Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
zurückgehalten hat. Außerdem passt es nicht zu ihr, dass sie am Abend des Brandes Summer angerufen hat.«
»Du glaubst, dass sie das Feuer gelegt hat, merkte, dass Summer dort war, und dann in Panik geraten ist?«
»Sie hatte ein Motiv: Versicherungsbetrug.«
»Sie ist wohlhabend.«
»Schau, ich weiß, was du für sie empfindest, Kenny.«
Kenny sah ihn nur an.
»Ich weiß es, weil es mir genauso geht«, sagte Joe ruhig. »Ich gehe durch die Hölle, wegen ihrer Tochter, okay?«
»Nein, nicht okay. Ich gebe zu, dass einige Indizien gegen sie sprechen. Außerdem haben die Brände etwas erreicht, was sonst nie eingetreten wäre.«
»Die Brände haben dazu geführt, dass Summer nach Hause gekommen ist«, sagte Joe grimmig.
Sie sahen einander einen langen Moment an.
»Erweitern wir mal die Perspektive«, sagte Kenny schließlich. »Schauen wir uns mal alle Beteiligten an.«
»Also gut.« Joe blätterte in ein paar Seiten. »Braden hat die Wahrheit gesagt, als er behauptete, mit dem Rauchen aufgehört zu haben. Sein Arzt hat das bestätigt.«
»Ja.«
»Dann wäre da noch Ally. Sie hat nie geraucht und trägt auch keine Herrenschuhe. Außerdem hat sie, das wissen wir vom Besitzer der Kunstgalerie nebenan, dem, der in sie verliebt ist, ein absolut wasserdichtes Alibi. Er hat sie durch die Fenster beobachtet. Er hat gesehen, dass sie am Abend des Geschäftsbrandes ihre Buchhaltung gemacht hat.«
»Das ist zwar nicht spaßig, aber korrekt.«
»Die Zwillinge.«
»Zu jung, als dass sie das erste Feuer gelegt haben könnten.«
»Stella und Gregg«, sagte Joe. »Keiner von beiden raucht oder trägt Schuhgröße vierundvierzig, auch wenn sie für keinen der beiden Brände ein Alibi haben. Außerdem ist da noch die Tatsache, dass sie selbst einmal mit einem Laden pleitegingen und uns das verschwiegen haben. Könnte also Vergeltung sein.«
»Junge, Junge, in so was bist du gut. Bewirb dich doch um einen Job bei uns.«
»Haha. Wir brauchen ein echtes Motiv, Kenny.«
»Und einen echten Verdächtigen.«
Joe lehnte sich im Stuhl zurück, stützte den Kopf an die Wand, streckte die Beine aus. Er war schon jetzt erschöpft. »Ich bin so müde, dass ich auf der Stelle einschlafen könnte.«
»Du dürftest nicht mal hier sein«, sagte Kenny. »Wo steckt eigentlich deine Aufpasserin? Ich habe Summer gesagt, sie soll dafür sorgen, dass du im Bett bleibst.«
»Das klappt bei uns nicht so richtig.«
Kenny sah ihn angewidert an. »Du hast wohl wieder einmal geschwiegen, stimmt’s?«
»Ironischerweise nicht. Diesmal habe ich mich geöffnet, komplett. Und diesmal habe – anders als bei den anderen Malen – ich sie verlassen.«
»Also, das war dämlich«, sagte Kenny.
Da musste Joe ihm zustimmen.
Am Abend klingelte das Telefon, während Joe sich mit Ashes eine Dose Spaghetti teilte.
»Summer braucht Sie«, sagte Chloe grußlos.
»Wie bitte?«
»Kommen Sie einfach rüber. Ach, und sagen Sie ihr nicht, dass ich Sie angerufen habe.«
Wieder zahlte er einem Taxifahrer einen lächerlich hohen Betrag, als er zwanzig Minuten später vor Chloes Wohnung ausstieg. »Wo ist sie?«, fragte er, als Chloe ihm öffnete.
»In der Küche. Mir ist das Essen angebrannt, da ist der Rauchmelder losgegangen. Sie ist ziemlich durch den Wind.«
Er fand Summer auf dem Küchentresen sitzend, sie hielt die Knie umschlungen und blickte aufs Meer. Als sie ihn sah, seufzte sie nur kurz und schüttelte den Kopf in Richtung ihrer Cousine. »Verdammt noch mal, Chloe.«
Chloe kaute am Fingernagel. »Das tut mir ja so leid.«
»Mir auch.« Summer drehte sich zu Joe um. »Du hättest nicht kommen müssen.«
»Erzähl mir, was passiert ist.«
»Nichts.«
Chloe schnaubte. »Du hattest eine Panikattacke, verdammt noch mal.«
»Hatte ich nicht.«
»Okay.« Chloe verdrehte die Augen in Richtung Joe. »Ich überlasse sie Ihnen, ist wohl besser.«
Als sie gegangen war, seufzte Summer noch einmal. »Es tut mir wirklich leid. Es ist nur, der Alarm hat irgendeine blöde Reaktion in mir ausgelöst, und dann habe ich mich im Nu in den Lagerhausbrand zurückversetzt gefühlt.«
»Bei dem Brand ist kein Alarm ausgelöst worden.«
Ihre Augen umschatteten sich. »Nein, aber als ich im Krankenhaus aufgewacht bin, war Tina da und hat mir die Hand gehalten. Es war einige Tage später, und ich war so groggy. Ich war ein paar Minuten wach, und da hat sie sich mit irgendjemandem über den Brand unterhalten und darüber, dass kein Alarm losging. Das ist bei
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