Zu cool für dich
Schnell schüttelte ich diese idiotischen Gedanken ab und trank mein Bier aus. Ted tauchte auf.
»Die zweite Strophe war besonders toll«, sagte er unvermittelt. Aber es klang sarkastisch und war eindeutig kein Kompliment. »Du kannst den Text nicht einfach verstümmeln, damit machst du den Song kaputt.«
»Welchen Text?«
Ted stieß einen lauten Seufzer aus. »An der Stelle mit der Prinzessin. Es heißt
frisst sie jetzt nur Prinzessböhnchen
, nicht
fristet sie nur von Prinzessböhnchen
.«
Dexter sah ihn so verdutzt an, als hätte Ted ihm gerade den Wetterbericht vorgelesen. Chloe fragte: »Und wo ist der Unterschied?«
»Da liegen Welten dazwischen, es ist ein gewaltiger Unterschied«, antwortete Ted entrüstet. »
Sie fristet
ist Hochsprache, klingt sehr gewählt, was man mit einer höheren Gesellschaftsschicht, mit akzeptierten Normen, mit dem, was vorherrscht, verbindet.
Sie frisst
ist Slang; dadurch verweist es auf Subkultur, auf Leute aus unteren Schichten. Und das assoziiert man dann automatisch mit dem Ich-Erzähler des Liedes und mit der dazugehörigen Musik.«
»Das hängt alles von einem einzigen Wort ab?«, fragte Jess.
»Ein einziges Wort kann die Welt verändern.« Ted meinte das offensichtlich todernst.
Und wir dachten alle einen Augenblick lang darübernach. Schließlich sagte Lissa zu Chloe, aber so, dass wir es alle hörten (sie hatte selbst ein, zwei Minifläschchen gekippt): »Wetten, dass er seine College-Aufnahmetests mit Eins bestanden hat?«
»Pssst«, machte Chloe, ebenso laut.
»Ich verstehe, was du sagen willst, Ted«, meinte Dexter. »Alles klar, danke für den Hinweis, ich tu’s nie wieder, okay?«
Ted blinzelte leicht verunsichert und sagte schließlich: »Na gut, dann ist ja alles in Ordnung ... äh ... ich gehe mal eine rauchen.«
»Mach das«, sagte Dexter. Ted drängte sich durch die Menge in Richtung Bar. Ein paar Mädchen, die an der Tür standen, beobachteten ihn, als er vorbeikam, und nickten sich viel sagend zu. Dieses Getue – echt krank. Alles nur wegen ein paar Bandtypen. Manche Frauen kennen einfach keine Scham.
»Sehr beeindruckend«, sagte ich zu Dexter.
»Reine Übung«, erklärte er. »Ted ist ein emotionaler, engagierter Typ. Aber eigentlich will er nichts weiter, als dass man ihm zuhört. Zuhören, nicken, zustimmen. Die drei Punkte hakst du ab und alles ist wieder in Butter.«
»Abhaken und alles in Butter«, wiederholte ich. Er legte seine Hand in meinen Nacken, drückte sanft mit den Fingern – und da war es wieder, dieses unbeschreibliche Gefühl. Es ließ sich nicht so leicht abschütteln, und als Dexter mich auf die Stirn küsste, schloss ich die Augen. Das Ganze wurde immer intensiver. Wie weit sollte ich es noch laufen lassen, bevor ich ausstieg? Vielleicht war es falsch, das Ende des Sommers abzuwarten. Vielleicht musste ich die Sachefrüher platzen lassen, damit es am Ende keine Katastrophe gab.
»Dexter, Dexter, bitte melden.« Die Stimme kam von der Bühne. John Miller stand am Mikrofon und versuchte in der Schummerbeleuchtung außerhalb des Bühnenbereichs etwas zu erkennen. »Dexter, bitte melden. In Gang Nummer fünf hat jemand eine Frage wegen eines Produktpreises.«
Die Rothaarige stand neben der Bühne und folgte John Millers Blick, direkt zu uns. Zu mir. Ich erwiderte ihren Blick entschlossen und fühlte plötzlich so etwas wie Besitzerstolz, obwohl ich nicht mal wusste, ob ich das, was ich besaß, wirklich haben wollte.
»Ich muss los«, sagte Dexter, näherte sich meinem Ohr und fügte leise hinzu: »Wartest du auf mich?«
»Vielleicht.«
Er lachte, als hätte ich einen Witz gemacht, und verschwand zwischen den Leuten. Einige Sekunden später kletterte er auf die Bühne, schlaksig und tollpatschig wie immer: Auf dem Weg zum Mikro streifte er einen Lautsprecher mit einem Fuß, so dass der fast umkippte. Und natürlich waren seine Schnürsenkel nicht zusammengebunden.
»Mannomann.« Kopfschüttelnd sah Chloe mich an. Und ich sagte mir, dass sie falsch lag, vollkommen falsch, als sie weitersprach: »Du bist verloren, und zwar so was von.«
Kapitel Neun
I ch dachte, das wird eine Grillparty. Du weißt schon: Hotdogs, Hamburger, Kroketten, Wackelpudding.« Dexter nahm eine Bounty-Tüte, warf sie in unseren Einkaufswagen. »Und Bountys.«
»Klar wird das eine Grillparty.« Ich blickte auf meinen Einkaufszettel, bevor ich ein Glas sonnengetrockneter Tomaten vom Regal nahm. Importware, vier Dollar pro Glas! »Aber
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