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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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steckte in seinem Unterarm.
    Giese lag absolut reglos. Er hatte die Augen geschlossen, langsam hob und senkte sich sein breiter Brustkorb im Takt mit dem Beatmungsgerät. Irgendwo ertönte ein tiefes Brummen, die Lampen der Kontrollmonitore flackerten kurz. Ein Zucken, nicht länger als eine Zehntelsekunde, als sich die Augen des Priesters hinter den geschlossenen Lidern bewegten.
    Dann war es wieder vorbei.
    Draußen, vor dem Fenster, flog eine Krähe vorüber.
    Wachtmeister Bolldorf sah auf, lauschte kurz und wandte sich wieder seinem Buch zu.
    *
alles ist verschwommen, die gedanken gehorchen nicht ich muss mich zusammenreißen ich bin noch nicht fertig verdammt es ist noch so viel zu tun ich darf jetzt nicht aufhören jetzt nicht
ich darf nicht schlafen, ich muss wach sein, verdammt
    *
    Es war halb vier. Zorn hatte noch eine Stunde Zeit, dann musste er zu Max Brandt. Normalerweise hätte er jetzt einfach dagesessen und die Zeit totgeschlagen, ein wenig aus dem Fenster gesehen, Staubkrümel vom Tisch gewischt, ein paar Büroklammern verbogen (manchmal, wenn ihm extrem langweilig war, puhlte er auch ein bisschen an der Tapete), dann wäre er aufgestanden und auf den Parkplatz zum Rauchen gegangen. Auf dem Rückweg hätte er sich einen Kaffee geholt und mit ins Büro genommen, um den Rest der Zeit weiter aus dem Fenster zu starren und an die nächste Zigarette zu denken.
    Aber da war noch etwas. Der Bericht.
    Nun ja. Fertigstellen würde er ihn in der kurzen Zeit nicht, aber anfangen konnte er wenigstens damit.
    Seufzend nahm Zorn die Füße vom Tisch, schob die Tastatur zurecht und versuchte, sich zu konzentrieren. Oben links blinkte der Cursor, er überlegte und begann:
    Am Donnerstag, dem 9. August, befand sich Hauptkommissar Claudius Zorn in der öffentlichen Gaststätte Waldkater, um dort …
    Ja, was? Er stockte.
    … eine Zeugenbefragung durchzuführen.
    Genau. Schließlich konnte er kaum schreiben, dass er mit Schröder getrunken hatte.
    Die Zeugenbefragung ergab, dass …
    Moment! Wenn er jetzt etwas von Zeugen schrieb, würde garantiert jemand nach dem Protokoll fragen! Und dann? Noch mehr Schreibkram!
    Er löschte die letzten Worte. Okay, dann eben etwas anderes:
    … um im Umfeld der o.a. öffentlichen Gaststätte weiterführende Ermittlungen im Todesfall Grooth, Björn, vom 2. August anzustel- len.
    Das klang besser. Aber stimmte das Datum? Und welche Aktennummer hatte der Mordfall Grooth? Egal, das konnte er später nachtragen.
    Die Ermittlungen ergaben keine neuen Erkenntnisse.
    Ha! Sehr gut! Das sparte Papierkram!
    Am späten Abend erhielt Hauptkommissar Zorn einen Anruf.
    Seine Finger verharrten über der Tastatur. Die genaue Uhrzeit? Er schielte nach der Schublade, da lag sein Handy. Selbst er, Claudius Zorn, war in der Lage, die Anrufliste zu finden, aber er hatte keine Lust. Er dachte kurz nach und schrieb dann:
    Um 21 Uhr 42 erhielt Hauptkommissar Zorn einen Anruf.
    Das war besser. Irgendwie konkreter. Und amtlicher.
    Darin teilte ihm der in den Mordfällen Grooth, Björn, und …
    Scheiße, wie hieß der andere?
    … Kempf, Udo, bereits als Zeuge vernommene Brandt, Max, mit, dass …
    Schrieb man »Kempf« nicht mit zwei F? Egal!
    … er sich auf dem Aussichtsturm im Stadtwald (vgl. Anlage: Kartenausschnitt) …
    Na ja, das mit der Karte klang zwar gut, aber es bedeutete zusätzliche Arbeit.
    … befinde und bedroht werde. Auf Nachfrage konnte er keine genauen Angaben bezüglich der bedrohenden Person machen, was auch an der schlechten Verbindung lag.
    Zorn hackte mit beiden Zeigefingern auf die Tastatur ein. Er wusste, dass er Blödsinn schrieb, aber er wollte das alles so schnell wie möglich hinter sich bringen.
    Hauptkommissar Zorn wies daraufhin einen der anwesenden Kellner an, den Notruf zu betätigen, und begab sich umgehend zu o.a. Treffpunkt. Als er eintraf …
    Die Uhrzeit?
    Als er gegen 22 Uhr 17 eintraf, bemerkte er, dass der Anrufer (Brandt, Max) …
    Zu Max Brandt musste es eine Extraakte geben, wie war die verflixte Nummer?
    … nicht zu entdecken war. Stattdessen ertönte ein Ruf …
    Oder Schrei?
    … ein menschlicher Schrei, der erkennen ließ, dass der Anrufer sich in höchster Gefahr befand. Das angeforderte Einsatzkomman- do war noch nicht vor Ort. Hauptkommissar Zorn entschied, dass akute …
    Wie hieß das noch?
    … Gefahr in Verzug war.
    Nein.
    … sei, deswegen erklomm …
    Erklomm? Was für ein Scheißwort!
    … bestieg …
    Noch schlimmer!
    …

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