Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
Eingangshalle war geräumig, mit Natursteinwand und exotischen Pflanzen;
eine Treppe führte in die oberen Stockwerke. Ich stieg hinauf. Die Wohnungstür
stand offen, worauf ich eintrat und Johnnys Namen rief.
    Eine Frau begrüßte mich. Sie war groß
und schlank, trug eng sitzende Jeans und ein geripptes T-Shirt; ihr dichtes,
blondes Haar war wellig und fiel ihr bis auf die Schultern. »Ms Blackhawk, ich
bin Harriet Leonard. Kommen Sie bitte herein. Ich habe eine Nachricht von Mr.
Duarte für Sie.« Ihr Akzent klang australisch.
    Ich folgte ihr durch die Diele in ein
Wohnzimmer, das auf die weitläufige Terrasse führte, die Duarte erwähnt hatte.
Die Aussicht war sensationell, die Möbel teuer, doch die Räume wirkten unbewohnt.
Harriet Leonard trat an einen Sekretär, nahm einen Pergamentumschlag heraus und
gab ihn mir.
    Ich schob den Finger unter die Lasche
und holte eine Karte heraus, die mit Duartes Namen bedruckt war.
     
    Robin,
    ich
bedauere sehr, dass ich unsere Verabredung heute Abend nicht einhalten kann.
Ich muss in dringenden Geschäften verreisen. Vielleicht können wir unsere
gemeinsamen Interessen besprechen, wenn ich zurück bin.
    J.
     
    Als ich aufsah, bemerkte ich Harriets
prüfenden Blick. »Möchten Sie einen Drink, bevor Sie gehen? Ich könnte einen
vertragen. Das ist das Mindeste, was Johnny für uns tun kann, nachdem er Sie
versetzt und mich mit der Nachricht hat warten lassen.«
    »Warum nicht?« Trotz ihrer
verbindlichen Art spürte ich bei ihr einen gewissen Ärger, vielleicht auch das
Bedürfnis zu reden.
    »Rotwein?«
    »Danke.«
    Sie trat an einen kleinen Servierwagen
und kam mit zwei Ballongläsern zurück. Sie hob ihr Glas und prostete mir zu.
Nachdem sie einen Schluck genommen hatte, ließ sie sich auf das Ledersofa
fallen, und ich nahm den Sessel gegenüber.
    »Sind Sie mit Johnny befreundet?«
    »Geschäftspartner. Ach was, Sie wissen
doch Bescheid. Ich deale für ihn. Er hat mich vor acht Monaten angeheuert. Mal
raten, Sie haben ihn in einem Club kennen gelernt. Er hat sich als Marketingmanager
ausgegeben, der noch etwas nebenher laufen hat. Dann hat er Sie zum Essen
eingeladen und mit Wein versorgt, eine Menge Vulgärpsychologie von wegen
überlegenem Intellekt und dem Überleben der Stärksten von sich gegeben und
Ihnen eine geschäftliche Verbindung angeboten. Stimmt das so weit?«
    »Bis auf das Essen. Wir haben nur
getrunken.«
    »Ein günstiges Rendezvous. Heute Abend
wollte er vermutlich die wahre Natur seiner Geschäfte enthüllen und Sie mit den
ungeahnten Profiten blenden, die Sie erwarten, wenn Sie die Grenzen des
Üblichen überschreiten.«
    »Kann schon sein.«
    »Jetzt gucken Sie nicht wie die
beleidigte Unschuld. Sie sind weder jung noch dumm genug, um ihm zu glauben.
Selbst ich habe ihm nicht geglaubt, obwohl mich schon zahllose Männer mit
zahllosen Täuschungsmanövern reingelegt haben. Aber als ich hierher kam, wusste
ich genau, worauf ich mich einlasse.«
    Ich trank einen Schluck Wein. Harriet
hatte einen ausgezeichneten Jahrgang gewählt. »Und haben Sie tatsächlich solche
ungeahnten Profite gemacht?«
    »Ich bin zufrieden.«
    »Aber nicht so sehr, wie Johnny Ihnen
vorgegaukelt hat.«
    »Nein, aber jetzt kann ich nicht mehr
zurück; ich habe mich an den Lebensstil gewöhnt. Früher habe ich als Sekretärin
bei einem Börsenmakler gearbeitet — furchtbare Arbeitszeiten, furchtbar
bezahlt. Da will ich nie wieder hin.« Sie runzelte die Stirn. »Deshalb mache
ich mir auch Sorgen um Johnny. Ich habe die Nachricht an Sie gelesen. Er
schrieb, er müsse verreisen, aber sein Wagen steht noch in der Garage. Und
sehen Sie sich die Handschrift mal genauer an — kommt sie Ihnen nicht komisch
vor?«
    »Keine Ahnung, ich habe noch nie etwas
Geschriebenes von ihm gesehen.« Doch als ich die Karte untersuchte, verstand
ich, was sie meinte: Einige Buchstaben wirkten unregelmäßig, als hätte er sie
unter Druck geschrieben.
    »Also, ich kenne seine Handschrift, und
mir kommt das hier komisch vor. Auch als er mich anrief und mich bat,
herzukommen und Ihnen die Nachricht zu geben... Er klang irgendwie... nicht wie
er selbst. Als hätte er Angst.«
    »Angst? Das passt aber gar nicht zu
Johnny — auch wenn ich ihn kaum kenne.«
    »Stimmt, aber er hatte tatsächlich
Angst, das konnte er nicht verbergen. Ich hatte das Gefühl... Sicher, es klingt
absurd, aber mir war, als riefe er mich unter Zwang an.«
    »Wieso?«
    Harriet dachte nach und presste die
Lippen zusammen. »Nicht

Weitere Kostenlose Bücher