zorneskalt: Thriller (German Edition)
der Strandpromenade leicht gegen dich lehnte. Hattest du Jonny in deine Wohnung eingeladen, Clara? Worüber habt ihr gesprochen? Als ich daran dachte, wurde mein Mund ganz trocken. Ich wühlte in meiner Umhängetasche und zog eine Wasserflasche heraus. Dann fand ich mein BlackBerry und rief die gespeicherten SMS auf, um sie Amber zu zeigen.
Rachel, sorry, fühle mich schrecklich, hab vielleicht die Grippe, bin noch im Bett, aber raff mich auf, um es zu schaffen. Ruf dich später an. Clara x
» Oh«, sagte sie. » Vielleicht hat sie vergessen, ihn zu erwähnen?« Aber ihr Tonfall sagte mir, dass sie diese Theorie für ebenso schwach hielt wie ich.
» Hat sie dir seinen Namen gesagt?«
» Nein, aber sie hat gesagt, dass er nicht ihr Freund ist.«
» Ihr Freund?« Ich fragte mich, wie viele Geheimnisse du mir noch vorenthalten hattest, Clara.
» Er hat Jim oder so ähnlich geheißen. Ich habe ihn nie kennengelernt. Ich glaube, dass er jemand war, den sie von früher kannte. Jedenfalls«, sagte sie fest entschlossen, beim Thema zu bleiben, » war’s nicht ihr Freund. Sie hat total aufgeregt gewirkt. Du weißt ja, wie sie manchmal ist.« Ich nickte, weil ich merkte, dass sie Zustimmung erwartete. Ich dachte an vergangene Woche zurück. Die täglichen Anrufe, um dich zu vergewissern, dass ich nach Brighton kommen würde – so untypisch für dich, Clara. Und wie war ich glücklich gewesen, dass du dich endlich aufgerappelt zu haben schienst.
» Ich habe sie mehrmals gefragt, ob alles okay ist«, fuhr Amber mit auf den Horizont gerichtetem Blick fort, » weil sie nicht nur aufgeregt, sondern auch nervös gewirkt hat. Als hätte sie vor irgendetwas Angst. Sie hat gesagt, sie sei bedrückt, aber dieser Abend werde Klarheit bringen. Ich habe nicht nachgebohrt, weil sie oft Spaß daran hatte, die Geheimnisumwitterte zu spielen. Das nervte manchmal. Jetzt wollte ich, ich hätte nachgefragt. Ich wünschte mir, ich wüsste, mit wem sie sich treffen wollte. Die Polizei scheint zu glauben, dass es dieser Typ auf dem Überwachungsfoto war.«
» Jonny?«
» Den meine ich«, bestätigte sie.
» Er ist mein Freund«, sagte ich und beobachtete, wie Amber zusammenzuckte.
Sie murmelte etwas, das wie » Sorry« klang, versicherte mir, das sei bestimmt ein Irrtum, und fing an, ihre Geschichte mit unwichtigen Details auszuschmücken, damit wir nicht über Jonny reden mussten.
» Ich hab dir ja gesagt, dass ich keine große Hilfe sein würde«, sagte sie, setzte ihre Tasse an und verzog das Gesicht, als sie merkte, wie kalt der Kaffee geworden war. Ich legte lächelnd eine Hand auf ihre.
» Du hast mir mehr geholfen, als du ahnst.«
Sie sammelte ihre Sachen ein, nahm ihr Handy vom Tisch, griff nach ihrem Rucksack und entschuldigte sich, sie habe einen Yogakurs, den sie nicht versäumen dürfe. » Im Augenblick kann ich mich nur dabei entspannen.«
Ich stand auf, bedankte mich und streckte ihr die Hand hin. Diesmal beugte sie sich etwas nach vorn, und wir umarmten uns. Sie kritzelte mir ihre Handynummer auf einen Zettel, dann verschwand sie mit flatternden Hosenbeinen.
Ich blieb noch eine Weile sitzen und beobachtete, wie ein Möwenschwarm über mir kreiste und immer höher stieg, bis die Vögel fast im Weiß der Sonne verschwanden.
Wir wissen beide die Wahrheit, Rachel.
Das waren deine letzten Worte zu mir gewesen, und plötzlich war der Gedanke wieder da, kam flatternd in Sicht. Ich nahm ihn schemenhaft war. Aber als ich ihn festzuhalten versuchte, verschwand er in die Sonne.
13
Übers Wochenende verlor ich dich fast aus den Augen. Dein Name blieb im Radio unerwähnt, weder Zeitungen noch Fernsehen brachten dein Gesicht. Auch Jonnys nicht. Man muss etwas Überraschendes, irgendeine unerwartete Wendung bieten, um in den Schlagzeilen zu bleiben, und du warst verstummt.
Auch in meiner Wohnung war es still. Kein Lachen, keine Unterhaltung beim Frühstück, am Samstagabend vor dem Fernseher oder morgens über die Sonntagszeitungen hinweg. Unterbrochen wurde diese Stille nur von Sarah Pitts’ unerwartetem Anruf, der mich überraschte, weil er entschuldigend klang.
» Hör mal, Rachel, das mit neulich tut mir leid. Ich hatte kaum geschlafen. Der Gedanke, ich hätte irgendwas tun können, um sie zu beschützen, hat mich verrückt gemacht, aber das hätte ich nicht an dir auslassen dürfen.«
Ich dachte an unser frostiges Gespräch in dem Café zurück, erinnerte mich daran, wie verzweifelt ich mir gewünscht hatte, wir
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