Zu feindlichen Ufern - [3]
Mr Archer, aber wir müssen auf jede Eventualität vorbereitet sein.«
»Aye, Sir.« Schon waren Archer und Barthe unterwegs, um die Schleppleinen vorzubereiten.
Die Thunderer kam auf die Höhe der Révolutionnaire und eröffnete sofort das Feuer, doch der Franzose antwortete mit seiner gewaltigen Breitseite und hüllte beide Schiffe in dichte Schwaden. Der Rauch war noch nicht abgezogen, als bereits die zweite Breitseite in dem Qualm abgegeben wurde. Flammenzungen stoben aus den wabernden Schleiern.
Die Männer an Bord von Haydens Schiff blickten wie gebannt auf die Feuerkraft, und ein jeder schien sich zu fragen, ob die anderen Franzosen dem bedrängten Schiff zu Hilfe eilen würden. Eine solche Entscheidung würde ein größeres Gefecht der beiden starken Flottenverbände auslösen.
Langsam schälte sich die Thunderer aus dem Qualm und driftete leewärts ab, mit stark beschädigtem Rigg.
»Die Bellerophon hisst Signale, Sir!«, rief Gould hinauf zu Hayden. »Einer der Masten ist beschädigt, Kapitän!«
In der Tat, die Bellerophon fiel zurück. Die Crew enterte auf, um die nötigsten Reparaturen vorzunehmen.
Die Russell hingegen holte das beschädigte französische Schiff rasch ein. Ihre Stückpforten waren offen. Doch inzwischen wirkten die Schiffe schemenhaft, da das Tageslicht gen Westen abnahm.
Die Briten hatten darauf gehofft, dass die Franzosen ihrem 110-Kanonen-Schiff zu Hilfe eilen würden, doch bislang machte kein gegnerischer Kommandant Anstalten dazu. Die Révolutionnaire konnte kein Kreuzmarssegel mehr setzen, und die Männer in den Wanten hatten alle Hände voll zu tun, zerfetztes Rigg zu kappen.
Als die Russell längsseits kam und die Luft förmlich mit ihren Kanonen zerriss, hallte auch die Breitseite der Révolutionnaire übers Wasser. Durch die abziehenden Schwaden konnte Hayden beobachten, wie sich der Kreuzmast an Bord des Franzosen langsam neigte, dann abknickte und in die Qualmwolken sackte. Haydens Crew jubelte.
Eine zweite Breitseite wurde an Bord der Russell abgefeuert, worauf bei dem Franzosen die Rah des Großsegels aufs Deck fiel. Bei so viel zerfetzter Takelage und gerissenen Segeln verlor die Révolutionnaire stark an Fahrt, während die britischen Schiffe nacheinander angreifen konnten und dadurch in der Lage waren, ein nahezu konstantes Feuer aufrechtzuerhalten.
Nachdem die Marlborough gefeuert hatte, nahm die Thunderer ihren Platz ein. Der Franzose erwiderte zwar noch das Feuer, aber die Salven verloren an Schusskraft, da sich Geschütze losgerissen hatten oder die Männer unter Deck verletzt waren.
Unterdessen hatten die Audacious und die Gibraltar die drei britischen Schiffe überholt und eröffneten das Feuer auf den Franzosen, der trotz der Bedrängnis alle Breitseiten mit Salven aus zwei seiner drei Batteriedecks erwiderte. Als sich der Rauch verzog, sah Hayden, dass die Großmarsrah des Franzosen schief hing und schließlich herunterfiel. Sekunden später knickte die Großbramrah ab. Hier und da züngelten noch Flammen aus den Stückpforten der Révolutionnaire, aber das Schiff geriet ins Schlingern und hielt keinen klaren Kurs mehr.
Die Audacious und die Gibraltar drehten nicht bei, sondern glitten am Franzosen vorbei, auf der Jagd nach weiteren Schiffen in der Kiellinienformation.
»Alles bereit fürs Schleppen, Sir«, meldete Archer. »Aber wie es aussieht, käme ja nur ein Franzmann infrage.« Der Leutnant blickte hinüber zu dem arg beschädigten Schiff im Zwielicht des Abends. »Werden sie die Flagge nicht streichen, Sir?«
Hayden war im Begriff zu sagen, die Franzosen hätten keine Flagge mehr übrig, als die Geschütze an Bord der Révolutionnaire verstummten. »Wie es scheint, haben sie aufgegeben, Mr Archer.«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen an Bord der Raisonnable, weil alle abwarteten, ob der Franzose noch einmal feuern würde. Doch als sich auch weiterhin nichts tat, jubelten die Männer auf Haydens Schiff, und der Jubel fand sein Echo in den Mannschaften der anderen britischen Schiffe.
Hayden trat an die Heckreling und erspähte in der Dämmerung Signalflaggen auf der Queen Charlotte, die rasch von den außen liegenden Fregatten und den Linienschiffen wiederholt wurde. Ein Signalbuch brauchte er nicht zu konsultieren – der Befehl lautete, in Linienformation zu gehen.
Hayden schickte sich an, die entsprechenden Befehle an seine Offiziere weiterzugeben, als ein zweites Signal zu sehen war – dies betraf nur sein Schiff und die
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