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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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auch ordentlich zu Ende bringt. Ist es nicht so, Mr Beacher?«
    »Etwas von Wert erreicht man gewiss nur auf diese Weise, möchte ich behaupten. Vielleicht begibst du dich noch einmal ans Werk, Anne. Was meinst du?«
    »Diese Unterhaltung kommt mir seltsam vertraut vor«, erwiderte Anne. »Habt ihr das nicht auch schon mal irgendwann gehört?«, fragte sie in die Runde.
    Mr Carthew stellte sein Glas ab. »Ich würde dich in dieser Angelegenheit nicht weiter schelten, wenn du dir das, was ich sage, auch zu Herzen nehmen würdest.«
    »In diesem Land gibt es schon genug Landschaftsmaler, Vater, und wieso sollte ich mir einbilden, mit ihnen konkurrieren zu können? Ich habe ohnehin schon eine neue Leidenschaft entdeckt. Ich betätige mich nämlich jetzt auch auf Henris Gebiet und schreibe an einem Roman. Zumindest in der Literatur kann eine Frau etwas Anerkennung erlangen.«
    »Ist dein Roman auch so romantisch?«, fragte Penelope. »Henris Buch ist schrecklich romantisch – alles dreht sich um Liebe und um die Sehnsucht, endlich heiraten zu können und …«
    »Penelope!«, rief Mrs Carthew dazwischen. »Ich glaube nicht, dass Henrietta im Augenblick deine literarischen Einschätzungen gebrauchen kann. Hab vielen Dank.«
    Tränen schillerten in Penelopes Augen. Rasch blinzelte sie sie fort und beugte sich über ihren Teller, damit niemand ihre Tränen sah. »Ja, ja, die arme Henrietta fassen alle mit Samthandschuhen an«, murmelte sie.
    Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen bei Tisch.
    »Schreibst du wirklich ein Buch, Anne?«, hakte Cassandra nach.
    Anne zuckte mit den Schultern und konzentrierte sich weiterhin auf ihr Essen.
    »Ich möchte gern Bücher über meine Reisen schreiben«, ließ Cassandra die anderen wissen.
    »Und was für Reisen wären das?«, forschte Anne nach. »Etwa deine Ausritte nach Hayfield?«
    Alle lachten, da das Dorf Hayfield keine drei Meilen entfernt lag.
    »Ich meinte, sobald ich mit meinen Reisen beginne«, betonte sie. »Ich möchte die ganze Welt kennenlernen. Und dann lege ich eine Sammlung an, um die man mich beneiden wird, und schreibe einen Band nach dem anderen über meine Abenteuer. Wartet es nur ab.«
    »Oh, ich kann es tatsächlich kaum abwarten«, sagte Anne. » Die Romantischen Abenteuer bei den Mistkäfern von Miss Cassandra Carthew.«
    » Das Fröhliche Herumtollen bei den Pygmäen von einer Dame von keinem Rang und Namen«, warf Penelope ein.
    »Meine Reise nach Byzanz: Mehr als nur ein Minarett« , schloss Frank sich eher halbherzig den Scherzen an. Nur Penelope lachte.
    »Du hast noch vergessen Wie ich den Exzentrikern entkam , von einer Frau bei Verstand«, antwortete Cassandra und schien sich die Neckereien der Familie nicht zu Herzen zu nehmen.
    »Exzentriker?«, konterte Penelope. »Exzentrisch? Die Carthews? Ich würde sagen, du bist hier doch die exzentrischste Person von uns allen – ausgenommen Vater natürlich.«
    »Das bin ich sicher nicht.« Sie deutete mit der Gabel in Henriettas Richtung. »Henri ist die Exzentrischste von uns, aber sie tut alles, um es zu verbergen.«
    »Die wahren Exzentriker machen kaum Anstalten, ihre Marotten zu verbergen«, wusste Mr Carthew zu berichten. »Es ist geradezu charakteristisch für solche Leute, dass sie sich nie bemühen, bei anderen in hohem Ansehen zu stehen.«
    »In unserer Familie ist eigentlich Mama die Exzentrikerin«, warf Anne leicht durchtrieben ein. »Sie ist praktisch veranlagt, vernünftig, reitet kein Steckenpferd und vertritt keine einzige sonderbare Überzeugung. Nein, sie ist auffällig anders als wir.«
    »Bist du sicher, dass du eine Carthew bist, Mama?«, fragte Penelope.
    »Nur angeheiratet, meine Liebe.« Mrs Carthew bedachte ihre Kinder mit einem Lächeln und schaute mit Wohlwollen von einer Tochter zu anderen. Mochte das Exzentrische bei den Carthews bisweilen Überhand nehmen, sie empfand nichts als Bewunderung für ihre Familie. Jeder an der Tafel erwiderte das Lächeln und die Zuneigung in ihrem Blick, doch dann fiel Henrietta auf, dass Mr Beacher nicht Mrs Carthew ansah, sondern sie – und in seiner Miene entdeckte sie ebenfalls offenkundige Zuneigung.
    Das war auch Penelope nicht entgangen, und das Lächeln auf ihren Lippen erstarb, ihre Mundwinkel zeigten nach unten.
    Henrietta wäre in diesem Moment am liebsten aus dem Zimmer gelaufen. Widerstreitende Gefühle drohten sie zu überwältigen. Doch sie widmete ihre Aufmerksamkeit wieder dem Essen und wusste, dass Mr Beachers

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