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Zu einem Mord gehoeren zwei

Titel: Zu einem Mord gehoeren zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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abwehrend. Ein widerlicher Kerl. In seinem taubengrauen Anzug sah er aus wie eine dieser ekelhaften graublauen Quallen, die ihr alljährlich an der Nordsee die Lust am Baden verdarben.
    «Darf ich vielleicht näher treten…?»
    «Ich bin gerade beschäftigt.»
    «Aber, Frau Tomaschewski!» Er gab sich heiter. «Sie sagten doch neulich, ich sollte mal vorbeikommen, wenn ich in der Nähe bin… Eine Frau – ein Wort!»
    «Ein andermal würde es mir besser passen – verstehen Sie, ich…»
    «Ich möchte Sie nicht unnötigerweise in mein Büro bitten.»
    Eine Gänsehaut überlief sie. «Was denn… Soll das ein Verhör werden?»
    «Nein. Eine kleine Unterhaltung… Der Fall Ihres Mannes – also, da gibt es noch einige Fragen.»
    «Ausgerechnet jetzt?»
    «Ja, leider…»
    «Dann kommen Sie doch bitte herein.»
    Sie führte ihn ins Wohnzimmer. Feuerhahns Eau de Cologne hing noch im Raum; hoffentlich hatte er nichts liegenlassen. Daß sie beide hier zusammenkamen, besagte noch gar nichts, aber dennoch… Man brauchte die Phantasie mancher Leute nicht unnötig zu reizen.
    Dann saßen sie sich in zwei niedrigen schalenförmigen Sesseln gegenüber. Sie bemerkte deutlich, wie Mannhardts Blick an ihren Schenkeln hinaufglitt. Es überlief sie kalt – ein Blick wie Spinnenarme… Wenn er das Dienstliche nur vorschützt und mich später belästigt, dann zeige ich ihn an, dachte sie. Was für ein trockener, verklemmter Mensch! Ein Beamter durch und durch, der zu seiner Frau nur Mutti sagt und dann am Kudamm den leichten Mädchen hinterherläuft, ohne jemals den Mut zu haben, eins anzusprechen. Ein Mann, der sich nicht traut, in der nächsten Drogerie ein Dutzend Präservative zu kaufen. Wie Tomaschewski – genau wie Tomaschewski!
    «Tja…» Mannhardt rieb sich das Kinn. «Es tut mir leid, daß ich Sie… Ich wäre glücklich, wenn ich unrecht hätte, verstehen Sie mich nicht falsch. Aber es ist meine Pflicht. Ja, wenn es nach mir ginge, dann, dann… Ach, lassen wir das!» Er gab sich einen Ruck. «Noch ist alles eine Hypothese, wissen Sie; wir spinnen uns da alle mal was zusammen…» Er lachte auf. «Jeder sein eigener Maigret!»
    Sein sonderbares Verhalten irritierte und beunruhigte sie. Hatte sie eben noch einen unsittlichen Antrag erwartet, so ließ sein nervöser Ernst jetzt auf ein regelrechtes Verhör schließen. Na und? sagte sie sich immer wieder; na und? Soll er doch – mir kann keiner was am Zeuge flicken… «Ich denke, Sie wollen mir nur ein paar Fragen stellen?»
    «Fragen? Ach so, ja. Natürlich.» Mannhardt stand auf und trat an das geöffnete Fenster. «Ganz schön, der Flugzeuglärm…»
    «Man gewöhnt sich daran.» Ist das eine komische Figur, dachte sie; er läuft herum wie in einem Stummfilm, wie ein kleiner Krauterer, der einen Millionär um die Hand seiner Tochter bitten will. «Ich sehe mich aber schon nach einer anderen Wohnung um.»
    «Ich hoffe nicht, daß ich Ihnen dabei helfen muß…»
    Sie fühlte, wie sie bleich wurde. «Wieso?»
    «Machen wir’s kurz!» Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den geöffneten Fensterflügel und wiegte den Oberkörper beim Sprechen hin und her. «Da ist ein ganz bestimmter Verdacht aufgetaucht…»
    «Daß ich Tomaschewski geholfen hätte, was?» Sie lachte – ein wenig zu laut, wie sie registrierte. «Das ist doch absurd!»
    «Nein, nein; ganz anders… Wie gesagt, ich identifiziere mich keinesfalls mit dieser Meinung, aber…»
    «Ich bitte Sie, was ist denn nun eigentlich los?» Sie ließ die flache Hand klatschend auf die Sessellehne fallen.
    «Es spricht einiges dafür, daß Tomaschewski ermordet worden ist.»
    Er hatte schnell und laut gesprochen, fast hatte er geschrien. Es schien ihr endlos lange zu dauern, bis diese Worte die richtigen Zentren ihres Gehirns erreicht hatten. Sie hatte den Eindruck, einen Bewässerungsgraben zu sehen, durch den vom Brunnen her zögernd und versickernd Wasser auf die ausgedörrten Felder fließt.
    «Und was habe ich damit zu tun?» fragte sie instinktiv. Dann merkte sie, daß diese Antwort recht ungeschickt war, und sie sprach, um ihm den Aufhänger zu nehmen, schnell weiter: «Was soll denn das – es steht doch fest, daß er vom Gerüst gesprungen ist, oder? Das haben Sie mir doch selber erzählt. Und er hatte doch weiß Gott allen Grund dazu!»
    «Schon. Aber es spricht vieles dafür, daß man ihn vom Gerüst gestoßen hat.»
    Sie zündete sich eine Zigarette an und vermied es, seine Behauptung zu kommentieren. Rede

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