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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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Mal heiratete, fingen Chris und ich an zu wetten, wie lange die Ehe jeweils halten würde.«
    »Dieses Brot ist wirklich besonders lecker«, sagte Chris rasch zu Jennifer Anne.
    »Chris war ungefähr zehn und ich sechs oder so«, fuhr ich fort. »Damals hat sie Harold, den Professor, geheiratet, oder? Jedenfalls setzten wir zwei uns, nachdem die beiden in die Flitterwochen gefahren waren, mit Papier und Bleistift hin, um aufzuschreiben, wie lange sie wohl zusammenbleiben würden. Jeder notierte seine persön liche Einschätzung, wir steckten unsere Zettel in einen Umschlag, klebten ihn zu und versteckten ihn bei mir im Schrank. Da blieb er bis zu dem Tag, als meine Mutter sich mit uns zusammensetzte, um uns zu erklären, dass Harold wieder ausziehen würde.«
    »Remy«, meinte Chris in gedämpftem Ton, »das ist nicht lustig.«
    »Er ist bloß sauer«, erklärte ich ihr, »weil er noch nie gewonnen hat. Es läuft wie bei Siebzehn und Vier. Alles, was drüber ist, gilt nicht, und es gewinnt derjenige, der am nächsten an das tatsächliche Datum rankommt. Im Laufe der Jahre verfeinerten wir die Regeln immer mehr. Zum Beispiel zählt nur der Tag, an dem sie es uns eröff net , nicht der offizielle Trennungstag. Diese Regel war nötig, denn als sie sich von Martin trennte, versuchte Chris zu mogeln.«
    Inzwischen funkelte Chris mich nur noch wütend an. Was für ein schlechter Verlierer.
    »Also, ich finde das schrecklich.« Jennifer Annes Stimme piepste ein wenig. »Einfach schrecklich.« Langsam legte sie die Gabel auf ihren Teller, schloss die Augen und tupfte sich mit der Serviette die Lippen ab. »Wie kann man nur   ... die Ehe so verachten!«
    »Wir waren Kinder«, sagte Chris eilig und legte einen Arm um sie.
    Ich zuckte die Achseln. »Bloß eine kleine Familientradition.«
    Jennifer Anne schob ihren Stuhl zurück und nahm die Platte mit dem Huhn. »Wie kannst du nur so wenig Zutrauen zu deiner Mutter haben?«, fragte sie mich gekränkt. »Das hat sie wahrhaftig nicht verdient.« Damit rauschte sie ab in die Küche. Die Tür fiel hinter ihr zu.
    Chris beugte sich so blitzartig quer über den Tisch zu mir, dass ich nicht mal mehr Zeit hatte, meine Gabel hinzulegen; er hätte sich beinahe ein Auge aufgespießt. »Was zum Teufel ist in dich gefahren?«, zischte er. » Remy, was soll die Scheiße?«
    »Tztztz,
Christopher «
, antwortete ich. »Nicht diese Sprache, bitte. Wenn sie das hört, lässt sie dich nachsitzen und brummt dir einen Aufsatz über die australischen Seeraben mit den blauen Füßchen auf.«
    Er setzte sich wieder hin. Wenigstens sprang er mir nicht mehr ins Gesicht. Dafür spuckte er seine nächs ten Worte mehr, als dass er sie aussprach: »Pass mal auf. Ich kann nichts dagegen machen, dass du dich wie ein verbittertes, gemeines Biest aufführst. Aber ich liebe Jennifer Anne und werde es nicht zulassen, dass du deine Spielchen mit ihr treibst. Verstanden?«
    Ich sah ihn bloß stumm an.
    »Hast du kapiert?«, fauchte er. »Verflucht noch mal, Remy, du machst es einem manchmal nicht leicht, dich gern zu haben. Weißt du das eigentlich? Du machst es einem wirklich schwer.« Er schob polternd seinen Stuhl zurück, feuerte seine Serviette auf den Tisch und stürmte durch die Küchentür aus dem Zimmer.
    Ich saß da und kam mir vor, als hätte mich jemand geohrfeigt. Mein Gesicht fühlte sich tatsächlich so an: heiß und rot. Ich hatte ihn doch nur ein bisschen geär gert . Und er? War so was von ausgeflippt! Dabei war Chris in der Vergangenheit der Einzige gewesen, der meine zynischen, kaputten Ansichten über die Liebe teilte. Wir hatten uns immer versichert, dass keiner von uns je heiraten würde. Auf gar keinen Fall, noch nicht mal unter Todesandrohung! Und jetzt, auf einmal, galt das für ihn nicht mehr?!
    Ich konnte die beiden in der Küche miteinander sprechen hören: sie mit leise bebender Stimme, er beschwichtigend auf sie einredend. Das Essen auf meinem Teller war so kalt wie mein hartes, hartes Herz. Eigentlich hätte
ich
jetzt eine Szene machen müssen; schließlich war ja ich angeblich die Böse, das verbitterte, gemeine Biest. Aber ich war nicht mal besonders aufgebracht. Im Prinzip fühlte ich gar nichts, bis auf eins: Der Kreis der Leute, die ich an mich heranließ, war gerade kleiner geworden. Chris konnte vielleicht so einfach bekehrt werden. Aber ich nicht. Niemals.
     
    Nach einer langen, im Flüsterton geführten Küchendiskussion wurde ein wackeliger Waffenstillstand geschlossen.

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