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zorneskalt: Thriller (German Edition)

zorneskalt: Thriller (German Edition)

Titel: zorneskalt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette McBeth
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die sie kriegen kann.«
    Ich beobachtete, wie sie von einem Bein aufs andere trat und die Schlagzeile las. Und dann klickte es. » Ich kann das nicht noch mal … Ich habe der Polizei gesagt, dass ich nicht mehr tun kann. Sorry, Rachel, ich kann einfach nicht.« Sie fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen. » Ich komme mir vor wie in einem Albtraum.«
    » Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, versicherte ich ihr. » Wenn irgendjemand dich versteht, bin ich das. Sie ist die ganze Zeit hier drin«, sagte ich und tippte mir an die Schläfe. » Ich sehe sie überall: im Supermarkt, auf der Fahrt ins Büro. Ich sehe sie, wenn ich aufwache und bevor ich einschlafe. Ich kann nicht aufhören, sie mir dort draußen vorzustellen, frierend und allein. Sie hat es immer gehasst, allein zu sein.« Meine Stimme schwankte, und zu meiner Überraschung liefen mir Tränen übers Gesicht. » Entschuldigung«, sagte ich und wischte sie mit dem Handrücken weg. » Ich wollte, ich könnte das alles selbst … weil’s nicht fair ist, dich darum zu bitten.«
    Die verdammten Tränen, die mir einst so schwergefallen waren, flossen jetzt unaufhaltsam. Trotzdem nahm ich wahr, dass Amber mich musterte, eine Hand nach mir ausstreckte, sie wieder zurückzog und nach Worten oder einer Geste suchte, die mich trösten würde.
    Und dann hörte ich sie in mein Schluchzen hinein sagen: » Kommt rein.«
    Meine Tränen waren echt, Clara. Es waren Tränen der Wut, der Frustration. Amber sah sie jedoch nur als Reflexion ihres eigenen Kummers.
    In den anderthalb Jahren seit meinem ersten Besuch war deine kahle, leere Wohnung behaglicher geworden. An den Wänden hingen Schwarzweißfotos von Straßenkindern und weißhaarigen alten Frauen, die du auf deinen Reisen gemacht hattest, neben eigenen Gemälden: abstrakte Farbexplosionen auf dunklen Leinwänden. Ein alter Spiegel mit strahlenförmigem Rahmen, den du bei eBay ersteigert hattest, ein Couchtisch, der sich unter Bildbänden und ungeöffneter Post bog. Neu waren vor allem die Bücherregale, über die ich fast lächeln musste. Du mit deinen Prinzipien von der Art, die sich nur Reiche leisten können, warst der Verlockung von Ikea am Ende doch erlegen.
    Ich konnte dich im Wohnzimmer noch immer riechen. Oder vielleicht war das nur der Geruch deiner Wohnung. Jedes Heim hat einen eigenen Geruch, nicht wahr, und deiner war ein süßlicher Vanilleduft, von dem mir die Nase juckte.
    Amber gab mir eine Box mit Papiertaschentüchern. » Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, meinte sie, was fast komisch war, weil ich den ganzen Kopf voller Dinge hatte, die ich zu dir sagen wollte.
    » Ich helfe dir. Aber ich kann dir nichts vorsagen«, erklärte ich ihr.
    » Danke«, sagte sie mit schwachem Lächeln. » Dir fällt das alles bestimmt viel leichter.«
    Ich packte die Schulterkamera aus, die ich aus dem Studio mitgebracht hatte, weil ich mir ausgerechnet hatte, dass ein Kameramann Amber noch nervöser gemacht hätte. Außerdem war es umso besser, je weniger Leute wussten, dass ich mit von der Partie war.
    Ich ließ sie von dir erzählen, während Jane umherhuschte, Vorhänge zu- und aufzog und die Kameraeinstellungen kontrollierte. Im Wesentlichen wiederholte Amber, was sie mir eine Woche zuvor schon erzählt hatte, brachte ihre Story fast unverändert vor, was mich normalerweise irritiert hätte. Aber nicht heute. Sie erzählte mir von deinen Stimmungsschwankungen in den Wochen vor deinem Verschwinden, wie du an dem bewussten Freitag zwischen Aufregung und Besorgnis geschwankt hattest.
    Ich ließ meinen Kopf in die Hände sinken.
    Amber brach mitten im Satz ab. » Sorry«, sagte sie, » ich wollte dich nicht durcheinanderbringen.«
    » Dafür kannst du nichts. Je mehr ich darüber höre, desto mehr denke ich, dass sie einen Rückfall hatte. Diese Höhen und Tiefen, genauso war’s damals vor ihrem Nervenzusammenbruch. Ich bin so wütend über mich selbst, dass ich nichts davon gemerkt habe. Ich hätte mehr tun müssen, um ihr zu helfen.«
    Ich beobachtete, wie Amber darüber nachdachte. » Du glaubst, dass sie sich was angetan hat, nicht wahr?«
    » Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll«, erklärte ich ihr.
    Als dann die Kamera lief, schienen all die kleinen Samen, die ich gesät hatte, in Ambers Verstand aufgegangen zu sein. Jane stellte ihr eine Frage, und sie lieferte genau die Antwort, die ich mir verzweifelt wünschte. Vieles hätte ich selbst nicht besser sagen können. Es war, als wären meine

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