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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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erkletterte Hauptkommissar Zorn den Turm, um dem Anrufer zu Hilfe zu kommen und scheiße ich habkeinenbockaufdiesenmistverdammtdakannsichschröderk
    Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
    »Das nervt!«
    Ein Becher mit Bleistiften und Kugelschreibern kippte um, der Inhalt rollte über die Tischplatte und fiel klappernd auf den Fußboden. Zorn sprang auf, der Bürosessel rollte nach hinten, ein stechender Schmerz im verletzten Fuß ließ ihn wieder zurücksinken, doch dort, wo sich soeben noch das warme Leder seines Stuhls befunden hatte, war jetzt gähnende Leere. Zorn kippte nach hinten, ruderte verzweifelt mit den Armen und räumte, bevor er auf dem Hosenboden landete, die Hälfte seines Schreibtischs ab. Im Fallen riss er das Festnetztelefon mit sich, die Tastatur krachte ihm gegen die Stirn, und als er endgültig zu Boden gegangen war, kippte noch eine halbleere Wasserflasche um. Dann folgte der Aktenstapel auf dem Schreibtisch, und Hauptkommissar Claudius Zorn, der nun in einer Pfütze auf dem Linoleum lag, konnte nur verdattert zusehen, wie die einzelnen Blätter herabsegelten und sich im Büro verteilten.
    *
    Wachtmeister Bolldorf sah auf die Uhr. Noch über vier Stunden bis Feierabend. Das rote Buch lag zusammengeklappt auf seinem Schoß, er seufzte, schlug es wieder auf und las weiter in einem nicht enden wollenden Kapitel über die Aktenführung im strafprozessualen Ermittlungsverfahren. Langweilig, aber da musste man durch, wenn man irgendwann zur Mordkommission wollte.
    Die Schiebetür von Zimmer 403 stand offen. Vor zehn Minuten war eine junge Schwester in knappem blauen Kittel erschienen, hatte Bolldorf kurz zugenickt, einen Blick in das Zimmer geworfen und war dann davongerauscht. Er hatte ihr hinterhergesehen, und als er sich dann wieder seiner Lektüre widmete, waren seine Wangen leicht gerötet.
    Drinnen war alles ruhig, die Klimaanlage erzeugte ein schleifendes, sirrendes Geräusch. Das bleiche Gesicht des Priesters leuchtete auf dem grünen Bettbezug, Schweißtropfen hatten sich auf seiner Stirn gebildet und liefen langsam an den Schläfen hinab. Am rechten Handgelenk war eine Manschette befestigt, Kabel führten zum Mittelfinger und maßen den Blutdruck.
    Wieder bewegten sich seine Augen. Der Mittelfinger zuckte, lag wieder still, zuckte noch einmal. Am Monitor über dem Bett leuchtete eine Lampe auf, dann erklang ein leises, rhythmisches Pfeifen.
    Weiter hinten öffnete sich eine Tür, die Schwester erschien, ihre schnellen Schritte hallten über den Flur. Wachtmeister Bolldorf richtete sich auf und lockerte den dunkelblauen Schlips.
    »Da drin hat’s grad gepiepst, Schwester.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    Im Krankenzimmer beugte sie sich über das Bett, kontrollierte den Sitz einer Kanüle und wandte sich dann den Überwachungsgeräten zu, die sie mit routinierten Bewegungen überprüfte.
    Hinter ihr lag Pastor Giese und bewegte lautlos die Lippen, als habe er einen lebhaften Traum.
    Vielleicht betete er auch.
    *
    Zorn hockte hinter seinem Schreibtisch auf dem Boden und wusste nicht, was ihm am meisten weh tat. Die Stirn, der Hinterkopf? Oder doch der Fuß? Nun, so wichtig war es auch nicht. Zumindest lenkte das Puckern im Kopf von den stechenden Schmerzen im Knöchel ab. Und umgekehrt.
    Ich sollte nach Hause gehen und mich ins Bett legen, murmelte er resigniert, rieb sich den nassen Hintern und betrachtete das Chaos in seinem Büro. Kann es sein, dass das heute nicht mein Tag ist?
    Es klopfte.
    Zorn versuchte, sich aufzurappeln, ließ sich dann aber wieder zurücksinken.
    Ach, dachte er, ich bleib einfach hier unten sitzen, das muss ja niemand mitkriegen.
    Ein leises Quietschen, die Tür ging auf. Zorn spähte unter dem Tisch hervor und erkannte zwei Füße in hellen, knöchelhohen Leinenschuhen mit roten Schnürsenkeln. Die hatte er irgendwo schon mal gesehen.
    »Herr Zorn?«
    Die Stimme kannte er ebenfalls. Max Brandt.
    Früher oder später würde er ihn entdecken. Was soll’s, dachte Zorn. Noch mehr blamieren kann ich mich sowieso nicht.
    Sein Kopf erschien über der Schreibtischkante. Zuerst war nur ein verwuschelter, dunkler Haarschopf zu erkennen, dann folgten die Augen des Hauptkommissars.
    »Hallo Max.« Zorn griff wie selbstverständlich hinter sich, schob den Sessel zurecht und setzte sich auf. »Wundere dich nicht über das Chaos, ich räume gerade ein wenig auf. Nimm dir einen Stuhl.«
    Max kam näher. Es knackte laut, als er einen Kugelschreiber

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