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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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entfernt worden sein. Soweit der Chefinspektor sich erinnern konnte, war in der Liste der konfiszierten Beweismittel, die er bei Weber eingesehen hatte, kein Foto vermerkt gewesen. Irgendjemand anderes hatte es also genommen. Aber wer? Und warum? Er stellte sich auf die Zehenspitzen und betrachtete die restlichen Bilder genauer. Es waren mindestens vierzig Stück, und bei allen handelte es sich um Gruppenfotos, die an verschiedenen Orten und in verschiedenen Jahren aufgenommen worden waren. Erinnerungen an Grabungen und Forschungsreisen, an denen Novak teilgenommen hatte. »Interessant«, murmelte Morell. »Sehr interessant.«
     
    »Da sind Sie ja wieder.« Payer saß an seinem Schreibtisch und sah Morell dabei zu, wie er die Zwischentüre zuzog und wieder absperrte. »Und? Hat Ihr kleiner Ausflug etwas gebracht?«
    »Könnte sein.« Morell setzte sich. »Auf Novaks Schrank stehen mehrere gerahmte Gruppenfotos, und eines davon fehlt ganz offensichtlich.«
    »Aha.« Der Archäologe zuckte mit den Schultern, griff nach der Flasche, und bevor der Chefinspektor reagieren konnte, hatte er schon eingeschenkt.
    Morell starrte auf das Glas, als wäre Payers selbstgebrannter Schnaps eine der zehn biblischen Plagen. »Wenn Sie sich die Bilder ansehen würden, könnten Sie dann sagen, was auf dem fehlenden Foto zu sehen war?«
    »Tut mir leid.« Payer schüttelte den Kopf. »Wie ich bereits erwähnt habe, hatten Novak und ich nur sehr selten miteinander zu tun. Am besten fragen Sie Moritz Langthaler – er war Novaks rechte Hand und kann Ihnen am ehesten weiterhelfen.« Der Professor griff nach seinem Glas.
    Morell versuchte, seinen auffordernden Blick zu ignorieren. »Falls Ihnen noch irgendetwas einfällt, das für die Aufklärung des Falls nützlich sein könnte, rufen Sie mich doch bitte auf meinem Handy an. Hier, meine Karte.«
    »Natürlich!« Auch der Professor reichte seine Visitenkarte herüber. »Aber jetzt trinken wir noch einen Abschiedsschnaps. Auf dass Sie den Fall lösen.« Payer streckte dem Chefinspektor das Glas entgegen.
    Morell seufzte leise. Er hatte so sehr gehofft, Payers Büro verlassen zu können, bevor dieser ihn mit seinem Fusel umbrachte. Dann fiel ihm etwas ein. »Ähm, es wäre mir übrigens sehr lieb, wenn mein kleiner Ausflug in Novaks Büro unter uns bliebe. Sie wissen ja – die Bürokratie.«
    »Selbstverständlich! Trinken wir auf die Lösung des Falls und darauf, dass unsere kleine Exkursion unentdeckt bleibt.«
    »Auf die Lösung und unser Geheimnis«, ergab der Chefinspektor sich und kippte wacker das Feuerwasser hinunter. Wenn Lorentz und Capelli nur wüssten, was er hier alles auf sich nahm.
    Payer begleitete Morell auf den Flur und schüttelte ihm zum Abschied die Hand. »Kommen Sie gerne mal außerhalb Ihrer Dienstzeit vorbei. Wenn Sie vorher anrufen, bringe ich auch eine Flasche selbstgebrannten Quittenschnaps mit. Der wird Ihnen schmecken … Oh, Sie haben Glück. Sehen Sie den Herrn, der da drüben steht und mit dem blonden Mädel redet?« Der Professor zeigte auf einen großen, schlanken Mann Mitte dreißig, mit kurzen braunen Haaren und sonnengebräunter Haut. »Das ist Moritz Langthaler, von dem ich vorhin gesprochen habe. Fragen Sie ihn doch mal nach dem Foto.«
    Morell bedankte sich und ging rasch den Flur hinunter, wobei ihm auffiel, dass er bereits ein wenig torkelte. Er räusperte sich. »Herr Langthaler?«
    »Ja?« Novaks Assistent drehte sich um und sah Morell fragend an.
    »Mein Name ist Morell. Chefinspektor Otto Morell, um genau zu sein. Ich bin hier, weil es noch einige offene Fragen bezüglich des Mordes an Professor Novak gibt.«
    »Tatsächlich?« Langthaler zog die Augenbrauen hoch. »Ihr Kollege meinte, der Fall wäre so gut wie abgeschlossen.«
    Es kostete Morell einiges an Überwindung, keine abfällige Bemerkung über Weber fallenzulassen. »Es sind leider einige Ungereimtheiten aufgetaucht«, sagte er stattdessen.
    Noch bevor Langthaler antworten konnte, wandte sich die blonde Studentin, mit der er gerade gesprochen hatte, mit einem strahlenden Lächeln an den Chefinspektor. »Wie wunderbar! Dann ist Dr. Lorentz also doch unschuldig. Ich wusste doch, dass er kein Mörder ist.« Sie streckte Morell ihre Hand entgegen.
    Oh, oh, dachte Morell, als er ihren verträumten Blick bemerkte. Da hatte der Charme des attraktiven Leander Lorentz mal wieder gnadenlos zugeschlagen.
    »Entschuldigung, dass ich mich einmische, ich heiße Anna Wondraschek. Ich schreibe

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