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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
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Labyrinths zu überwuchern. Vor seiner Abreise nach Amerika hatte er Trittsteine gelegt, die inzwischen mit Moos überwuchert und gefährlich glitschig geworden waren. Er glitt aus und fiel.
    Daniel landete mitten in den Brennnesseln. Angeschlagen und mit schmerzenden Gliedmaßen rappelte er sich wieder auf die Füße und wischte sich den Dreck von den Jeans. Kaum war er wieder bei Atem, als er auch schon weiterlief. Vorwärts! Bloß keine Zeit verlieren!
    »Du kannst doch nicht einfach nach Crag Gill fahren!«
    Louise war hellwach und tief bestürzt. Sie hatte nicht viel mehr als eine halbe Stunde geschlafen, als Daniel sie aufweckte, aber ihr inneres Feuer loderte bereits wieder.
    »Wir haben keine Wahl. Schließlich wissen wir nicht, in welchem Zustand er ist.«
    »Aber ich habe ihn doch kaum berührt. Ich habe die Schere nur in die Hand genommen, um mich zu verteidigen. Er hätte nicht einmal einen Kratzer abbekommen, wenn er sich nicht auf mich gestürzt hätte.«
    »Er ist vielleicht schwer verletzt und nicht in der Lage, selbst Hilfe zu holen.«
    »Ich habe ihn nur leicht geritzt!«
    »Wir müssen uns vergewissern.«
    Ihre Stimme sank zu einem Flüstern. »Stuart lügt bestimmt, wenn man ihn nach dem Vorfall fragt.«
    »Und das heißt?«
    »Er ist so brutal und rachsüchtig, wie du es dir kaum vorstellen kannst. Es wird sein wie bei Jeremy, nur tausendmal schlimmer.«
    Jeremy war der Student mit der überfürsorglichen Mutter.
    »Es ist nicht dasselbe.«
    »Hör zu, Daniel, diese Dinge, die er zu mir gesagt hat - bloß weil ich mich entschlossen habe, ihn zu verlassen, bevor er mich rauswerfen konnte -, du machst dir keine Vorstellung! Sein Stolz ist gekränkt, und wenn er eine Möglichkeit dazu sieht, wird er mich vernichten. Er hatte schon eine Menge dafür getan, bevor ich diese Schere in die Hand nahm. Also ...«
    Daniel nahm Louises Handy vom Nachttisch und suchte im Menü nach der Anrufliste. Sie sprang aus dem Bett und versuchte ihm das Telefon abzunehmen, verlor jedoch das Gleichgewicht und landete wieder in den Federn.
    »Das kannst du mir nicht antun«, murrte sie. »Es ist so ...«
    Grollender Donner unterbrach sie. Regen prasselte auf das Cottage ein wie ein wildes Tier, das Einlass begehrte. Durch einen Spalt im Vorhang sah man einen Blitz über den Himmel zucken. Sie waren kaum anderthalb Kilometer vom Zentrum des Gewitters entfernt.
    »Du sitzt ganz schön in der Scheiße, Louise.« Er fand die Nummer von Crag Gill und ließ das Gerät wählen. »Mach es nicht noch schlimmer!«
    »Hier ist der Anschluss von Stuart Wagg.« Die Stimme klang, als wolle sie Daniel beglückwünschen. »Ich bin im Moment nicht zu Hause, aber Sie wissen ja sicher, wie man es macht: Hinterlassen Sie nach dem Tonsignal Ihren Namen und Ihre Rufnummer, dann rufe ich Sie so bald wie möglich zurück.«
    Daniel beendete den Anruf und sagte: »Dann wollen wir es mal mit seinem Handy probieren.«
    »Hi, hier ist Stuart Wagg. Hinterlassen Sie Ihre Nachricht nach dem Tonsignal.«
    Daniel holte tief Luft, bevor er sprach: »Stuart, hier ist Daniel Kind. Würden Sie mich bitte so bald wie möglich im Cottage anrufen?«
    »Scheiße noch mal!« Louises Stimme zitterte. »Warum musstest du denn eine Nachricht hinterlassen?«
    »Weil ich wissen will, wie es ihm geht. Es könnte schließlich sein, dass er im Krankenhaus liegt. Hoffen wir, dass er nicht auf der Intensivstation ist.«
    Doch Louise hörte nicht zu. Ihre Augen waren auf den gerahmten Druck von Derwent Water fixiert, der über der Schubladenkommode hing. »Ich flehe dich an, es nicht zu tun. Ich möchte wirklich nicht, dass du mit ihm sprichst«, murmelte sie.
    »Ich wollte auch nicht, dass du ihn mit seiner eigenen Küchenschere aufspießt«, schnappte er zurück. »Hast du noch seinen Haustürschlüssel? Ich fahre jetzt nämlich nachschauen, ob er in Ordnung ist.«
    Regentropfen prallten wie Kugeln von der Windschutzscheibe ab, als Daniel aus Brackdale hinauspreschte. Der Straßenbelag war uneben; überall lauerten Schlaglöcher. Jedes Mal, wenn er ein anderes Auto überholte, fuhr er fast blind durch das aufgewirbelte Sprühwasser. Er konnte das Gaspedal nicht ganz durchdrücken, denn er fürchtete, ebenfalls in einer Begrenzungshecke zu landen - und wer weiß, ob sein Unfall ebenso glücklich ausginge wie der von Louise.
    Sie allerdings fand sich alles andere als glücklich. Ihre Worte hallten in Daniels Gedächtnis nach.
    Wenn er kann, wird er mich vernichten.
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