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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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sowieso nicht. Die Tatsache, dass alle glaubten, ich würde es nicht packen, trieb mich erst recht zu Höchstleistungen an und ließ mich die endlosen Nächte durchhalten, in denen ich paukte wie eine Blöde.
    Ich war die Einzige aus unserer Abschlussklasse, die nach Stanford ging. Was bedeutete, dass ich mein Leben dort ganz von vorn anfangen konnte, alles neu, alles frisch, weit weg von zu Hause. Sämtliches Geld, das vom Jobben im Salon übrig blieb   – nach Abzug der Monatsrate für mein Auto   –, sparte ich für Lebenshaltungskosten, Miete, Bücher. Das Schulgeld würde ich von meinem Anteil des Geldes bezahlen, das mein Vater Chrisund mir hinterlassen hatte. Ein Anwalt, dem ich gern persönlich gedankt hätte, legte unser Erbe so an, dass niemand es antasten konnte, bis wir entweder fünfundzwanzig oder mit dem Studium fertig waren. Was bedeutete, dass meine Mutter es nicht einmal während ihrer mageren Jahre hatte abgreifen können. Und dass meine vier College-Jahre auf jeden Fall gesichert waren, egal wie viel von ihrer eigenen Kohle sie zum Fenster rauswarf. Wieso? Weil jedes Mal, wenn
Wiegenlied
(sämt liche Rechte beim Komponisten, Thomas Custer) als Hintergrundmusik für einen Werbespot verwendet, von einem Barsänger in Las Vegas gesungen oder im Radio gedudelt wurde, Geld auf mein Konto einging und somit ein weiterer Tag meiner Zukunft finanziert war.
    Die Glöckchen über der Tür bimmelten; der UP S-Bote kam mit einem Karton herein, den er vor mich auf die Theke stellte. »Paket für euch, Remy.« Er zog den Minicomputer hervor, in dem alle Lieferungen registriert wurden.
    Ich quittierte den Empfang auf dem kleinen Bildschirm, nahm den Karton. »Danke, Jacob.«
    »Und das hier.« Er reichte mir einen Umschlag. »Bis morgen.«
    »Bis morgen.« Der Umschlag hatte seltsamerweise weder einen Stempel noch war er verschlossen. Ich konnte einfach hineingreifen und die drei Fotos herausziehen, die darin steckten. Alle drei zeigten dasselbe Paar, beide etwa Mitte siebzig, das an irgendeinem Strand fotografiert worden war. Der Mann trug eine Baseballmütze und ein T-Shirt mit dem Aufdruck WILL GOLF FOR FOOD, die Frau Gesundsheitslatschen; an ihrem Gürtel hing ein Fotoapparat. Die beiden hielteneinander eng umschlungen und blickten selig in die Kamera. Auf dem ersten Bild lächelten sie, auf dem zweiten lachten sie, auf dem dritten küssten sie sich zärtlich, wobei ihre Lippen sich jedoch kaum berührten. Es waren Bilder wie von jedem x-beliebigen Pärchen, das am Meer Ferien macht, jemanden anspricht und fragt, ob man bitte ein Foto von ihnen schießen könne.
    Schön und gut   – aber wer zum Teufel waren die beiden? Was sollte das Ganze überhaupt? Ich stand auf und reckte den Hals, um nachzusehen, ob der UP S-Wagen noch draußen stand, doch er war bereits weg. Sollte ich diese Leute aus irgendeinem Grund kennen oder was? Ich warf einen weiteren Blick auf die Fotos, doch das Pärchen konnte mir auch nichts erklären. Die beiden strahlten mich bloß stumm an, für immer in ihrem Tropenparadies gefangen.
    »Remy, bringst du mir bitte kaltes Wasser?«, rief Lola aus dem Friseurbereich. Am Ton ihrer Stimme   – munter, aber laut   – hörte ich, dass sie meinte: sofort, pronto, Alarmstufe Rot. »Und das Nebacetin, bitte, aus dem Schränkchen unter der Geldschublade?!«
    »Natürlich«, rief ich in ähnlich beschwingtem Ton zurück und stopfte die Fotos in meine Handtasche.
    Rasch holte ich das Nebacetin, dazu ein paar Pflaster und etwas Verbandsmull; aus Erfahrung ahnte ich schon, dass der Kram gebraucht werden würde. Haarunfälle ereigneten sich am laufenden Band   – man musste eben entsprechend gut vorbereitet sein.
    Drei Stunden später. Nachdem das Drama seinen Lauf genommen hatte, verließ Lolas Kundin uns   – endlich!   – mit einbandagiertem Kopf, einem großzügigen Geschenkgutschein sowie einem Blatt Papier in der Tasche,auf dem stand, dass sie sich für den Rest ihres Lebens im
Joie Salon
umsonst die Augenbrauen zupfen lassen durfte. Ich schloss die Geldschublade ab, nahm meine Handtasche und ging nach draußen.
    Der Sommer war mittlerweile in all seiner Pracht da, drückende Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit inklusive. Alles roch irgendwie intensiver als sonst, dampfig   – als würde die Welt jeden Moment überkochen. Die Klimaanlage im Salon lief ständig auf Hochtouren; wenn man ins Freie trat, hatte man daher das Gefühl, man käme direkt aus der kältesten Arktis.
    Ich stieg

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