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Zorn und Zärtlichkeit

Zorn und Zärtlichkeit

Titel: Zorn und Zärtlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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Dugald.
    »Ich brauche mehr!« schrie Jamie zurück. »Der Fall liegt keineswegs klar auf der Hand!«
    »Wartet doch, bis Iain zu sich kommt!« rief Sheena, bevor ihr Vater eine passende Antwort fand. Sie fühlte sich hin und her gerissen zwischen beiden Clans, und der Gedanke, wozu das alles führen würde, war grauenhaft - zu einem neuen Krieg, ausgelöst durch den guten, friedliebenden Iain...
    »Was hätte das für einen Sinn, Tochter?« stieß Dugald hervor. »Der Laird von MacKinnion würde nur neue Ausflüchte suchen, um die Gerechtigkeit zu verhöhnen, selbst wenn die Wahrheit ans Licht käme.«
    »Ich flehe dich an...«, begann Sheena verzweifelt.
    »Nein«, unterbrach er sie ungeduldig. »Aber du brauchst nicht zu fürchten, dass ich dir diesen Tag mit meiner Rache verderben werde. Wir brechen sofort auf, und du begleitest uns. Beeilen wir uns - bevor weitere Unfälle geschehen.«
    »Sie wird nicht mit Euch gehen, Sir Dugald.« Jamies Stimme klang trügerisch sanft.
    Die Augen des alten Mannes verengten sich. »Sie ist mit Euch verheiratet, MacKinnion. Aber Ihr habt ausdrücklich betont, dass Ihr sie nicht einsperren werdet.«
    »Sie kann gehen - wenn ich es sage. Vorerst bleibt sie hier.«
    Sheena hielt den Atem an. Ihr Vater und ihr Ehemann starrten sich schweigend in die Augen. Eine Ewigkeit schien zu verstreichen. Würde sich der Kampf nicht mehr vermeiden lassen? Sie wusste , in was für eine unerträgliche Lage ihr Vater geraten war. Er musste kämpfen oder klein beigeben. Ein Fergusson, der sich geschlagen gab - wenn sein ganzer Clan hinter ihm stand? Andererseits waren die Fergussons in der Unterzahl - wie immer, wenn sie gegen die MacKinnions antraten.
    Mit zornroten Wangen machte Dugald Fergusson auf dem Absatz kehrt und verließ die Halle, ohne ein weiteres Wort. Sheena musste untätig mit anschauen, wie ihm ihre Verwandten nachrannten. Dann wurde der immer noch bewußtlose Iain hinausgetragen. Er war nicht imstande, auf einem Pferd zu sitzen. Trotzdem würde er mit den anderen reiten und vermutlich auf dem langen Heimweg sterben.
    Nicht einmal Niall gönnte ihr einen Blick, als er hinauslief. Sheena wollte ihrem Bruder folgen, um sich wenigstens von ihm zu verabschieden. Aber Jamie legte eine Hand auf ihre Schulter, hielt sie fest, und sie konnte nur dastehen - unfähig, die Fergussons zurückzuhalten. Würde sie ihre Familie jemals wiedersehen?
    Das Herz wurde ihr schwer, und sie wäre in Tränen ausgebrochen, hätte nicht diese schwere Hand auf ihrer Schulter gelegen und ihr bewußt gemacht, dass sie sich inmitten der ver hasst en MacKinnions befand. Ihre Feinde durften nicht merken, wie sehr sie litt.
    »Sheena?«
    Jamies Stimme klang so sanft und erinnerte sie an zärtliche Stunden. Glaubte er, dass sich nichts geändert hatte? Wusste er nicht, dass alles zerstört war?
    Plötzlich schüttelte sie seine Hand ab und wandte sich zu ihm, die Augen voller Schmerz und Verachtung. »Rühr mich nie wieder an, Jamie«, flüsterte sie.
    »Sheena...«
    »Nein!« stieß sie hervor. Nichts, was er sagen könnte, würde sie umstimmen. Sie lief die Treppe hinauf, um ihn nicht vor seinem Clan beschämen zu müssen. Jamie starrte ihr nach, und es drängte ihn mit aller Macht, ihr zu folgen und ihr seinen Standpunkt zu erklären. Doch er fürchtete sein eigenes Temperament, und so blieb er reglos stehen und beobachtete sie, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden war.

31.

     
    Als er sein Zimmer betrat, schlief sie in dem Lehnstuhl am Kamin, immer noch angezogen. Ihr Haar fiel in dunkelroten Wellen an der Seite des Sessels hinab, bis zum Boden. Ihre Arme lagen gekreuzt über den Brüsten, der Rocksaum verbarg ihre Füße. War sie nur zufällig am Kaminfeuer eingeschlafen - oder hatte sie das Ehebett mit Absicht verschmäht?
    Jamie warf ein paar Holzscheite in die ersterbenden Flammen, dann ließ er sich zu Sheenas Füßen nieder und betrachtete sie. Wie friedlich sie aussah, ohne Tränenspuren unter den Augen... Doch er hatte ihre unvergossenen Tränen gesehen, auch den Schmerz in ihrem Blick. Wie sollte er das alles wiedergutmachen?
    Er griff nach einer der dunklen Haarsträhnen, die am Boden lagen, und ließ sie langsam durch die Finger gleiten. Ihr Hochzeitstag! Welch ein Mißerfolg, abgesehen von den kurzen Stunden, wo sie allein gewesen waren... Wie konnte sie jenes unbeschreibliche Glück vergessen? Hatte es ihr nichts bedeutet?
    Er wollte sie nicht wecken und weitere Anklagen hören. An diesem

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