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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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erklärte sie. »Damals. Einen Moment bitte …«
    Sie stand auf und ging nach nebenan. Lucas hörte, wie sie eine Schublade öffnete. Wenig später kam sie mit einem Aktenordner zurück, aus dem sie ein Blatt Papier holte. »Hier.«
    Sie reichte es Lucas. Die Zeichnung eines Männergesichts, mit der damaligen Methode des Identi-Kit erstellt. Lucas betrachtete sie. Das Gesicht entsprach der Beschreibung von Fell, war jedoch ein wenig schmaler als erwartet. Das überraschte ihn nicht, denn Polizeizeichner neigten dazu, Durchschnittswerte umzusetzen, und wenn jemand als dick beschrieben wurde, gestalteten sie ihn auf ihren Skizzen meist etwas schlanker.
    »Inzwischen machen wir das mit dem Computer, die Technik ist ausgefeilter«, sagte Lucas und gab ihr die Zeichnung zurück. »Wenn Sie die Zeit erübrigen könnten, nach St. Paul zu kommen …«
    Sie nickte.
    Er erfragte weitere Einzelheiten von ihr. Der Angreifer hatte den Van etwas abseits der Straße abgestellt, die durch den Park führte, mit der Rückseite zu den Büschen und der Vorderseite zum Fußweg. »Ich habe ihn ganz aus der Nähe gesehen – er wirkte wie ein Gefängniswagen. Hinter der Fahrerkabine war ein Gitter, so dass man von innen nicht an den Fahrer rankonnte«, erklärte Kelly. »An das Gitter erinnere ich mich genau. Die hinteren Fenster waren auch mit Gitter verstärkt, damit man sie nicht einschlagen konnte. Seitenfenster hatte der Van keine.«
    »Was hat er gesagt, als er Sie packen wollte?«, fragte Lucas.
    »Das weiß ich nicht mehr. Ich bin den Weg im Park lang bis zu der Stelle, wo die Büsche ganz nah an den Pfad heranreichten – ich glaube, es war Flieder. Da ist er rausgesprungen, hat mich gepackt und mit dem Messer bedroht. Er wollte mich zum Van zerren, aber ich habe mich gewehrt und losgerissen. Er hat versucht, mit mir zu reden, und gleichzeitig mit dem Messer ausgeholt. Ich bin weggelaufen … Er ist mir eine Weile gefolgt, aber ich war zu schnell für ihn. Irgendwann hab ich ihn in den Büschen verschwinden sehen, und dann habe ich den Van gehört, und ich bin von dem Weg runter, weil ich Angst hatte, dass er mich verfolgt. Ich bin auf die Straße gerannt, so schnell ich konnte … Er ist mir nicht mehr nach.«
    »Sie haben ihn aus der Nähe gesehen.«
    »Ja«, sagte sie. »Er hat geredet und …« Sie hielt sich die Hand vors Gesicht. »Er hatte eine ziemlich feuchte Aussprache. Ich war ganz nass.«
    »Wissen Sie noch, was für ein Messer das war?«
    Sie schauderte. »Ja. Ein langes, gebogenes Tranchiermesser, kein großes, schweres Fleischermesser.«
    »Ein Küchenmesser; kein Jagd- oder Taschenmesser?«
    »Definitiv ein Küchenmesser, mit Holzgriff.«
    »Sie sind weggerannt, und dieser Dunn ist aufgetaucht. Hat er den Angreifer gesehen?«
    »Nein – ich war ja durch die Büsche gekommen. Mr Dunn hat mich erst im allerletzten Moment wahrgenommen und hätte mich fast überfahren … Ich hatte dem Scheißkerl die Haut zerkratzt, unter meinen Fingernägeln waren Blut und Hautfetzen, die hat die Polizei sichergestellt. Und ein Haar – ich weiß noch, dass der Arzt im Krankenhaus das unter meinem Fingernagel rausgeholt und gesagt hat: ›Ein schwarzes Haar.‹«
    »Danke, das könnte wichtig werden«, erklärte Lucas.
    »Kann man aus so altem Material DNS gewinnen?«, erkundigte Todd sich.
    »Wenn es noch existiert, ja«, antwortete Lucas. »Zum Glück erwischt man Leute, die so was machen, früher oder später, und DNS-Proben von Sexualtätern werden aufbewahrt, von uns und vom FBI. Wenn er festgenommen und verurteilt wurde, sind seine Daten gespeichert.«
    »Wow«, sagte Kelly.
    Viel mehr erfuhr Lucas nicht von ihr. Von einem fehlenden Finger wusste sie nichts.
    Die Sache mit der DNS war interessant. DNS-Proben hatten geholfen, eine ganze Reihe Männer, die ungerechtfertigterweise wegen Vergewaltigung oder Mord verurteilt worden waren, von diesen Vorwürfen zu befreien, und dazu beigetragen, mindestens genauso viele, die geglaubt hatten, ungeschoren davonzukommen, hinter Gitter zu bringen.
    Kelly Barker hatte Lucas davon überzeugt, dass Fell, oder wie er auch immer heißen mochte, der Mörder war und nach den Jones-Mädchen weitergemacht hatte. Wenn diese seine ersten Opfer gewesen waren und er es bei Kelly Barker erneut probiert hatte, gab es sicher weitere Versuche.
    Als Lucas gehen wollte, fragte Kelly Barker: »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn meine Agentin sich mit Channel Three in Verbindung setzt und die Sie

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