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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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schlecht. Solltest du nicht lieber die Ohnmacht vortäuschen, und ich fächele dir Luft zu?«
    Wilder setzte an, in eine Ohnmacht zu taumeln, worauf Beacher ihn sofort an den Schultern festhielt. »Das war ein Scherz, Mann!«, rief er erschrocken und schaute hinunter zu den Damen.
    »Weiß ich doch«, erwiderte sein Freund und lachte.
    »Was amüsiert die Herren denn so?«, erkundigte sich Elizabeth, als die Damen zu den Freunden aufschlossen. Alle vier Frauen hatten eine frische Gesichtsfarbe von der Sonne und dem etwas anstrengenden Weg den Hügel hinauf.
    »Ach, wir haben uns nur gerade gefragt«, erklärte Wilder, »ob die Damen alle einfach so achtlos an uns vorbeigehen würden, wenn einer von uns am Boden läge und eine Ohnmacht vortäuschte.«
    Die Frauen lachten. »Oh, das ist uns gegenüber aber nicht fair, Mr Wilder«, sagte Henrietta. »Wenn wir einen der Herren am Boden liegen sähen, so würden wir davon ausgehen, dass er sich extra in eine Pfütze geworfen hat, damit wir uns nicht die Säume unserer Röcke schmutzig zu machen brauchen. Ja, eine nach der anderen würden wir den Gentleman als Trittstein benutzen und ihn für seine noble Tat loben.«
    »Ja, gewiss, wir sind beide äußerst nobel veranlagt, aber da weit und breit keine einzige Pfütze zu entdecken ist, in die wir uns hätten werfen können, sind wir ein wenig verzweifelt. Nicht wahr, Beacher?«
    »Geradezu untröstlich.«
    »Oh, dorthinten ist ein kleiner Bach«, bot Cassandra voller Unschuld an. »Falls die Brücke nicht begehbar ist, könnten Sie sich ja ins Wasser werfen …«
    »Dann hoffen wir, dass die Brücke beim letzten Hochwasser fortgespült wurde«, erwiderte Wilder voller Enthusiasmus.
    »Und dass der Bach geradezu überflutet ist«, fügte Beacher hinzu. »Die edle Tat ist umso heroischer, wenn wir auch unser Leben aufs Spiel setzen. So ist es wohl auch mit den Pfützen, man ist nur in den wirklich tiefen in Todesgefahr.«
    »In den besonders tiefen Pfützen müssten die Herren sich übereinanderstapeln, denn einer allein reicht nicht, um unsere Rocksäume trocken zu halten.«
    »Dann sollten wir mehr essen, Miss Cassandra, damit wir an Leibesumfang gewinnen. Denn schließlich dürfen wir nicht zulassen, dass die Rocksäume der Damen schmutzig werden.«
    Während sie unter den ausladenden Zweigen der Bäume lustwandelten, gingen die kleinen Neckereien und Späße mit Rocksäumen und Pfützen noch ein wenig weiter. An diesem Apriltag war das Wetter ausgesprochen gut, die Luft fast zu warm für die Jahreszeit. Wilder hatte betont, es sei zu wenig Regen gefallen, und daher sei der Boden trockener, als man erwartet hatte. Bienen summten bei den Frühlingsblumen, und die Bäume standen alle in frischem, weichem Grün. Der fast wolkenlose Himmel spannte sich in strahlendem Blau von einem Horizont zum anderen.
    Die Spaziergänger verließen den breiteren Weg und nahmen einen Seitenpfad, der sich durch die Bäume schlängelte. Doch dieser Weg war stellenweise so steil, dass die Herren die Damen gelegentlich stützen mussten, damit alle sicheren Schrittes den Spaziergang fortsetzen konnten.
    Wann immer es Beacher möglich war, bot er Henrietta seine Hand, während Wilder stets versuchte, Cassandra seine ganze Aufmerksamkeit zu schenken. Doch Cassandra ließ sich des Öfteren mit den Worten vernehmen: »Oh, vielen Dank, Mr Wilder, aber Ihre Hilfe ist nicht nötig, da es hier nicht so steil ist. Sie müssen wissen, dass ich eines Tages vorhabe, in den Bergen zu klettern.«
    Penelope hingegen schien fast überall die Unterstützung von Beacher zu brauchen, bis ihre Schwestern sie aufzogen und Dinge sagten wie: »Pen, ich habe das Gefühl, dass du bald gar nicht mehr ohne Mr Beachers Hand kannst. Woher die plötzliche Schwäche, Schwesterchen?«
    In weniger als einer Stunde erreichten sie die Kuppe der Anhöhe und breiteten Decken auf dem Gras aus, an einer Stelle, von der man einen herrlichen Blick nach Süden hatte. Nach und nach wurden die Mitbringsel für das Picknick hervorgeholt. Die Herren mussten weitere Scherze bezüglich des Leibesumfangs über sich ergehen lassen, und immer wieder drängten die Damen Beacher und Wilder, mehr zu essen, da der Bachlauf Hochwasser führen könnte und die Brücke womöglich nicht mehr da sei.
    Während des Essens drehte sich die Unterhaltung um andere Angelegenheiten, etwa um das Verhalten der Nachbarn. Als eine der Schwestern erwähnte, eine Bekannte werde in Kürze heiraten, ergriff Wilder die

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