Zu gefährlicher Stunde
wollte gar nicht über ihn reden. Die Leute dort wirkten ziemlich
verstört, weil ich herumlief und Fragen stellte. Das hat mich natürlich
neugierig gemacht, und ich habe weitergegraben. Ein früherer Mitbewohner, der
noch in der Gegend lebt, drohte mir mit einem Anruf bei seinem Anwalt. Eine
Frau, die ehrenamtlich mit Aguilar zusammengearbeitet hatte, weigerte sich
sogar, mich zu treffen. Schließlich stieß ich auf den Namen eines alten
Freundes, der in Banning in Riverside County wohnt. Er war bereit, mit mir zu
sprechen, allerdings anonym.«
»Da unten gibt es aber viele
schweigsame Leute.«
»Eher verängstigte Leute. Der Typ in
Banning ist allerdings ein harter Bursche — ein Ex-Sträfling, der sauber
geworden ist und einen Motorradhandel betreibt. Er wollte sich nicht von
Aguilars Kumpeln den Mund verbieten lassen.«
»Aguilars Kumpeln?«
»So hat er sich ausgedrückt. Er
erzählte, dass kurz nachdem in der Zeitung ein Artikel über Aguilar erschienen
war, in dem er als Zukunftshoffnung der Latinos von San Francisco gefeiert
wurde, einige von dessen Leuten bei ihm auftauchten. Sie warnten ihn, dass bestimmte
Aspekte aus Aguilars Vergangenheit nicht publik gemacht werden sollten. Sie
boten ihm Geld, und als er es nicht annehmen wollte, drohten sie ihm. Er
schickte sie weg und schlief von da an mit einem Baseballschläger neben dem
Bett.«
»Was sind das für Leute?«
Craig zuckte die Achseln. »Von der
Beschreibung her, die mir der Typ in Banning gab, handelt es sich wohl um die
üblichen Schläger aus dem Mission District.«
»Und du meinst, sie sind bei allen
Leuten gewesen, mit denen du reden wolltest?«
»Allerdings, das meine ich.«
»Und welche Aspekte sollen nicht publik
gemacht werden?«
Craig lächelte schwach. »Dass Aguilar
mit Drogen gehandelt hat.«
»Aha.«
»Nachdem er das College abgebrochen
hatte, arbeitete er als Johnny Duartes Verbindungsmann an der Universität in
San Diego. Natürlich würde diese Information seine Chancen bei der
Bürgermeisterwahl nicht gerade verbessern.«
Ich nickte und dachte daran, was ich an
diesem Tag erfahren hatte. Meine alte Heimatstadt San Diego schien für diesen
Fall von zentraler Bedeutung zu sein. Alex Aguilar hatte dort für Julias
Ex-Freund gedealt. Dan Jeffers hatte zu dieser Zeit dort gewohnt und seinem
Bruder unter falschem Vorwand Geld abgeknöpft, das er vermutlich in Drogen
investierte. Dan hatte gesehen, wie ein »übler Bursche«, den er von früher
kannte, Scott Wagner im Olompali tötete. Johnny Duarte? Aber wieso?
»Shar?«
»Entschuldigung. Ich habe heute etwas
herausgefunden, das noch mehr Verwirrung in den Fall bringt.« Ich berichtete
von Dan Jeffers Behauptung, er habe den Mord an Scott Wagner beobachtet.
Craig runzelte die Stirn. »War Wagner
nicht sauberer als sauber? Ich weiß noch, dass ich irgendwo ein Porträt über
ihn gelesen habe: Spendensammler, im Vorstand des Sierra Club und anderer
Umweltgruppen, der Gutmensch schlechthin. Nicht gerade der ideale Kandidat für
einen Mord.«
»Nein. Ich möchte, dass du gründlich
überprüfst, ob es Dinge gibt, die nicht in dieses Bild passen. Außerdem
solltest du einen Besuch bei Gene Santamaria machen, Wagners Nachfolger im
Ausbildungszentrum. Und ich brauche dich, um Dan Jeffers ausfindig zu machen.«
»Alles klar. Und was hältst du von
Duarte?«
»Offenbar hat Julia keine Ahnung von
seiner Verbindung zu Aguilar, sonst hätte sie es ja erwähnt. Und es kommt mir
ziemlich weit hergeholt vor, dass Aguilar nur auf einen vagen Verdacht hin
diesen aufwändigen Plan entworfen haben soll.«
»Stimmt. Außer er und Duarte
unterhalten noch immer eine profitable Geschäftsverbindung.«
»Du meinst, sie handeln immer noch mit
Drogen? Möglich wäre das schon. Mich interessiert dieser Laden am Ghirardelli
Square; sie könnten die Drogen in den Warenlieferungen aus Mittelamerika
verstecken. Ich glaube, das sollen wir prüfen lassen.«
»Mein anderer Auftrag dürfte wohl
eindeutig sein — so viel wie möglich über Johnny Duarte herausfinden.«
»Nein, du kümmerst dich um Scott
Wagner, Gene Santamaria und Dan Jeffers. Duarte knöpfe ich mir selbst vor.«
Julia erzählte mir, Johnny Duarte hänge
am liebsten in einem Club namens Holidaze in der Twenty-fourth Street herum,
und lieferte mir eine detaillierte Personenbeschreibung.
»Und du bist dir sicher, dass Duarte
mich nie gesehen hat?«, fragte ich.
»Er war nie hier im Büro. Für meine
Arbeit schien er sich ohnehin
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