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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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köstliche Mahlzeit nicht genießen, weil man sie unablässig beobachtete. Was musste n diese Leute von dem Mädchen denken, das nun den Platz einnahm, wo am Vortag noch Jessie Martin gesessen hatte? Waren wirklich erst zwei Tage vergangen, seit sie James MacKinnion kennengelernt hatte?
    »Es kommt mir wie ein ganzes Leben vor.«
    »Habt Ihr etwas gesagt, meine Liebe?« fragte Lydia MacKinnion, die links von ihr saß.
    »Oh, verzeiht - ich habe Euch nicht gesehen«, entschuldigte sich Sheena.
    »Ich bin eben erst gekommen. Wie ich höre, habt Ihr heute einen erholsamen Ausritt unternommen.«
    Sheenas Wangen färbten sich rosa. »Wer hat Euch das erzählt?«
    »Jamie. Er sagte, Ihr hättet Euch großartig amüsiert, und das freut mich. Sheena, Ihr habt den Jungen völlig in Euren Bann gezogen. Und es macht mich so glücklich, dass er endlich mit diesen albernen Tändeleien aufhören und sich auf ein Mädchen beschränken will.«
    Sheenas Kehle war wie zugeschnürt. »Aber - ich will das nicht«, würgte sie mühsam hervor.
    Lydia tätschelte ihre Hand. »Ich kann verstehen, dass Ihr zögert, meine Liebe. Jamie ist ein furchterregender Mann, genau wie sein Vater. Robbie führte sich manchmal grauenvoll auf - doch die Menschen, die er liebte, trug er auf Händen. Auch er fand eine Frau, die zu ihm passte , und er vergötterte sie bis zu ihrem Todestag - vielleicht sogar noch länger.«
    »Er vergötterte sie? Colen behauptete, seine Eltern hätten andauernd gestritten. Und wenn seine Mutter dem Laird böse war, hat sie sich in den Turm zurückgezogen, wo ich jetzt wohne.«
    »O ja, sie haben sich schrecklich gezankt.« Lydia lächelte versonnen. »Trotzdem waren sie einander von ganzem Herzen zugetan. So ist das nun mal, wenn man in wahrer Liebe verbunden ist.«
    Sheena schüttelte entsetzt den Kopf. »Da muss ich Euch ganz entschieden widersprechen, Lady Lydia. Für mich bedeutet die echte eheliche Liebe Einigkeit, Gleichklang der Seelen und...«
    »Ihr wisst eine ganze Menge darüber, nicht wahr?« fiel ihr die alte Frau lächelnd ins Wort.
    »Nun, so sollte es zumindest sein.«
    »So ist es auch - zwischen temperamentlosen Leuten. Aber wenn sich zwei willensstarke Menschen lieben, kommt es immer wieder zu Zusammenstößen. Das läßt sich gar nicht vermeiden.«
    »Ja, da habt Ihr wohl recht.«
    »Unser Jamie hat ein geradezu teuflisches Temperament und kann sich manchmal unerträglich benehmen. Wenn seine künftige Ehefrau keinen Mumm hat, wird er sie völlig unterjochen. Aber falls sie einen ebenso starken, unbeugsamen Willen besitzt wie er, wird sie mehr Schlachten gewinnen als verlieren.«
    Nun war Sheenas Neugier erwacht. »Und warum ist das so?«
    »Weil er sie lieben wird - nur deswegen. Warum sollte Jamie sonst heiraten? Nach dem Tod seines Vaters ist niemand mehr da, der ihm befehlen könnte, eine Frau heimzuführen. Er braucht kein Bündnis, das ihm eine Ehe verschaffen würde, denn er hat genug mächtige Verbündete. Ein Vermögen könnte ihn nicht locken, er ist selber reich genug. Warum sollte er sich also mit einer einzigen Frau begnügen, wenn so viele nur darauf warten, in seine Arme zu sinken? Glaubt mir, mein gutes Mädchen-Jamie würde nur aus Liebe heiraten.«
    Lydia begann ihren Teller zu füllen, und Sheena wandte sich ab. Sie war froh, dass dieses verwirrende Gespräch ein Ende gefunden hatte. Liebe? In einer Probeehe? In einer solchen Verbindung spielte die Liebe keine Rolle - und die Ehre auch nicht. Und eine Probeehe war alles, was ihr Sir Jamie bot. Natürlich, für ihn war das eine sehr angenehme Möglichkeit, sein Vergnügen zu finden und sich dann zurückzuziehen, wenn der Zeitpunkt heranrückte, wo die eigentliche Hochzeit stattfinden sollte. Aber sie würde sich nicht so demütigen und mißbrauchen lassen. Sie würde die Flucht ergreifen, und es war höchste Zeit, die nötigen Vorbereitungen zu treffen.
    Colen war ihre einzige Hoffnung. Sie hob den Kopf und sah ihn am anderen Ende der Tafel sitzen, mit mürrischer Miene. Seine schlechte Laune hing zweifellos mit der Tatsache zusammen, dass er sich bis jetzt vergeblich bemüht hatte, sie zu erobern. Wenn sie sein Mißvergnügen doch nutzen könnte, um sich seiner Hilfe zu versichern... Aber vielleicht würde sich sein Ärger gegen sie richten. Wer blieb dann noch übrig? Black Gawain war unterwegs, Lydia schien auf Jamies Seite zu stehen. Und William Jameson? Er war Jamie nicht verpflichtet und hatte offenbar Gefallen an ihr

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