Zu einem Mord gehoeren zwei
Mutter?»
«Ja, muß ich ja wohl…»
«Sie wollte doch mal nach Frohnau rausfahren und den Rasen mähen…?»
«Morgen vielleicht. Die Poschmann ist sich wohl zu fein dazu, was?»
«Die macht nur das Haus.»
«Was ist denn nun – ziehen wir im nächsten Jahr raus, oder willst du den Prunkschuppen verkaufen?»
«Ich weiß nicht so recht…»
«Ich bin ja für Verkaufen; es gibt schließlich auch noch andere Häuser. Häuser, in denen ich nicht eingesperrt war.»
«Nun geh man, sonst lohnt sich’s gar nicht mehr!»
«Du willst mich wohl loswerden, was?»
Obwohl er das durchaus scherzhaft gesagt hatte, spürte sie sofort ein heißes Würgen in der Kehle. Er ist noch immer mißtrauisch, dachte sie; er hat noch immer Angst vor mir: Ich habe einmal gemordet und er glaubt mir nicht… Die erste Idee war genial, und er fürchtet offenbar, ich könnte eine zweite haben. Ja, ich habe es schon einmal erwogen; er durchschaut mich ganz genau. Aber… Nein, nein – er ist doch viel, viel mehr als ein lästiger Mitwisser!
«Ich liebe dich doch», sagte sie. «Ich will dich nie mehr loswerden.»
Er nahm sie in die Arme. «Das will ich dir auch geraten haben!»
Es dauerte noch einige Minuten, bis Feuerhahn ihre Wohnung verlassen hatte. Ihr war es ganz lieb so; nun konnte sie die Bilder der letzten Stunden in Ruhe an sich vorüberziehen lassen und in der Erinnerung auskosten. Noch immer tönte ihr seine Stimme in den Ohren, weich, intensiv, voll, einschmeichelnd, dynamisch, männlich, Tenor. Noch immer hatte sie seinen Körper vor Augen, schlank, leptosom, braun gebrannt, fest, ausdauernd, federnd, durch und durch gesund. Noch immer spürte sie seine Haut, elastisch und kühl, dann plötzlich siedend heiß, noch immer schmeckte sie Salz und Tabak, Schweiß, Samen und Mottenpulver… Seine Mutter hatte in allen Schränken Mottenpulver hängen; es wurde Zeit, daß sich das änderte.
Doch ihr Rausch verflog um so schneller, je krampfhafter sie bemüht war, ihn zu bewahren. Die Gedanken, die wie im Spiel alle denkbaren Möglichkeiten aufzeigten, waren mit den groben Netzen ihres Willens nicht mehr einzufangen. Neue Dissonanzen bedrückten sie, wie eben schon.
Liebte sie ihn wirklich, oder spielte sie sich diese Liebe nur vor, um ihre Tat zu rechtfertigen? Genaugenommen war Feuerhahn ein kaltblütiger Mörder – und wer garantierte ihr, daß sie nicht sein nächstes Opfer sein würde? War die Nacht schon bestimmt, in der sie nach der Hochzeit sterben sollte? Dann gehörte ihm alles. Dann war er auch den Mitwisser seines ersten Mordes los.
Erfahren wie sie war, wurde sie von der Dialektik ihrer Gefühle nicht eigentlich überrascht, und dennoch war sie den Tränen nahe. Offenbar war sie so geschaffen, daß sie sich ihr Glück immer selber zerstören mußte. Noch hatte sie ja nicht den geringsten Grund, an Feuerhahns Loyalität und Liebe zu zweifeln.
Aber wenn er nun ein Heuchler war, wenn er ihr nur etwas vorspielte? Er war der Typ des Heiratsschwindlers… Sie schreckte hoch.
Hatte es eben geklingelt?
Sie drehte den Radioapparat leiser und lauschte. Ja, tatsächlich… Sicher hat er etwas vergessen, dachte sie, den Führerschein oder so. Sie strich ihre lang herabfallenden Haare zurück und stand auf. Hoffentlich konnte man ihr nicht ansehen, was sie eben gedacht hatte. Auf dem Weg zur Wohnungstür setzte sie ihr bewährt charmantes Lächeln auf – ihre beste Maske.
Doch dann stand sie sekundenlang wie versteinert in der geöffneten Tür. «Sie, Herr Mannhardt?» sagte sie schließlich und merkte, daß ihre Stimme heiser klang.
«Pardon…» Mannhardt wirkte verlegen.
«Das ist aber eine Überraschung», sagte sie, nun betont munter. «Nett, daß wir uns mal wiedersehen. Es sind ja nun schon einige Tage vergangen, seit… So schnell heilt die Zeit die Wunden nicht, aber…» Sie redete und redete, um über die ungewisse Spannung der Situation hinwegzukommen. Daß Mannhardt nicht in dienstlicher Mission gekommen war, schien ihr auf der Hand zu liegen. Was sollte er auch bei ihr? Sie war sicher, den perfekten Mord begangen zu haben, und – das lag in der Natur der Sache – perfekte Morde konnte man halt nicht aufklären; das mußte auch einem Beamten wie Mannhardt klar sein. Blieb also nur die andere Möglichkeit: Er suchte ein Abenteuer. Schon neulich hatte er sich kaum beherrschen können; es war ihr nicht entgangen.
«Hoffentlich störe ich nicht», sagte Mannhardt.
«Wie man’s nimmt!» Sie lächelte
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