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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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und erfuhr anschließend, dass es beim nächsten Ton zwölf Uhr zweiundzwanzig sein würde. Piep.
    Dass das Bett nicht gemacht war, störte mich schon ziemlich. Aber das war nicht mein Problem. Ich musste endlich nach Hause.
    Ich wählte Jess’ Nummer und kaute auf dem Nagel meines kleinen Fingers herum, während ich darauf wartete, dass sich der Zorn der Gerechten über mir entlud.
    »Mmmmpf?«
    »Jess?«
    »Remy Starr, ich werde dir so was von den Hintern versohlen.«
    »Ja, okay, aber hör erst mal zu   ...«
    »Wo steckst du, verdammt?« Sie war jetzt hellwach und brachte das Kunststück fertig, gleichzeitig megasauer zu klingen und trotzdem leise zu sprechen. Jess hatte eben viele Talente. »Ist dir klar, dass Chloe mir deinetwegen schon den ganzen Abend den letzten Nerv raubt? Sie sagt, sie hätte dich gegen halb neun beim
Bendo
abgesetzt. Auf ein Bier.«
    »Sorry, bin etwas länger geblieben als geplant.«
    »In der Tat. Und als ich hinfuhr, um dich aufzugabeln, musste ich mir nicht nur anhören, dass du betrunken warst, sondern dich rumgeprügelt hast und als Krö nung mit irgendeinem Typen abgehauen bist. Was ist bloß in dich gefahren, Remy?«
    »Ich verstehe ja, dass du sauer bist. Aber im Moment ist es echt wichtig, dass ich   ...«
    »Glaubst du, es hat mir Spaß gemacht, ständig von Chloe angerufen zu werden, die meinte, wenn du tot bist oder so was, wäre das meine Schuld, weil ich irgendwie telepathisch hätte wissen müssen, dass ich dich abholen soll ohne überhaupt von dir angerufen worden zu sein, was übrigens eine große Hilfe gewesen wäre.«
    Ich schwieg. Was sollte ich dazu auch sagen?
    »Und?«, fauchte sie.
    »Ich gebe alles zu«, flüsterte ich. »Ich hab’s vermasselt. Aber jetzt bin ich bei diesem Typen und muss irgendwie weg. Hilfst du mir, bitte!?«
    »Wo genau steckst du?«
    Ich erklärte es ihr. »Jess, es tut mir wirklich   ...«
    Klick. Na gut, jetzt waren wir eben gemeinsam sauer auf mich. Aber wenigstens würde ich bald nach Hause kommen.
    Ich ging zur Tür und lehnte mich dagegen. Die Gitarre ertönte immer noch und ich hörte, wie Dexter die Zeile über die Kartoffel und die Kumquat immer wieder sang, als warte er auf eine göttliche Eingebung. Vorsichtig öffnete ich die Tür etwas, blinzelte durch den Spalt   – und blickte in die Küche des Hauses, wo einige Stühle, die nicht zusammenpassten, um einen Tisch mit zerkratzter Kunststoffplatte standen; der Kühlschrank war mit Fotos beklebt und vor dem Fenster stand ein braungrün gestreiftes Sofa. Dexter und der Typ, der Ted hieß, saßen am Küchentisch, ein paar Getränkedosen zwischen sich. Monkey, der Hund, den ich auch schon kennen gelernt hatte, lag schlafend auf dem Sofa.
    »Vielleicht ist
Kumquat
nicht das richtige Wort.«Dexter lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und kippelte. »Vielleicht nehmen wir besser eine andere Frucht.«
    Ted zupfte an den Gitarrensaiten. »Zum Beispiel?«
    »Weiß ich auch nicht.« Seufzend fuhr Dexter sich mit beiden Händen durch die widerspenstigen Locken. »Wie wär’s mit Granatapfel?«
    »Zu lang.«
    »Nektarine?«
    Ted legte den Kopf schief, schlug probehalber einen Akkord an.
»Du gabst mir eine Kartoffel, doch ich wollte eine Nektarine   ...«
    Sie sahen einander an. »Scheußlich«, meinte Dexter.
    »Ja«, bestätigte Ted.
    Ich schloss die Tür wieder und zuckte zusammen, als es leise klickte. Glücklicherweise hatte mich niemand gehört. Ich hatte nämlich absolut keinen Nerv, Dexter nach allem, was passiert   – beziehungsweise nicht passiert   – war, noch einmal gegenüberzutreten. Außerdem war die Vorstellung, dass noch andere Leute dabei waren, der reinste Horror und erforderte entsprechend drastische Maßnahmen: Flucht. Und zwar durchs Fenster.
    Ich kletterte auf das Bett, schob erst die Schneekugeln (Welcher Mensch, der das Alter von zehn Jahren überschritten hatte, sammelte noch Schneekugeln?) und dann den Riegel zur Seite. Das Fenster klemmte, doch ich half mit der Schulter nach, und schließlich glitt es leicht klappernd nach oben. Viel Platz war nicht, aber es würde reichen, um durchzuschlüpfen.
    Ich war schon halb draußen, da verspürte ich so etwas wie einen kleinen, aber feinen Gewissensbiss. Ich meine, immerhin hatte er mich aus einer ganz schön heiklen Situation gerettet. Und wahrscheinlich hatte ichmich zwischendurch übergeben; das wusste ich erstens aus Erfahrung und merkte es zweitens an dem üblen Geschmack in meinem Mund. Da ich mich

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