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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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faltigen Haut.
    Er nickte.
    »Gut.« De Koop nickte ebenfalls. »Ich weiß, wer mein Gegner ist. Ein Polizist, ein kleiner Beamter, der denkt, er wäre mir überlegen. Ich habe nicht vor, in diesem Loch zu verschimmeln.« Er fasste den Richter an der Schulter und schüttelte ihn. »Reißen Sie sich zusammen, ich kann Ihr Geheule nicht ertragen. Ich werde keine Rücksicht auf Sie nehmen. Ist Ihnen das klar?«
    »Ja.«
    Angewidert wandte de Koop den Kopf ab, der Atem des Richters roch nach faulendem Fleisch und vergorenem Obst. Er griff neben sich, hielt dem Alten eine Büchse mit Eintopf entgegen.
    »Essen Sie.«
    Der Richter hob abwehrend die Hand.
    »Da ist irgendwas drin, ich weiß nicht, was. Ein Schlafmittel, oder etwas Schlimmeres.«
    »Jetzt nicht mehr. Er wird bald kommen, und er will, dass wir wach sind. Los, Sie brauchen Kraft.«
    Die schmutzigen Finger des Alten wühlten in der Dose, gierig stopfte er Kartoffeln und Bohnen in den Mund. Das Licht der Taschenlampe flackerte und wurde dunkler.
    »Sie wird bald ausgehen«, murmelte der Richter. Fleischreste glänzten auf seinem Kinn.
    »Egal. Dann warten wir im Dunkeln.«
    »Ich habe Angst.«
    De Koop antwortete nicht.

Sechsundzwanzig
    Zorn fuhr schnell. Schröder wartete bereits im Präsidium, sie mussten besprechen, wie sie weiter vorgehen sollten. Frieda Borck gegenüber hatte Zorn versucht, selbstsicher zu wirken, obwohl er im Moment keinen Schimmer hatte, was zu tun war. Je mehr Informationen sie sammelten, desto wirrer wurde alles, schien es ihm. Jetzt hatten sie die Salzspuren, die möglicherweise einen Hinweis auf Czernyks Aufenthaltsort liefern konnten. Doch Salz, das wusste Zorn, gab es überall in der Stadt. Immerhin, identische Spuren fanden sich an der Leiche des Anwalts. Ein weiteres Indiz für Czernyks Schuld.
    Die Ampel hinter dem Varietéplatz war ausgefallen, an der Straßenbahnhaltestelle stockte der Verkehr. Zorn kam zum Stehen, trommelte ungeduldig auf das Lenkrad.
    Czernyk war ihnen immer einen Schritt voraus. Sie waren so sicher gewesen, dass er bei de Koop auftauchen würde. Ein Fehler, er war nicht gekommen. Und würde es auch nicht tun.
    Der Mann war wie vom Erdboden verschluckt.
    Und er war nicht der Einzige, Elias de Koop war ebenfalls verschwunden. Sie hatten keine Ahnung, wo er war, sein Telefon war abgeschaltet.
    Zorn knurrte eine Verwünschung. Machte das Radio an …
    UND JETZT WIEDER DREI SUPERHITS AM STÜCK FÜR SACHSEN ANHALT, MIT DER BESTEN MISCHUNG
    … und wieder aus.
    Nervös rutschte er im Sessel hin und her. Die Straße führte steil bergauf, vor ihm bildeten die Bremslichter eine rot flackernde Kette, der Stau reichte mindestens bis zum Bahnhof.
    Als sein Handy klingelte, ging er ran, ohne auf’s Display zu sehen.
    »Ich will mit dir reden«, sagte Malina.
    Es war gut, dass Zorns Volvo stand, andernfalls wäre er mit Sicherheit vor Schreck gegen die nächste Bordsteinkante gerast. So begnügte er sich mit einem Schweißausbruch.
    *
    Frieda Borck lag auf dem Sofa. Eine Hand stützte den Kopf, die andere spielte mit dem zerknüllten Kissen auf ihrem Schoß. Die Luft im Zimmer war stickig, ihr Körper klebte von kaltem Schweiß. Sie fuhr mit der Zunge über die Zähne, spürte den ungewohnten, staubigen Nachgeschmack der Zigarette, hielt die Hand vor den Mund und schüttelte angeekelt den Kopf, als sie den eigenen Atem roch.
    So ging es nicht weiter. Sie musste sich waschen, die Zähne putzen, vielleicht etwas essen. Dazu hätte sie aufstehen müssen, doch Frieda Borck war müde, unendlich müde. Es musste Tage her sein, dass sie richtig geschlafen hatte. Zur Trauerfeier in der Marktkirche hatte sie sich noch einmal aufraffen können, es schien ihre letzten Kraftreserven gekostet zu haben.
    Sie kniff die Augen zusammen, Lichtpunkte tanzten hinter ihren geschlossenen Lidern.
    Was hatte Zorn gesagt?
    Dass sie nachdenken solle. Mithelfen, Jan zu finden.
    Frieda Borck schluckte. Ihr Hals kratzte, sie bekam eine Erkältung.
    Sie würden ihn erst finden, wenn er es wollte. Das lag auf der Hand, Jan Czernyk war selbst Kommissar, wusste, wie die Polizei arbeitete. Und er war ein Mensch, der alles bis ins kleinste Detail plante. Sie hatten ihn schon gehabt, er war im Präsidium gewesen. Zumindest Schröder hätte wissen müssen, dass Jan garantiert nicht tat, was man von ihm erwartete.
    Aber was hatte er getan?
    »Nein, er ist kein Verbrecher«, murmelte sie.
    Trotzdem, sie mussten ihn finden.
    Weit, ganz weit hinten tauchte

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