Zu cool für dich
Pluspunkt –, und ließ die Fenster herunter. Das Duftbäumchen, das an meinem Rückspiegel hing, würde hoffentlich schnell das Seinige tun.
»Endlich.« Der Schlagzeuger faltete seine Zeitung zusammen. Ich legte den Rückwärtsgang ein und vergewisserte mich, dass Dexter mir den Rücken zugewandt hatte, bevor ich mit dem Finger über das Kupplungsgehäuse fuhr, um zu prüfen, wie fettig es geworden war. Mein finsteres kleines Geheimnis.
»Es ist noch nicht sechs Uhr.« Dexter beugte sich vor, um den Hund zu streicheln, der ihn mittlerweile unbändig wedelnd umkreiste. Die Haare an seiner Schnauze waren weiß und er schien ein wenig wackelig auf den Beinen – wie das bei alten Hunden nun mal so ist.
»Ja, aber ich habe meinen Schlüssel nicht dabei.« Der Schlagzeuger stand auf.
»Ich auch nicht«, meinte Dexter. Ich fuhr rückwärts Richtung Straße, musste dort allerdings noch ein paar Autos vorbeilassen.
»Und die Hintertür?«, fragte Dexter.
»Abgeschlossen. Außerdem hat Ted gestern Abend das Bücherregal davorgeschoben, weißt du das nicht mehr?«
Dexter steckte die Hände in die Taschen und zog sie wieder heraus. Nichts. »Dann müssen wir wohl ein Fenster einschlagen, schätze ich.«
»Was?«
»Keine Panik«, antwortete Dexter in dem lässigen Ton, den ich bereits von ihm kannte. »Wir nehmen ein kleines. Du kannst dich durchzwängen.«
»Auf gar keinen Fall.« Der Schlagzeuger verschränk te die Arme vor der Brust. Dexter lief die Stufen zur Veranda hoch, um die vorderen Fenster des Hauses zu inspizieren.
»Warum muss eigentlich immer ich die Drecksarbeit machen?«
»Weil du rote Haare hast«, antwortete Dexter. Der Schlagzeuger schnitt eine Grimasse. »Und schmale Hüften.«
»Was faselst du denn da?«
Inzwischen wartete ich nicht mehr auf eine Lücke im Strom der vorbeifahrenden Autos, sondern sah zu, wie Dexter neben dem Haus einen Stein aufhob und sich vor ein kleines Fenster am anderen Ende der Veranda hockte. Der Hund setzte sich neben ihn und leckte Dexters Ohr, während Dexter erst prüfend das Fenster und dann den Stein betrachtete. Der Schlagzeuger stand, die Hände in den Taschen, hinter ihm. Er wirkte nach wie vor ziemlich angenervt.
Dann war ich eben ein durchgeknallter Kontrollfreak! Und? Jedenfalls konnte ich bei so etwas nicht tatenlos zusehen. Deshalb fuhr ich zurück, stieg aus und betrat die Veranda genau in dem Moment, als Dexter den Arm hob, um das Fenster einzuschlagen.
»Eins«, sagte er, »zwei ...«
»Stopp!«, rief ich. Er erstarrte. Der Stein fiel ihm aus der Hand und mit einem dumpfen Knall zu Boden. Der Hund sprang jaulend auf.
»Ich dachte, du wärst weg«, meinte Dexter. »Konntest dich wohl nicht losreißen ...«
»Hast du eine Kreditkarte?«
Dexter wechselte einen Blick mit dem Schlagzeuger. Dann sagte er: »Sehe ich etwa so aus, als ob ich eine Kreditkarte hätte? Und was, wenn ich fragen darf, soll ich bitte kaufen?«
»Um die Tür aufzubrechen, Idiot«, antwortete ich und suchte in meinen Hosentaschen. Aber meine Geldbörse war in meiner Handtasche auf dem Rücksitz.
»Ich habe eine«, sagte der Schlagzeuger langsam. »Aber ich soll sie nur für Notfälle einsetzen.«
Wir sahen ihn an. Dexter streckte den Arm aus und versetzte ihm mit der flachen Hand einen Schlag auf den Hinterkopf. »John Miller, du bist ein Trottel. Gib sie ihr einfach.«
John Miller – so hieß er also, doch für mich war und blieb er Ringo – reichte mir seine Visa-Karte. Ich öffne te die Fliegengittertür, schob die Karte zwischen Rahmen und Schloss der Haustür, ruckelte ein wenig. Ich spürte, dass die beiden mich beobachteten.
Jede Tür ist anders; auch die Dicke der Karte und das Gewicht des Schlosses spielen eine Rolle. Es war wie beim perfekten Wurf mit einem extragroßen Becher Cola light: Man lernte die Technik nur durch konsequentes Üben. Immer und immer wieder. Wirklich bei Fremden eingebrochen war ich noch nie; nur bei uns oder bei Jess, wenn wir unsere Schlüssel vergessen hatten. Mein Bruder brachte mir den Trick bei, als ich vierzehn war. Er allerdings wandte die Methode damals bei echten Einbrüchen an.
Ein paarmal links, ein paarmal rechts – ich spürte, wiedas Schloss nachgab. Bingo! Wir waren drin. Ich gab John Miller seine Kreditkarte zurück.
»Sehr beeindruckend.« Er lächelte mich an, wie Jungs einen anlächeln, wenn man sie durch etwas verblüfft. »Wie heißt du noch mal?«
»Remy.«
»Sie gehört zu mir«, erklärte
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