Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
Krieges gewesen, ein sinnloses Opfer.
Abu Amir nahm eine Gelegenheit wahr, mit Ghalib unter vier Augen zu sprechen.
»Meine Anwesenheit hier ist nun nicht mehr notwendig. Ich werde nach Cordoba zurückgehn und dem Kalifen melden, dass sein letzter Feind in Mauretanien bezwungen ist. Ich werde ihm raten, alle Idrisiden-Emire nach Cordoba einzuladen und Ibn Todschibi mit der Statthalterschaft in Mauretanien zu betrauen, damit den ewigen Unruhen hier ein Ende gemacht wird. Dann wirst du, Ghalib, bei der Heimkehr die Ehren des Sieges allein ernten und auch an der nördlichen Grenze der einzige Feldherr sein.«
Zu Ibn Todschibi aber sagte er: »Der beste Feldherr muss dort bleiben, wo die größte Gefahr ist. Ich werde dem Kalifen sagen, dass du mit deinen Truppen den Ausschlag bei der glücklichen Beendigung des Krieges gegeben hast, und dafür sorgen, dass er deine Verdienste recht würdigt.«
Und den Kriegern, die eine Gasse bildeten, als er mit Welid zu Pferde stieg, rief er zu: »Ihr seid die Tapferen, euch verdanken wir den Sieg! Ich werde dafür sorgen, dass ihr reichlichen Anteil an der Beute erhaltet!«
So schied er in dem Bewusstsein, sich dort Freunde erworben zu haben, wo sie seinem Ehrgeiz am nützlichsten werden konnten, wenn es einmal hart auf hart gehen sollte und das Schwert vor der Feder den Ausschlag geben musste.
»Der Herrscher der Gläubigen verzeihe mir, dass ich in so staubigem Mantel vor ihn trete!« sagte Abu Amir, als er sich vor dem Kalifen niedergeworfen und die Gruß- und Segensformel gesprochen hatte, »aber eine Botschaft, die seine Freude so sehr hervorrufen wird, durfte ich ihm keinen Augenblick vor enthalten.«
Der Kalif lächelte, und seine von roten Äderchen durchzogenen Wangen färbten sich noch röter. »Steh auf, Abu Amir«, sagte er mit jener eingeübten Freundlichkeit, deren sich die Hochgestellten bei derartigen Anlässen bedienen, »lege den Mantel ab, obwohl du dich seiner nicht zu schämen brauchst, und nimm diesen dafür.«
Er streckte den rechten Arm zur Seite, und die Eunuchen wussten sofort, was das zu bedeuten hatte; die Ehrenkleider lagen für solche Gelegenheiten schon griffbereit. Fajik öffnete die Truhe, Dschaudhar holte einen Mantel daraus hervor und wollte ihn dem Höfling zureichen, doch der Kalif nahm ihn ihm aus der Hand.
»Steh auf«, sagte er zu Abu Amir, und er legte ihm selbst den mit Gold und Perlen bestickten weißen Seidenmantel um die Schultern.
Während Abu Amir beim Kalifen in Audienz weilte, der willig auf alle seine Vorschläge einging, eilte Welid nach Roßafa. Je näher er seiner Wohnung kam, desto mehr trieb er sein Pferd an. Er traf Romeileh mit einem Säugling im Arm. »Ein Sohn!« rief sie ihm zu und hielt ihm das Kind entgegen.
Er griff mit beiden Händen danach und lächelte verlegen. Wie fasst man so ein Menschenbündel an, ohne ihm weh zu tun? Schon verzog der Kleine das Mäulchen zum Weinen. Da gab ihn Welid der Mutter zurück.
»Alles gut gegangen?«
»Alles. Nur Milch habe ich nicht. Ich musste eine Amme nehmen.«
›Arme Romeileh‹, dachte Welid. Erst hielt Allah deinen Schoß so lange verschlossen, nun versagt er dir den Lebensquell für dein Kind.
Laut aber sagte er: »Das ist nicht schlimm. Geld, dir eine zu besorgen, hattest du ja.«
Das Kind hatte noch keinen Namen. Denn den musste der Vater bestimmen. Nun brachte Romeileh die Sprache darauf.
»Wir wollen ihn Mondhir nennen«, erwiderte Welid, »wie Abu Amirs Bruder hieß.«
»Hieß? Wieso hieß?«
»Er ist tot.«
Da stieß Marjam einen gellen Schrei aus und stürzte aus dem Zimmer. Und Romeileh sah Welid entgeistert an.
»Tot sagst du? Mondhir tot? Wie ist das gekommen? So schnell?«
»Im Feld geht so etwas schnell.«
»Im Feld? Er war im Feld? Ein Kind?«
»Ein Kind, ja. Aber eines, das Krieg spielen wollte. Und der Krieg lässt nicht mit sich spielen.«
»Ich muss nach Marjam sehen, Welid.«
Auch Romeileh kam nicht zurück.
Als das Klagegeschrei kein Ende nahm, ging Welid den Frauen nach. Marjam stand in einer Ecke ihres Zimmers, hatte ihr Hemd zerrissen und über die Schultern gestreift, ihre Kopfbedeckung zu Boden geworfen, ihr langes schwarzes Haar aufgelöst, das ihr hinten über den Rücken fiel und vorn die nackten Brüste bedeckte. Romeileh sprach auf sie ein, halb streng, halb begütigend, aber Marjam hörte weder auf das eine noch auf das andere, sondern gebärdete sich wie von Sinnen.
»Den Lebenden habt ihr mir nicht gelassen! Aber den
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