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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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in die Hauptstraße ein. Noch bevor wir an der nächsten Kreuzung waren, ertappte ich ihn dabei, dass er sich heimlich Pommes in den Mund stopfte. Er dachte wohl, er würde sich ganz schlau anstellen, indem er sie mit der hohlen Hand verdeckte und so tat, als müsse er gähnen. Doch ich kannte alle Tricks auf dem Gebiet, denn auch Lissa testete dauernd aus, wie weit sie bei mir in puncto »Essen im Auto« gehen konnte.
    »Was habe ich gesagt?« Vor einer roten Ampel trat ich auf die Bremse.
    »Ich habe Hmmpfer«, murmelte er mit vollem Mund, schluckte und wiederholte: »Ich habe Hunger.«
    »Ist mir egal. In meinem Auto wird nicht gegessen, Ende. Ich will, dass es so gepflegt wie möglich ist   – und bleibt.«
    Er drehte sich um, betrachtete den Rücksitz, das Armaturenbrett, die Bodenmatten. »So gepflegt wie mög lich ? Dieses Teil riecht sogar noch neu.«
    »Du hast es erfasst«, antwortete ich. Die Ampel schaltete auf Grün.
    »Da vorne links.« Er zeigte auf die Abzweigung. Ich warf einen Blick in den Rückspiegel, bevor ich die Spur wechselte.
    »Ich wette, du bist ein echter Kontrollfreak«, meinte er.
    »Die Wette verlierst du.«
    »Doch, das spüre ich genau.« Er fuhr mit einem Finger über das Armaturenbrett und betrachtete ihn anschließend prüfend. »Kein einziges Staubkörnchen. Und die Windschutzscheibe hast du von innen geputzt, stimmt’s?«
    »Schon seit längerem nicht mehr.«
    »Hah!«, rief er triumphierend. »Ich wette, du drehst schon bei der kleinsten Kleinigkeit durch. Wenn irgendwas nicht ganz so ist, wie es sein soll, springst du im Rechteck.«
    »Falsch«, entgegnete ich.
    »Mal sehen.« Behutsam fischte er etwas aus seiner Tüte und hielt es mit zwei Fingern hoch: ein langes, gummiartiges Stück Pommes. Er wedelte damit in meine Richtung. »Kleines Experiment im Namen von Wissenschaft und Fortschritt.«
    »Kein Essen im Auto«, wiederholte ich gebetsmühlenartig. Verflucht, wie weit war es noch bis zu seinem Haus? Wir fuhren gerade in der Nähe des Hotels vorbei, wo die Hochzeitsfeier stattgefunden hatte, es konnte also nicht mehr allzu weit sein.
    »Hier links«, sagte er. Beim Einbiegen in die Straße scheuchte ich ein paar Eichhörnchen auf die Bäume. Als ich das nächste Mal zu ihm rüberguckte, war seine Hand leer. Das Stück Pommes lag mitten auf dem Kupplungsgehäuse. Er legte eine Hand auf meinen Arm: »Keine Panik, ganz ruhig bleiben. Tief durchatmen. Und jetzt: genießen   – das Chaos. Die Freiheit, die Chaos bedeutet.«
    Ich zog den Arm weg. »In welchem Haus wohnst du?«
    »Siehst du, es ist nämlich gar nicht unordentlich, sondern schön. Es ist die Natur in all ihrer Einfachheit   ...«
    Da entdeckte ich den weißen Minibus. Er stand, unmöglich eingeparkt, in etwa fünfzig Meter Entfernung vor einem kleinen gelben Haus. Obwohl heller Tag war, brannte die Lampe über der vorderen Veranda. Auf den Stufen saß Ringo, der Rothaarige   – Schlagzeuger und Coffeeshop-Angestellter   –, neben ihm ein Hund. Der Mensch las Zeitung, der Hund hechelte mit heraushän gender Zunge.
    »...   der natürliche Zustand aller Dinge ist Chaos, ist das Gegenteil von perfekt.« Dexter beendete seine kleine Ansprache, während ich ruckartig in die Auffahrt einbog. Kies spritzte zu beiden Seiten. Das Stück Pommes rutschte vom Kupplungsgehäuse   – wobei es eine Fettspur hinterließ, die unheilvoll an Schneckenschleim erinnerte   – und landete auf meinem Schoß.
    »Ups.« Er schnappte sich das fettige kleine Miststück. »Siehst du? Das war doch gar nicht mal schlecht, ein erster Schritt in die richtige Richtung   ...«
    Ich blickte ihn mit unbewegter Miene an und drückte dabei auf die automatische Türverriegelung. Es machte Klick, der Knopf an seiner Tür schoss hoch.
    »...   zur Überwindung deines Problems.« Nachdem er den Satz beendet hatte, öffnete er die Tür und verschwand mit seiner schmierigen Tüte aus meinem Wagen. Doch dann lehnte er sich plötzlich noch einmal herein, so dass unsere Gesichter ganz dicht beieinander waren. »Vielen Dank fürs Mitnehmen.«
    »Kein Problem«, sagte ich. Einen Moment lang rührte er sich nicht vom Fleck, was mich leicht aus der Fassungbrachte: nur wir zwei, Auge in Auge, ganz nah beieinander. Dann blinzelte er kurz, richtete sich auf und schloss die Wagentür. Als er Dexter kommen sah, lief der Hund ihm sofort entgegen, wobei er wie wild mit dem Schwanz wedelte. Ich merkte, dass mein Auto nach Fett stank   – ein weiterer

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