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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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nicht erinnerte, wie ich zur Toilette gekommen war, hatte er mich also entweder beim Gehen gestützt. Oder sogar hingetragen. Mann, war das alles peinlich.
    Ich ließ mich wieder aufs Bett plumpsen. Irgendwas Nettes musste ich für ihn tun. Jess war allerdings schon unterwegs, viele Möglichkeiten blieben mir also nicht. Ich blickte mich in dem Chaos um: Obwohl ich für mein Aufräumtempo berühmt war   – dieses Zimmer auf Vordermann zu bringen würde selbst ich in der kurzen Zeit niemals schaffen. Wenn ich ihm einen Zettel daließ, konnte er das als Aufforderung verstehen, sich seinerseits wieder bei mir zu melden. Und ehrlich gesagt wusste ich nicht, ob ich das wollte. Mir blieb daher gar nichts anderes übrig als das Bett zu machen. Und das tat ich dann auch, schnell und gründlich, die Laken sorgfältig eingeschlagen wie bei einem Krankenhausbett. Zum Schluss noch mein legendärer Kissentrick. Selbst im
Vier Jahreszeiten
hätten sie es nicht perfekter hingekriegt.
    Deshalb war mein Gewissen auch schon wieder etwas erleichtert, als ich mich durch das (sehr kleine) Fenster schob, wobei ich versuchte so leise wie möglich zu sein. Es gelang mir auch beinahe, bis ich beim Runterklettern an die Hauswand stieß und dabei einen markanten Fußabdruck neben dem Sicherungskasten hinterließ. Egal, nicht schlimm. Ich schlich über den Rasen neben dem Haus davon, um Jess auf der Straße abzupassen.
    Es hatte Zeiten gegeben, da war ich für meine Fluchtaktionen berühmt gewesen. Ich verzog mich amliebsten durchs Fenster, sogar wenn ich im Prinzip freie Bahn zur Haustür gehabt hätte. Vielleicht hatte es damit zu tun, dass ich mich schämte; vielleicht wollte ich mich selbst bestrafen, weil ich tief im Inneren wusste, dass ich etwas Schlechtes getan hatte. Meine Art von Buße.
    Zwei Straßen weiter, auf der Caldwell Street, blieb ich beim Stoppschild stehen und schirmte meine Augen mit der Hand ab, weil mich die Scheinwerfer von Jess’ Wagen blendeten, während sie auf mich zufuhr. Sie beugte sich zur Beifahrerseite, öffnete die Tür und blickte sofort wieder starr geradeaus. Ich stieg ein.
    »Wie in alten Zeiten«, meinte sie lakonisch. »Wie war’s?«
    Ich seufzte. Es war viel zu spät, um in die Details zu gehen, sogar mit ihr. »Na ja, alt eben«, antwortete ich.
    Sie drehte das Radio lauter und bog zweimal ab, so dass wir wieder an Dexters Haus vorbeifuhren. Die Haustür stand offen, die vordere Veranda war unbeleuchtet; aber im Schein der Lampe aus dem Hausinneren konnte ich erkennen, dass Monkey an der Haustür hockte und seine Schnauze von innen ans Fliegengitter drückte. Dexter hatte wahrscheinlich noch nicht einmal mitbekommen, dass ich weg war. Trotzdem duckte ich mich vorsichtshalber.
     
    Dieses Mal erwachte ich von einem Klopfen.
    Kein Anklopfen, sondern rhythmisches Klopfen. Ein Lied. Ich erkannte es sogar. Es klang tatsächlich wie   ...
O Tannenbaum
?
    Ich öffnete ein Auge, sah mich um. Ich lag in meinem Bett, in meinem Zimmer. Alles war an seinem Platz, derFußboden war sauber. Meine eigene kleine Welt, so wie sie mir gefiel. Bis auf das Klopfen.
    Ich wälzte mich auf die andere Seite und vergrub den Kopf unterm Kissen. Vermutlich war es eine der Katzen meiner Mutter, die von einer Krise in die andere stürzten, seit sie weggefahren war. Ständig attackierten sie meine Tür, um mich dazu zu bringen, ihnen noch eine Dose Katzenfutter zu servieren. Sie verschlangen das Zeug echt kistenweise.
    »Hau ab«, murmelte ich ins Kissen. »Ich mein’s ernst.«
    In dem Moment glitt das Fenster über meinem Bett nach oben (natürlich reibungslos), was mich zu Tode erschreckte. Doch noch mehr erschreckte mich Dexter, der kopfüber und mit wedelnden Armen durch eben je nes Fenster schoss. Sein Fuß kam in verschärften Kontakt mit meinem Nachttisch, so dass mein Wecker quer durchs Zimmer flog und mit einem lauten Päng gegen die Schranktür krachte. Gleichzeitig traf mich sein Ellbogen mit voller Wucht in die Magengrube. Das Einzige, was einen   – wenn überhaupt   – mit diesem Auftritt versöhnen konnte, war die Tatsache, dass er vor lauter Schwung das Bett verpasste und stattdessen mit einem dumpfen Knall bäuchlings auf dem Läufer vor meinem Schreibtisch landete. Was sich hier so kompliziert anhört, dauerte allerdings nur wenige Sekunden, so dass der Tumult so schnell wieder vorbei war, wie er begonnen hatte.
    Dann wurde es sehr still.
    Dexter hob den Kopf, drehte ihn, sah sich um. Und legte ihn wieder

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