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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Intelligenzquotienten von 172 (was allerdings außer Czernyk selbst niemand wusste).
    Die Tür des Besprechungsraumes öffnete sich, eine große, brünette junge Frau erschien und reichte Czernyk die Hand.
    »Guten Tag, ich bin Staatsanwältin Borck. Wir hatten miteinander telefoniert. Schön, dass Sie da sind.«
    Czernyk stand auf und öffnete den obersten Knopf seines Jacketts. Frieda Borck trat beiseite, ein hochgewachsener dunkelhaariger Mann kam herein, nickte mürrisch und setzte sich wortlos an den großen Tisch. Sofort verteilte sich eine Wolke aus kaltem Tabakdunst und frischer Seife im Besprechungsraum. Der Mann trug enge Jeans und ein gelbes, kurzärmeliges Abercrombie & Fitch -T-Shirt. Czernyk schätzte ihn auf ungefähr in seinem Alter, Mitte dreißig, er wirkte kräftig und durchtrainiert. Und doch stand seine sportliche Erscheinung in seltsamem Widerspruch zu der Art, wie er sich bewegte, langsam, fast widerwillig, wie ein alter Mann.
    »Darf ich vorstellen«, sagte die Staatsanwältin, »Hauptkommissar Zorn, er wird Sie einweisen.«
    Zorn holte einige Papiere aus einer Mappe und verteilte sie auf dem Tisch, während Frieda Borck noch immer in der Tür stand und ein wenig zu unbefangen lächelte. Sie wirkte verkrampft, Czernyk war nicht sicher, aber er hatte das Gefühl, dass zwischen den beiden etwas nicht stimmte. Sie ignorierten einander und schienen jeden Blickkontakt zu vermeiden.
    »Tja«, Frieda Borck klatschte in die Hände, »dann lasse ich Sie mal alleine, meine Herren. Ich erwarte Sie in zwei Stunden in meinem Büro, Herr Hauptkommissar.«
    »Selbstverständlich, Frau Staatsanwältin«, erwiderte Zorn, ohne aufzusehen.
    Sie schien noch etwas sagen zu wollen, entschied sich dann aber dagegen, nickte Czernyk noch einmal zu und verließ den Raum.
    »Hatten Sie Streit?«, fragte Czernyk und nahm Zorn gegenüber Platz.
    »Nein. Möchten Sie was trinken?«
    Auf dem Tisch standen Wasserflaschen, ein paar Gläser und eine Thermoskanne mit Kaffee.
    »Ein Wasser, danke«, antwortete Czernyk. Zorn machte keinerlei Anstalten, also goss er sich selbst etwas ein.
    »Sie wissen, worum es geht?«, fragte Zorn.
    »Im Großen und Ganzen schon. Ihre Kollegen haben mir eine kurze Zusammenfassung gemailt.«
    Zorn hatte drei Papierstapel vor sich liegen. Er schob den mittleren zwei Zentimeter nach links. »Vor knapp zwei Wochen wurde ein sechzehnjähriger Junge ermordet. Er war mit dem Fahrrad unterwegs, jemand hatte einen Draht über einen Waldweg gespannt, der ihm fast den Kopf abgerissen hat. Vier Tage später starb ein weiterer Teenager, ein Freund von ihm. Er wurde auf dem Sprungturm des Freibades mit Benzin übergossen und angezündet.« Zorn tippte mit einem nikotingelben Finger auf den rechten Stapel, der am dicksten war. »Hier finden Sie alles über die Morde, inklusive Fotos, Berichte der Spurensicherung, Vernehmungsprotokolle. Alles, was Sie wissen müssen. Die beiden Toten waren mit drei weiteren Jugendlichen befreundet, einem Geschwisterpaar und einem jungen Mann namens Max Brandt, der letzten Donnerstag im Stadtwald fast stranguliert worden wäre. Der Täter war ein Priester, auf seinem Computer haben wir die Filme gefunden, wegen denen Sie hier sind.«
    Czernyk hatte schweigend zugehört.
    »Was hat die Vernehmung dieses Priesters ergeben?«, fragte er und trank einen Schluck Wasser.
    »Nichts. Er liegt auf der Intensivstation und ist nicht ansprechbar.«
    Hauptkommissar Zorn machte nicht den Anschein, als sei er sonderlich redselig. Czernyk registrierte, dass er älter sein musste, als er zunächst gedacht hatte. Von den Nasenflügeln führten zwei tiefe Falten zu den Mundwinkeln, die kurzen Bartstoppeln auf den unrasierten Wangen waren teilweise grau.
    Czernyk lehnte sich zurück und strich die Anzughose glatt. »Gibt es noch irgendetwas, das ich wissen sollte?«
    »Vorerst nicht.« Zorn warf einen missbilligenden Blick auf Czernyks teure Schuhe, handgefertigte Wildlederboots von Louis Vuitton. »Es wäre gut, wenn Sie die Filme so schnell wie möglich durchsehen würden und uns Ihre Meinung mitteilen. Wir denken, dass hier vielleicht der Schlüssel liegt. Und möglicherweise lassen sich aus den Filmen Rückschlüsse auf die Psyche dieses Priesters ziehen.«
    »Wahrscheinlich«, nickte Czernyk. »Es würde natürlich ungemein helfen, wenn er befragt werden könnte.«
    »Was Sie nicht sagen.« Zorn schob die Papiere zusammen, stand auf und reichte sie Czernyk über den Tisch. »Ich nehme an, man

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