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Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Kampagne gegen dich auch damit zu tun haben könnte?«
    Nein, ich hatte mich viel zu sehr auf
die offiziellen Ermittlungen konzentriert. »Da könnte was dran sein.«
    »Hast du dir Notizen zu diesen Fällen
gemacht? Irgendwelche Unterlagen aufbewahrt?«
    »Nein.«
    »Aber du kannst dich an sie erinnern.«
    »An die wichtigen schon. Aber das heißt
nicht, dass für mich die gleichen Dinge wichtig sind wie für andere Leute.«
    »Gehen wir die Geschichten einmal
durch. Angefangen mit dem Fall im Delta.«
    »Es ging eigentlich um Belästigung, das
Opfer starb aus Versehen.«
    »Über Mono County und Mexiko wissen wir
Bescheid. Da bleibt kein Raum für irgendwelche Drohungen.« Unser Essen kam, und
Hy wartete, bis der Kellner verschwunden war. »Wie war es, als du nach deinen
leiblichen Eltern gesucht hast? Bist du dabei jemandem auf die Füße getreten?«
    »Na ja, Jimmy D. Bearpaw mochte mich
nicht besonders, aber es war im Grunde nichts Persönliches. Außerdem ist er
nicht clever genug für so etwas. Die strategische Seite würde ihn völlig
überfordern.«
    Hy grinste. Er kannte Bearpaw, den
Inhaber des Greasy Spoon in Modoc County, der sich als Gourmetkoch und
Feingeist erster Ordnung betrachtete. »Ich sag dir was, McCone. Heute Abend
stellen wir eine Liste auf und machen ein Brainstorming. Grab in deinen
Erinnerungen, bis wir alle Möglichkeiten durchgecheckt haben. Und bis dahin
lass es dir schmecken!«
     
    Daphne Ashfords Atelier lag in einem
Ladenlokal an der Stanyan Street gegenüber der Nordspitze des Golden Gate Park.
Früher hatte sie dort mit ihrem Mann Charlie eine kleine Druckerei betrieben,
bis Computer und große Ketten sie verdrängten. Charlie, ein Werbefotograf, der
momentan sehr gefragt war, arbeitete im Stockwerk darüber. Als ich um zwei Uhr
mit Angela Batista auftauchte, registrierte Daphne die Gesichtsverletzungen so
unauffällig, dass Batista es kaum bemerkt haben dürfte. Dann servierte sie uns
Tee und bot uns Plätze vor dem riesigen Bildschirm an.
    Daphne, eine aristokratisch wirkende
Blondine mit vornehmer Zurückhaltung, war für eine so heikle Angelegenheit
wunderbar geeignet. Sie war äußerst taktvoll, in ihrer Gegenwart konnte sich
jeder entspannen. Während sie Batista ihre Vorgehensweise erklärte, sank mein
eigener Stressfaktor beträchtlich, und ich lehnte mich entspannt zurück.
    »Zuerst werden wir uns mit der
Gesichtsform beschäftigen.« Sie klickte ein Icon an und wählte eine Option.
»Hier haben wir die Standardformen. Sie entscheiden, welche dem Gesicht der
Person am nächsten kommt, danach können wir die Form weiter verfeinern.«
    Batista betrachtete die Auswahl und
deutete auf ein Oval.
    Daphne klickte auf die ovale
Gesichtsform. »Was stimmt nicht an diesem Bild?«
    »Das Kinn. Seins war länger.«
    »Etwa so?«
    »Nein, eher...«
    »Wie das?«
    »Ja, aber sein Gesicht beult sich hier
und da ein.«
    »Sie meinen Einbuchtungen unterhalb der
Wangenknochen?«
    »Ja.«
    »Und der Hautton? Blass? Mittel?
Dunkel?«
    »Dunkel.«
    »So dunkel?«
    »Noch dunkler.«
    »Gut. Dann die Haare.«
    »Schwarz.«
    »Und die Länge?«
    »Kurz, ganz kurz. Wie bei den Marines.«
    »So?«
    »Ja.« Angela beugte sich vor,
fasziniert von dem Bild, das allmählich entstand.
    »Gut, jetzt die Augen. Form?«
    »Sie erinnern mich an diese Nüsse...
Mandeln.«
    »Sehr gut. Farbe?«
    »Dunkelbraun.«
    »So dunkel?«
    »Ja.«
    »Jetzt die Nase. Wie ist sie geformt?«
    »Lang.«
    »Schmal? Breit?«
    »Schmal, mit einem kleinen Haken.«
    »Etwa so?«
    »Ja. Und war vielleicht mal gebrochen.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ein Höcker in der Mitte. Hier.«
Batista deutete auf ihre eigene gebrochene Nase.
    »Gut.« Daphne zeigte ihr mehrere
Beispiele, bis sie die richtige Form und Größe gefunden hatte. »Kommen wir zum
Mund.«
    »Schmal. Sehr schmal.«
    »So?«
    »Kleiner. Ja, genau so.«
    »Ohren?«
    »Groß, aber flach am Kopf.«
    »Ein Bart?«
    »Nein.«
    »Muttermale? Aknenarben? Andere
Narben?«
    Batista zögerte. »Eine Narbe. Nein,
zwei oder drei.«
    »Auf der Stirn? Den Wangen?«
    »Ja, auf der Stirn. Wangen? Da auch.
Messernarben oder von Akne. Keine Ahnung.« Angela rieb ihre Augen. Sie wurde
allmählich müde, und die Wirkung des Schmerzmittels, das sie genommen hatte,
bevor wir aus der RKI-Wohnung gingen, ließ nach.
    »Sie machen das wirklich toll«, sagte
Daphne. »Keine Sorge, falls Sie sich an Kleinigkeiten nicht erinnern. War die
Narbe auf der Stirn gerade oder

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