ein ganzes Heer satt kriegen.«
    »Nun, es ist auch nicht für Euch allein bestimmt.«
    Sie sah ihn misstrauisch an. Er schien in bester Laune zu sein. Und er war aus irgendeinem Grund sehr zufrieden mit sich. Warum nur?
    Sie wandte sich zu ihm, während er den Inhalt des Beutels begutachtete. Wahllos warf er ihr einen Weinschlauch, Hafermehlkuchen, ein halbes Brathuhn und Ingwertörtchen in den Schoß. »Genug, Jamie, genug!« rief sie lachend.
    Er lehnte sich an einen Felsblock und streckte die langen Beine aus.

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