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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Childress betrachtete den Wagen. »Blaulicht.«
    »Das verwende ich nicht oft, aber hin und wieder ist es ganz nützlich«, erklärte Lucas. »Die Highway Patrol sieht das nicht immer gern.«
    »Ja, die Kollegen sind recht eifrig, wenn’s um sportlichen Fahrstil geht«, pflichtete Childress ihm lachend bei. »Den Ausdruck ›sportlicher Fahrstil‹ hab ich bei einer britischen Autoshow gehört.«
    »Keine Spur von Hansons Leiche?«, erkundigte sich Lucas.
    »Bislang nicht. Seine Tochter ist in einem Motel in Tower. Ich habe ihr gesagt, dass Sie vorbeischauen; sie wollte auch herkommen. Sie möchte erfahren, warum Hansons Verschwinden Sie interessiert.«
    Lucas nickte. »Ich verfolge eine Spur bezüglich der Ermordung von Detective Marcy Sherrill in Minneapolis, einer alten Freundin von mir.«
    »Davon habe ich gelesen. Schrecklich. Glauben Sie, dass das etwas mit dem Verschwinden von Hanson zu tun hat?«
    »Ich weiß es nicht. Wo ist Hansons Boot?«
    »In der Garage. Ich hab den Schlüssel.« Er klimperte mit einem Schlüsselbund und ging Lucas voran zum Garagentor.
    Die Garage war nicht viel mehr als ein alter, verwitterter Schuppen, gerade groß genug, um das Boot und die Gartengeräte darin – Rasenmäher und Vertikutierer, Äxte und Hacken, ein großer Holzblock sowie eine Kettensäge – vor Schnee zu schützen. In dem Schuppen roch es angenehm nach Benzin, Öl und Gras.
    Das zehn bis fünfzehn Jahre alte Aluminiumboot, eine Lund mit rotem Seitenstreifen, war ein wenig zerkratzt wie die meisten Angelboote, die immer wieder an Docks entlangschrammten. Für den See war es eher klein, aber sehr praktisch zum Barschangeln, das meist im Sitzen erfolgt. Wie Virgil gesagt hatte, konnte man nur schlecht über den Motor hinwegpinkeln, und der Boden des Boots war so gewölbt, dass es auch über den Rand, besonders bei laufendem Motor, eher unbequem gewesen wäre.
    Während Lucas das Boot inspizierte, erklärte er Childress Hansons Verbindung zum Fall Jones. »Wir wissen, dass der Jones-Killer nach wie vor aktiv ist und Marcy erschossen hat und dass Hanson am Tag nach dem Fund der Jones-Mädchen verschwunden ist.«
    »Ziemlich auffälliger Zufall«, bemerkte Childress.
    »Allerdings. Aber vielleicht ist es tatsächlich nur ein Zufall«, sagte Lucas.
    Das Boot verriet Lucas lediglich, dass man sich ziemlich ungeschickt anstellen musste, um bei ruhigem Wasser herauszufallen.
    »Hat er Angelfreunde hier in der Gegend?«, fragte Lucas.
    »Zwei …« Childress nahm einen kleinen Notizblock aus seiner Tasche und blätterte ihn durch. »Einer heißt Tony Cole, der andere Bill Kushner. Golffreunde von ihm, sie gehen auch gemeinsam angeln. Dürften in seinem Alter sein. Sie wohnen da drüben.«
    »Ex-Cops?«
    »Glaub ich nicht. Von Kushner weiß ich bloß, dass er im Ruhestand ist. Cole hat früher von Duluth aus für UPS gearbeitet. Er ist ebenfalls in Rente.«
    »Glauben die, dass Hanson aus dem Boot gefallen ist?«
    »Sie halten es für möglich, wissen es aber nicht«, antwortete Childress.
    »Sind sie hier?«
    »Ja. Ich kann Sie zu ihnen bringen, sobald wir hier fertig sind«, schlug der Deputy vor.
    »Gern, danke.«
    Da hörten sie das Knirschen von Autoreifen auf Kies.
    »Das ist wahrscheinlich Ms Sedakis, Hansons Tochter«, sagte Childress.
    »Hat er noch andere Kinder?«
    »Einen Sohn. Der war wahrscheinlich auch mal hier, aber ich kenne ihn nicht.«
    Sie gingen nach draußen, wo gerade eine Frau um die vierzig aus einem blaugrauen Lexus RX350 stieg. Sie war groß, hatte üppige Kurven, blond getönte Haare und trug eine riesige Sonnenbrille.
    »Clark«, begrüßte sie den Deputy und fügte an Lucas gewandt hinzu: »Sie sind Agent Davenport?«
    »Ja.« Sie gaben einander die Hand.
    »Warum sind Sie hier?«, fragte sie ihn.
    Er erzählte ihr von Hansons Ermittlungen im Fall Jones und von seinem Verschwinden am Tag nach Entdeckung der Mädchenleichen. »Es ist ein merkwürdiger Zufall. Wir sind seinerzeit noch den kleinsten Spuren nachgegangen, sogar Gerüchten. Vielleicht hat er mit jemandem geredet, der etwas über damals wusste.«
    »Sie meinen … er könnte ermordet worden sein?«
    »Abgesehen von dem merkwürdigen Zufall habe ich keinen Grund zu der Annahme«, antwortete Lucas. »Aber ich wollte trotzdem herfahren und mit Leuten sprechen, die ihn kennen, um herauszufinden, ob er irgendjemandem etwas gesagt hat.«
    »Ich erinnere mich noch gut an den Jones-Fall. Schätze, ich war damals in der zehnten Klasse«,

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