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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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genug gelitten. Deswegen bin ich hergekommen. Um dir das zu sagen.« Er stand auf und sagte halblaut: »Ich werde jetzt gehen. Solltest du jemals zu dir kommen, werden wir uns wiedersehen. Dann reden wir weiter.«
    Draußen, im Flur, war außer dem jungen Wachtmeister niemand zu sehen.
    »Die Luft ist rein«, meldete Bolldorf beflissen. »Hat er etwas gesagt?«
    »Falscher Alarm. Bleiben Sie auf dem Posten.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, lief Schröder davon.
    Bolldorf nahm wieder Platz und vertiefte sich in sein Buch. Nebenan atmete Giese tief und regelmäßig. Auf dem Laken, direkt neben seinem Kopf, da, wo eben noch Schröders Hand gelegen hatte, war ein dunkler Schweißfleck entstanden.
    *
    »… und so sieht es ganz danach aus, als hätte die Polizei diese furchtbaren Verbrechen innerhalb kürzester Zeit aufgeklärt.«
    Zorn stand in der Tür des Sendestudios, einem engen, höchstens zehn Quadratmeter großen Kämmerchen. Im Nacken spürte er den süßlichen Atem des Assistenten, der ihn soeben geräuschlos hereingeführt hatte. Die Sendung war in vollem Gange, die blonde Reporterin (es war dieselbe, die ihn am Morgen im Präsidium überfallen hatte) sah konzentriert in die Kamera und las ihren Text von einem Teleprompter ab:
    »Eine Stadt atmet auf, liebe Zuschauer. Nun, da wir endlich wissen, wer hinter diesen Morden steckt, sind wir erleichtert. Ja, wir alle sind froh, dass der Täter seiner verdienten Strafe nicht entgehen wird.«
    Das Lispeln war kaum wahrzunehmen. Sie sprach langsam, jedes Wort unnatürlich betonend. Ihre Gesichtshaut verschwand hinter einer dicken Schicht aus Schminke und Puder, das blonde Haar war zu einem Dutt hochgesteckt, der üppige Busen klemmte in einem fleischfarbenen, züchtig bis zum Hals geschlossenen Blouson.
    »Natürlich müssen wir uns fragen, wie so etwas überhaupt geschehen konnte. Warum das Verbrechen überhaupt Einzug halten konnte in dieser friedlichen Stadt.«
    Die grellen Scheinwerfer brachten die Luft zum Kochen, es mussten über dreißig Grad in dem engen Raum herrschen. Zorn spürte die schwitzende Hand des Assistenten im Rücken.
    Die Reporterin stand an einem Plastikpult vor einer hellblauen Wand, hinter ihr prangte in fetten Buchstaben der Name der Sendung ( Nachgehakt – das Stadtgespräch! ), darunter hing das rotweiße Logo des Senders. Gegenüber, neben der Kamera, war eine riesige Digitaluhr befestigt. Die roten Ziffern zeigten auf 16 Uhr 24.
    »Wir vom Lokalfernsehen haben die Antworten. Und wir sind stolz, Ihnen einen besonderen Gast präsentieren zu dürfen.« Ein kurzes, professionelles Lächeln. »Gleich, nach einer kurzen Unterbrechung. Bleiben Sie dran, meine Damen und Herren.«
    Über der Kamera erlosch ein rotes Licht, gleichzeitig verschwand das Lächeln der Reporterin, als wäre es ebenfalls abgeschaltet worden. Zorn hörte, wie vom Band ein Werbespot für ein Herrenmodegeschäft in der Innenstadt gestartet wurde.
    »Sie sind dran«, flüsterte der Assistent und gab ihm einen leichten Klaps auf den Rücken. »Toi, toi, toi.«
    Zorn stolperte nach vorn.
    »Verdammt, wo waren Sie?«, blaffte die Blondine.
    Er sah sich hilfesuchend um.
    »Nach rechts!«, half der Assistent und wies mit der Klemmmappe auf ein weiteres Stehpult direkt neben dem der Reporterin. Zorn nahm Aufstellung und schloss geblendet die Augen.
    Ein Lautsprecher knackte, eine blecherne Stimme teilte in breitem Sächsisch mit: »Noch eine Minute, Sandra!«
    Die Tür ging auf, eine untersetzte, blasse Frau eilte herein und begann, das Gesicht der Reporterin mit einem Pinsel einzupudern.
    »Jetzt nicht!«, wehrte diese ab.
    »Also ich an Ihrer Stelle«, sagte Zorn beiläufig, »würde das restaurieren lassen. Ich glaube, Sie fangen gleich an zu bröckeln.«
    Als Antwort erhielt er einen Blick, der die Polkappen zum Schmelzen bringen konnte. Was soll’s, dachte Zorn. Spätestens jetzt habe ich mir eine neue Feindin gemacht. Eine Todfeindin, verbesserte er sich in Gedanken.
    Aus den Lautsprechern drangen die letzten Worte des Werbespots.
    Modische Accessoires für den gepflegten Herrn! Gutes muss nicht teuer sein!
    Die Maskenbildnerin flitzte davon.
    »Noch zehn Sekunden!«
    Sandra, die Reporterin, straffte sich und ordnete ein paar Karteikärtchen auf ihrem Pult.
    Das rote Licht ging an.
    »Da sind wir wieder, meine Damen und Herren, wie versprochen haben wir einen Experten hier bei uns, mehr noch, wir haben den Mann zu Gast, der die Mordfälle gelöst hat.«
    Zorn stand

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