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Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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hatte, als die beiden hereinkamen.
    »Aha, leichte Lektüre.« Er wandte sich
an Julia. »Sharon ist der einzige Mensch, den ich kenne, der tatsächlich gerne
Gesetzbücher liest. Sie genießt es, mich auf obskure Vorschriften aufmerksam zu
machen. Wussten Sie beispielsweise, dass es in Kalifornien verboten ist, auf
öffentlichen Friedhöfen Vögel zu fangen, während es auf privaten erlaubt ist?«
    Julia schüttelte den Kopf.
    »Ich auch nicht, und mir ist auch nicht
ganz klar, was ich mit dieser Information anfangen soll.« Glenn beugte sich vor
und holte, nun wieder ganz geschäftsmäßig, einen Vorgang aus seiner Aktentasche.
Ich kannte seine abrupten Übergänge aus dem Gerichtssaal. Es gelang ihm immer
wieder, den Anwalt der Gegenseite damit zu verwirren.
    »Die Kaution war nicht so schlimm wie
erwartet«, verkündete er. »Fünfundzwanzigtausend. Der Richter hat meine Argumente
akzeptiert: dass sie seit langem in der Gemeinde wohnt, alleinerziehende Mutter
ist, eine feste Stelle hat und von Angehörigen und Freunden unterstützt wird.«
    »Sie hätten das nicht bezahlen sollen«,
sagte Julia leise.
    »Natürlich«, warf ich ein, »schlimm
genug, dass du drei Tage im Gefängnis warst.«
    »Ich habe früher schon im Gefängnis
gesessen. Und du weißt, dass ich nicht gerne Schulden habe, die ich nicht
zurückzahlen kann.«
    »Falls Sie nicht ins Ausland fliehen,
werden Sie mir letztlich vielleicht gar nichts schulden«, bemerkte Glenn.
    Ihre Mundwinkel zuckten leicht.
    »Nun zu den Beweisen: Julia sagt, sie
habe ihre Ermittlungen für Alex Aguilar am dreizehnten Juni abgeschlossen. Er
lud sie zum Essen ein, um die erfolgreiche Beendigung ihres Auftrags zu feiern.
Am Freitag, dem dreizehnten. Kein Wunder, was? Julia, warum erzählen Sie Sharon
nicht einfach, was Sie mir erzählt haben?«
    Sie drehte sich in dem ausladenden
Sessel zu mir. Unter ihren Augen lagen tiefe Ringe, sie sah besorgt aus. »Er
hat mich also zum Essen eingeladen, und ich habe ja gesagt. Vor mir selbst habe
ich es als Geschäftsessen gerechtfertigt, als hätte es nichts zu bedeuten, aber
ich muss zugeben, ich fand ihn attraktiv. Und mein letztes richtiges Rendezvous
war lange her. Jedenfalls sind wir in so einen Tapas-Laden im Mission District
gegangen, der einer seiner Nachbarinnen gehört.«
    »Ins Café Gastrónomo?«, warf ich ein.
    »Genau. Lauter wichtige Leute gehen da
hin; alle blieben an unserem Tisch stehen. Ich hätte nie geglaubt, jemals solche Leute zu treffen. Danach schlug er vor, bei ihm noch etwas Wein zu trinken.
Und ich habe wieder ja gesagt. Blöd, was?«
    »Ich habe schon blödere Sachen gemacht.
Erzähl weiter.«
    »Ich war etwa eine Stunde da. Wir haben
was getrunken; er ließ Musik laufen, bekam ein paar Anrufe, die er im
Schlafzimmer erledigte. Dann machte er mich an, aber ich merkte, dass er nicht
bei der Sache war. Ich meine, es kam mir vor... als hielte er sich an ein
Handbuch oder so.« Errötend schaute sie zu Glenn hinüber.
    Er spreizte die Finger. »Stellen Sie
sich vor, ich wäre Ihr Beichtvater. Mich kann nichts mehr schockieren.«
    »Toll, dabei bin ich nicht mal mehr
katholisch. Ganz zu schweigen davon, dass Sie Jude sind.«
    Ihre Reaktion erstaunte mich. Ich hatte
erwartet, dass Glenn sie ebenso einschüchtern würde wie sein Büro, doch hatten
sie in der kurzen Zeit, die sie miteinander verbracht hatten, zu einem lockeren
Umgangston gefunden.
    »Jedenfalls tat er, als sei ich eine
Maschine, die er programmieren will, und das hat mich nun wirklich abgeturnt.
Ich sagte, ich müsste nach Hause wegen der Babysitterin, und hab gemacht, dass
ich wegkam. Hab mich nicht mal von ihm fahren lassen. Und damit war die Sache
erledigt.«
    »Hat er sich nicht mehr bei dir
gemeldet?«
    »Nein.«
    Allzu wütend konnte Aguilar über diese
Abfuhr nicht gewesen sein; immerhin hatte er Julia am nachfolgenden Montag mir
gegenüber gelobt. »Welche Beweise hat der Staatsanwalt?«, fragte ich Glenn.
    Er schlug den Ordner auf und blätterte
ihn durch. »Die Pakete aus Julias Lagerraum. Keine Kreditkarte. Da sie bislang
nicht an einem kompromittierenden Ort aufgetaucht ist, können wir sie wohl
abhaken. In seiner Beschwerde gibt Aguilar an, er habe seine Kreditkarte
zuletzt an ebendiesem dreizehnten Juni im Café Gastrónomo benutzt. Am siebten Juli
rief ihn jedoch die Betrugsabteilung der Citibank an und erkundigte sich nach
ungewöhnlich häufigen und kostspieligen Einkäufen, die am vierzehnten Juni
begonnen hatten. Alle Käufe

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