Zorn
Carson.
»Wer weiß darüber Bescheid?«
»Ein paar von unseren Leuten hier«, antwortete Carson. »Möglicherweise auch noch jemand vom SKA, im Labor. Die Sache ist fast zwanzig Jahre her.«
»Okay. Falls jemand Sie danach fragen sollte, halten Sie bitte den Mund«, sagte Lucas. »Wir wollen Druck auf den Verdächtigen ausüben, ihn glauben lassen, dass wir DNS von ihm haben.«
»Soll uns recht sein«, erwiderte Carson.
»Klang nicht sonderlich gut«, bemerkte Del, als Lucas auflegte.
»War’s auch nicht.« Lucas erzählte ihm, was er von Carson erfahren hatte. »Scheiße, wenn wir DNS von dem Kerl hätten, wär’s nur noch nötig gewesen, ihn zu identifizieren«, fluchte Lucas, drehte sich um und schaute aus dem Fenster.
Wieder ein schöner Tag. Heiß, jedoch nicht zu heiß.
»Was hältst du davon, mit Ruffe zu sprechen? Ein bisschen Pepp in die Sache zu bringen?«, fragte Del nach einer Weile.
Ruffe Ignace war ein halbwegs vertrauenswürdiger Reporter der Star Tribune . Vertrauenswürdig deshalb, weil er immer genau wusste, wo, wie und von wem etwas zu holen war; halbwegs wegen seines ausgeprägten Ehrgeizes.
»Keine schlechte Idee. Allerdings müssten wir das gleich machen …«, sagte Lucas, warf einen Blick auf die Uhr, suchte die Nummer von Ignace aus seinem Computerverzeichnis und nahm den Telefonhörer in die Hand.
»Was gibt’s?«, meldete sich Ignace.
»Davenport vom SKA.«
»Langer Kerl, dunkle Haare, redet ständig von seinem einstigen Ruhm als Amateureishockeyspieler«, sagte Ignace, »und er überschätzt seine Fähigkeiten auf dem Basketballplatz.«
»Genau der«, bestätigte Lucas. »Ich habe da möglicherweise was Interessantes für dich.«
»Heute ist so wenig los, dass mich sogar eine Katze interessieren würde, die sich nicht mehr vom Baum runtertraut«, erwiderte Ignace.
»Was ist mit dem Fall Jones?«
»Schnee von vorgestern«, antwortete Ignace. »Ein Kollege hat Scrapes Verwandte angerufen und sich erkundigt, ob die jemanden verklagen wollen. Sie haben nein gesagt, sie sind nicht die Sorte Leute, die andere verklagen. Der Kollege meint, sie erinnern sich nicht allzu gut an Scrape.«
»Sie wollen niemanden verklagen? Himmel, wo leben die?«
»So hinterm Mond, da gibt’s noch nicht mal Anwälte.«
»Ganz schön zurückgeblieben«, sagte Lucas.
»Ja, schrecklich langweilig«, brummte Ignace. »Selbstverständlich rede ich immer gern mit potenziellen Quellen, aber ich muss jetzt unbedingt meine Schuhe putzen …«
»Kein Wort darüber, dass die Information von mir stammt«, sagte Lucas. »Es gibt da jemanden in St. Paul, der gerade auf der FBI-Schule in Quantico war.«
»James Hayworth. ›Nennt mich James‹. Ja, aber über einen Typen von der FBI-Schule schreib ich nicht«, knurrte Ignace.
»Der steht jetzt total auf Verhaltenspsychologie und sieht in jeder Mülltonne Serienmörder. Wenn du ihn wegen dem Jones-Fall anrufst, erklärt er dir vermutlich, dass die Jones-Mädchen nicht die letzten Opfer des Killers waren. Dass der Typ munter weitergemordet hat und es Gott weiß wie viele in Kellern vergrabene Leichen gibt.«
»Hmm. Die Sache mit den Jones-Mädchen fällt in die Zuständigkeit von Minneapolis, und Hayworth ist in St. Paul«, gab Ignace zu bedenken, dessen Interesse geweckt zu sein schien. »Glaubst du, er würde trotzdem was sagen?«
»Der würde mit Rudolph, dem rotnasigen Rentier, reden, wenn Rudolph auf die Idee käme, ihn nach Sexmördern zu fragen«, antwortete Lucas. »Ich könnte mir vorstellen, dass du dir seine Theorien anhörst und die dann ein bisschen aufbauschst.«
»Ein hehres Unterfangen«, bemerkte Ignace. »Aber was hat Lucas Davenport davon?«
»Ich will nur einem alten Freund von der Zeitung helfen.«
»Infame Lüge.«
»Nun ja, ich habe es mit der Presse zu tun«, entgegnete Lucas. »Also, was hältst du von der Idee?«
»Stehe ich, wenn ich mich darauf einlasse, am Ende wie ein Idiot da? Oder wird sich rausstellen, dass er tatsächlich mehrere Menschen umgebracht hat?«
»Bleibt das unter uns?«
»Fürs Erste«, versprach Ignace.
»Unserer Ansicht nach hat es mindestens einen weiteren Angriff gegeben. Daraus schließen wir, dass er weitergemacht hat. Und du stehst am Ende auf keinen Fall wie ein Idiot da, weil es niemanden interessiert, wenn nichts draus wird. Ist dann bloß wieder mal ein Artikel fürs Klo.«
»Versprochen?«
»Versprochen. Also, was ist?«
»Ich glaube, es steht morgen auf der Titelseite«, antwortete
Weitere Kostenlose Bücher