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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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bin noch nicht fertig
denkt das bloß nicht
    *
    Das Erste, was ihm auffiel, war das Licht. Und dass es ihm hier gefiel.
    Zorn hatte den Volvo am Waldrand geparkt und war dann zu der Stelle gelaufen, an der Björn Grooth vor fünf Tagen getötet worden war. Er wusste nicht genau, was er hier wollte, warum er hier war. Wahrscheinlich brauchte er nur einen ruhigen Ort, an dem er nachdenken konnte.
    Es war still, Zorn traf kaum einen Menschen. Er mochte diesen Duft von Laub, Erde und Kiefernnadeln. Das Licht fiel schräg durch die Baumwipfel, Insekten tanzten in den goldfarbenen Strahlen, alles schien irgendwie gedämpft, in einer Art Zeitlupe, als würde er auf dem Grund eines Sees stehen.
    Am Fuß des Baumes, dort, wo man Björn Grooth gefunden hatte, stand ein kleines Holzkreuz. Blumen lagen daneben, Fotos, Zettel, auf denen stand, wie sehr man den Jungen vermisste. WARUM? , stand darauf. Und: WIR HABEN DICH GELIEBT. Er hatte also doch Freunde gehabt. Zumindest gab es neben seinen Eltern weitere Menschen, denen er etwas bedeutet hatte.
    Zorn nahm sein Handy.
    »Ja, Chef?«
    »Wo bist du?«
    »In der Kleingartensparte, ich frage noch einmal nach Zeugen. Und du?«
    »Im Stadtwald.«
    »Hoffentlich hast du genauso viel Spaß wie ich.«
    »Wie man’s nimmt. Die haben hier einen regelrechten Altar errichtet.«
    »Ich würde eher sagen, eine Art Gedenkstätte, Chef.«
    »Habt ihr das überprüft?«
    »Natürlich. Das waren seine Klassenkameraden.«
    »Niemand sonst?«
    »Nein.«
    Zorn beendete das Gespräch und lehnte sich an eine dünne Kiefer. Was war mit den Freunden des Jungen? Mit Max Brandt, mit Martha und Eric Haubold? So hatten sie sich jedenfalls bezeichnet: als seine Freunde. Sie hatten die Einbrüche zusammen begangen und einen großen Teil ihrer Zeit miteinander verbracht. Doch niemand von ihnen schien hier im Wald gewesen zu sein, um Abschied von dem Toten zu nehmen. Nun gut, es gab andere Arten, seine Trauer zu zeigen. Und natürlich war es denkbar, dass sie hergekommen waren, ohne etwas an der Unglücksstelle zu hinterlassen.
    Trotzdem, dachte Zorn. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, als seien sie nicht allzu bestürzt über Björns Ermordung. Aber vielleicht täusche ich mich.
    Auch Udo Kempff hatte zu ihrer Gruppe gehört, jedenfalls noch bis gestern. Jetzt war er ebenfalls tot. Verbrannt, auf dem Sprungturm einer öffentlichen Badeanstalt.
    Fünf Menschen. Zwei davon tot, in weniger als einer Woche.
    Was würde als Nächstes passieren?
    Würde überhaupt etwas passieren?
    Natürlich würde es das.
    Er seufzte und sah nach oben. Die Baumwipfel bewegten sich kaum merklich, Wolken zogen vorbei, ein paar Nadeln rieselten herab. Zorn wurde ein wenig schwindlig, er schloss die Augen, öffnete sie wieder, hörte das Rauschen des Windes, irgendwo klopfte ein Specht. Direkt über ihm schwankte ein Ast, ein Eichhörnchen erschien und sah auf ihn hinab.
    Du hast mir grade noch gefehlt, brummte Zorn. Es ist ja nett hier, aber jetzt wird’s mir eindeutig zu kitschig.
    *
sie haben blumen dorthin gebracht und plüschtiere und alberne zettelchen geschrieben, auf denen steht, wie ach so doll sie ihn liebgehabt haben – diese dummheit, diese naivität schreit zum himmel, ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll
ich werde wohl keines von beidem tun, sondern einfach noch jemanden töten
ich muss mir die hände waschen, sie stinken nach benzin
    *
    Zorn sah, wie das Eichhörnchen über ihm in der Baumkrone verschwand. Die Frage ist ja, setzte er zu einer neuen Überlegung an, mit wem wir es hier eigentlich zu tun haben. War es ein und derselbe, der die beiden getötet hat? Oder gibt es möglicherweise zwei Mörder?
    Nein, das war einfach zu unwahrscheinlich. Die Chance, dass in einem solch verschlafenen Nest zwei Menschen, die sich auch noch gekannt hatten, von zwei verschiedenen Tätern umgebracht wurden, konnte höchstens im Promillebereich liegen. Vor allem, wenn man bedachte, auf welch bestialische Weise beide Morde begangen worden waren.
    Er stand jetzt in der Mitte des Wegs, da, wo das Drahtseil gespannt gewesen war. Hinter ihm ging es steil bergauf zum Plateau mit dem Aussichtsturm. Zorn sah hinab, vor ihm senkte sich die Strecke, Wurzeln ragten aus dem sandigen Boden, weiter unten erkannte er zwischen den Bäumen das hölzerne Dach des Rastplatzes.
    Ich muss mich konzentrieren, dachte er. Das Wichtige sehen, das, was dahintersteckt. Wie tickt jemand, der so etwas tut? Und vor allem: Warum hat er das getan?

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