Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
die beiden auf Partys und in der Freizeit erlebt habe und dass sie es täten, aber Summer konnte es sich nicht vorstellen.
Sie hörte mit dem Dekorieren auf und blickte aus dem Fenster, auf den Sonnenuntergang. Doch in der Ferne ragte eine dunkle Rauchsäule in den tiefblauen Himmel.
Ein Brand.
Summer empfand Mitgefühl, spürte förmlich den Horror und fragte sich, wem die Flammen wohl gerade ein Leid zufügten. Und sie fragte sich auch, ob Joe wohl dort wäre und sich auf seine ruhige Art bemühte, der Brandursache auf die Spur zu kommen.
»Na, fehlt es dir, draußen in der freien Natur zu sein?«
Sie wandte sich um – und sah Bill vor sich. Er und Tina hatten nach Tinas erster, gescheiterter Ehe geheiratet, inzwischen waren sie seit vierzehn Jahren zusammen. Er war zwar nicht gerade begeistert von der Einrichtungsbranche und brummelte ständig, Tina habe kaum Zeit für ihn, aber er war immer zur Stelle, wenn seine Unterstützung gefragt war.
So wie heute Abend. Er hasste Menschenansammlungen, doch er war gekommen, in Schlips und Kragen. Zwar in einem zerknitterten, schlecht sitzenden Anzug, aber er hatte sich wenigstens bemüht. Er war nicht ganz so groß wie Tina, war es jedoch gewohnt, dass die Frauen in seinem Leben ihn überragten. Bills grauer Haarschopf erinnerte Summer immer an Albert Einstein, er hatte die kummervoll dreinblickenden blauen Augen eines Dichters und die schwieligen Hände eines Töpfers.
Und ein großes Glas in der Hand, das zweifellos hochprozentigen Punsch enthielt.
»Ja, es fehlt mir, nicht draußen in der Natur zu sein«, antwortete Summer und lächelte den ersten Menschen in Ocean Beach an, der ihr nicht mit Misstrauen, Enttäuschung oder offener Feindseligkeit begegnete. Ob Bill wohl immer noch Psychopharmaka schluckte, um seine Stimmung aufzuhellen? Aber vielleicht mochte er sie ja wirklich. »Sehr sogar.«
»Wie geht’s deiner Mutter?«
»Sie ist ein wenig aus der Fassung wegen des Brandes.«
Bill seufzte, was seine Haare in Bewegung versetzte – wie wilde Baumwolle im Wind. Graue Baumwolle. »Ja, das war ein unglückseliger Unfall.« Er sah sich in dem neuen Laden um, betrachtete die frische, helle Farbe, die er selbst auf die Wände aufgebracht hatte, und die Strandartikel im Raum. Eine ganze Wand war seinen getöpferten Leuchttürmen gewidmet. »Hübsch, nicht?«, fragte er.
»Toll.«
»Ja. Großartig.«
Trotzdem seufzten beide betrübt. »Auf jeder freien Oberfläche steht etwas zu essen und zu trinken, deshalb wird kein Gast schnell wieder gehen«, brummelte er. »Die Leute sind sicher noch um Mitternacht hier.«
»Der Trick ist zu verschwinden, bevor die Massen kommen«, gab Summer zurück.
Allein schon der Gedanke weckte in ihr ein Gefühl der Erleichterung – bis ihr einfiel, dass Camille sie ja von zu Hause abgeholt und hergefahren hatte. Zu dem Zeitpunkt hatte sie das für eine prima Idee gehalten, weil sie dadurch ein wenig zusätzliche Zeit miteinander verbringen konnten, aber nun ging ihr auf, wie töricht sie gewesen war. Denn sie saß hier fest ohne fahrbaren Untersatz.
Bill sah auf die Uhr. »Wenn du von hier verschwinden willst, solltest du dich beeilen. Gleich kommen die ersten Gäste.«
Zu spät. Ein Paar kam herein, gefolgt von einer Handvoll anderer. Dann riefen ihr Diana und Madeline zu, sie solle ihnen helfen, die Luftballons zu Ende aufzupusten und die bootsförmigen Partyhäppchen aufzutragen.
Ringsum kam die Party in Schwung, die Leute redeten und lachten. Summer konzentrierte sich darauf, die Luftballons aufzublasen. Der Raum war noch nicht überfüllt, beruhigte sie sich selbst. Überhaupt nicht überfüllt. Nur weil man ihr schon zweimal auf die Füße getreten war und sie die Eingangstür nicht sehen konnte …
»Hier. Schenk mal ein.« Diana reichte ihr eine Flasche Sekt und ein Tablett mit Gläsern. »Und zieh nicht so eine Flappe«, fügte sie hinzu und schnappte sich Madeline.
»O nein.« Summer steuerte auf die Ladentür zu. »Das ist deine Aufgabe. Ich gehe jetzt …«
Madeline zeigte zur Tür.
»Hab schon gesehn. Unsere liebe Ally, unverhofft kommt oft«, bemerkte Diana.
Ein großgewachsene, dunkelhaarige Frau in einem mit bunten Glasperlen besetzten Secondhandkleid betrat den Laden und schaute sich ausgiebig um.
»Wahrscheinlich ist die vor Neugier fast umgekommen«, befand Diana.
Madeline nickte grimmig.
»Schau mal, wie sie sich alle Artikel einprägt«, sagte Diana. »Wie unhöflich.«
Summer sah, wie die
Weitere Kostenlose Bücher