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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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gerechnet zu haben.
    »Ich sagte vorhin, dass ich bisher keine physische Gewalt eingesetzt habe. Es ließ sich natürlich nicht völlig umgehen. Sie, de Koop, habe ich angeschossen und Sie«, er nickte Zorn zu, »musste ich niederschlagen. Aber das alles waren Kleinigkeiten, auch wenn Sie natürlich etwas anderes behaupten werden.«
    Allerdings, du Arsch, dachte Zorn.
    »Ab jetzt«, Czernyk drehte an der Lötlampe, die Flamme vergrößerte sich zu einem zischenden Strahl, »wird sich das ändern.«
    Langsam bewegte er die Lampe, die Flamme, eine weißglühende, innen blau schimmernde Zunge, richtete sich auf de Koop. Dieser war mindestens drei Meter entfernt, doch die Hitze musste er spüren, selbst Zorn fühlte die Wärme im Gesicht.
    Der Richter stieß ein klägliches Wimmern aus, de Koop blieb ruhig, beugte sich aber auf seinem Stuhl ein wenig zur Seite, um der Hitze auszuweichen.
    Czernyk schüttelte den Kopf.
    »Ich dachte, Sie mögen das, de Koop? Mit einem solchen Ding haben Sie doch auch Ihre Opfer gefoltert. Oder war es ein anderes Modell?« Er nahm ein Skalpell, hielt es in die Flamme. Nach wenigen Sekunden verfärbte sich das Metall, glühte auf. »Feuer in allen Variationen, das ist es, was Sie anmacht, oder? Woran liegt das, am Geruch? Oder am Schreien Ihrer Opfer? Glühendes Eisen schneidet in zuckendes Fleisch, Feuer frisst sich durch menschliche Haut, Knochen verkohlen, Finger stehen in Flammen, erst einer, dann zwei, dann die ganze Hand, der Unterarm. Sie haben das tagelang gemacht, zwischendurch haben Sie Pausen eingelegt, damit Sie es besser genießen können.«
    Czernyks Tonfall blieb gleichmütig, noch immer zeigte er keinerlei Gefühlsregung. Keinen Hass, keinen Ekel, keine Wut. Nüchtern und emotionslos sprach er all diese Dinge aus.
    »Aber all das reicht Ihnen nicht, stimmts? Foltern macht hungrig.«
    Die Lötlampe spuckte, fauchte wie ein wütender Miniaturdrache. Der Gasgeruch wurde stärker, Zorn roch das heiße Eisen des Skalpells, spürte, wie sein Magen rebellierte.
    »Aber Sie hatten genug Fleisch, es lag ja direkt vor Ihnen, gefesselt an einen Stuhl.«
    Czernyk sah Zorn direkt in die Augen.
    »Er zerlegt seine Opfer nach und nach, müssen Sie wissen. Dabei lässt er sich Zeit, sehr viel Zeit. Und er fängt mit den Körperteilen an, die nicht lebenswichtig sind.«
    Das Messer drehte sich in der Flamme.
    »Elias de Koop ist ein Feingeist. Er isst seine Opfer nicht roh. Er brät sie.«
    Ein Zischen, die heiße Klinge fuhr in die Tischplatte.
    »Und sie müssen ihm dabei zusehen.«
    *
    »Sie werden da nicht hineingehen, Frau Borck.«
    »Dann gehen wir zusammen.«
    Schröder schüttelte den Kopf. Der Kragen seines Mantels reichte ihm bis knapp unter die Ohren, die Knöpfe spannten über dem Bauch. Frieda Borck ging ungeduldig auf und ab, die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Wie, verdammt nochmal, soll es denn Ihrer Meinung nach sonst ablaufen?«
    Sie waren allein in der kleinen Seitenstraße, trotzdem flüsterten sie. Die Mauern des Solbades ragten dunkel hinter dem Bauzaun auf.
    »Sie warten«, sagte Schröder einfach.
    »Aber Sie haben versprochen, dass ich mit ihm reden kann! Ein paar Minuten nur, dann können Sie das Einsatzkommando rufen.«
    »Das wird nicht nötig sein.«
    »Warum?«
    »Weil es schon hier ist. Zwei Straßen weiter.«
    »Das«, zischte Frieda Borck wütend, »ist gegen die Abmachung!«
    »Eine Abmachung gibt es nicht.« Sie setzte zu einer heftigen Erwiderung an, doch Schröder brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Ich werde nicht zulassen, dass Sie eine Dummheit begehen. Vielleicht würde er ja tatsächlich auf Sie hören, aber genauso gut könnte er Sie als Geisel nehmen. Ich werde mich kurz umschauen, allein. Wir wissen ja immer noch nicht, ob er überhaupt da drin ist. Dann sehen wir weiter.«
    Schröder hob den Bauzaun an und schob ihn ein kleines Stück zur Seite, zog den Bauch ein und wollte durch die Lücke schlüpfen. Frieda Borck fasste ihn am Ärmel.
    »Sie haben mich angelogen!«
    » Si, señora. Aber wie heißt es so schön? Lügen haben kurze Beine.« Schröder deutete nach unten. »In meinem Falle trifft das offensichtlich zu.«
    Er grinste kurz, dann verschwand er im Gebüsch.
    *
    Es roch verbrannt in der alten Badehalle. Von den Kerzen waren nur noch Stummel übrig, der Boden, der Brunnen und auch Czernyks Tisch waren mit glänzenden, winzigen Seen aus flüssigem Wachs bedeckt.
    Czernyks letzte Worte waren längst verklungen, trotzdem

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