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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
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dieser Stelle eine Lücke zwischen den in Richtung Ambleside fahrenden Autos gebildet.
    »Scheiße«, knurrte er. Das war wirklich knapp gewesen!
    Die niedrig stehende Sonne blendete ihn. Er blinzelte und erkannte ein Polizeiauto, das ein paar Hundert Meter vor ihm in einer Haltebucht auf der Lauer lag. An der Seite stand ein stämmiger Polizist mit einer Laserpistole und wirkte so bedrohlich wie ein neuzeitlicher Sundance Kid. Marc stieg auf die Bremse, bis die Tachonadel eine vernünftige Geschwindigkeit anzeigte. Als er an dem Scharfschützen vorbeischlich, musterte dieser ihn mit finsterem Blick. Marc heftete seine Augen starr auf die Straße. Ausgerechnet an diesem Tag hatte er weiß Gott keine Lust, sich von der Polizei von Cumbria erwischen zu lassen.
    Er erreichte den Innenhof ohne weitere Zwischenfälle. Als er den Laden aufschloss, hörte er Schritte auf dem Kies. Er drehte sich um und sah eine Gestalt in Dufflecoat, Kapuze und dunklen Stiefeln. Eine behandschuhte Hand schob die Kapuze zurück. Es war Cassie Weston, mit versteinerter Miene. Marc war überrascht, sie schon so früh anzutreffen, lächelte und winkte ihr zu. Sie nickte kurz, sagte aber nichts.
    »Ganz schön früh dran, Cassie.«
    »Warum auch nicht?«, gab sie zurück und entledigte sich ihres Mantels.
    »Alles in Ordnung?«
    »Klar. Warum?«
    »Weil Sie irgendwie ziemlich kaputt aussehen.«
    »Ich bin okay.«
    Der Eifer des Vortags war verschwunden. Selbst ihre Kleidung wirkte düster. Sie trug einen formlosen Pullover und eine ungewaschen wirkende alte Hose, und geschminkt war sie auch nicht.
    Marc machte Feuer im Kamin. Die Aussicht auf eine gemütlich warme Zuflucht vor der bitteren Kälte draußen verführte vielleicht zu einem Gelegenheitskauf. Man musste optimistisch bleiben, wenn man seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf alter Bücher verdiente. In seinem Büro gab es leider keinen Kamin. Er musste sich mit einem lärmenden Heizlüfter begnügen. Er fuhr seinen PC hoch, um wie üblich die morgendlichen E-Mails von seinen in aller Welt verstreuten Kunden abzurufen. Ein amerikanischer Fan der Lake Poets plante seinen Ruhestand und wollte wissen, ob Marc am Vorkaufsrecht für seine Sammlung interessiert sei. Bei der derzeitigen Marktsituation würde es vermutlich Jahre dauern, bis sich die Investition bezahlt machte. Es würde sicher mehr einbringen, die Sammlung aufzulösen und einzelne Titel zu verkaufen, weil diejenigen Käufer, die als Kunden infrage kamen, wahrscheinlich eigene Sammlungen besaßen und kein Geld für Duplikate ausgeben würden. Aber ein solches Spiel erforderte viel Geduld und einen langen Atem in finanzieller Hinsicht.
    Marc hatte die Bürotür nur angelehnt und hörte, wie Mrs Beveridge Cassie mit einer jovialen Klage über das Wetter begrüßte. Die Antwort klang brummig. Warum war das Mädchen so schlecht gelaunt? Es war wirklich dumm, sich von einer Angestellten derart beeinflussen zu lassen. Nie sollte man Geschäft und Vergnügen miteinander verquicken.
    Marcs Gedanken schweiften zu Bethany Friend ab. Wie lange würde es wohl noch dauern, bis Hannah herausfand, dass er das Mädchen gekannt hatte? Als sie an Silvester zum Schlangenweiher hinaufgewandert waren, hatte sie ihm bereits skeptische Blicke zugeworfen, als er Bethany erwähnte.
    Er erinnerte sich an sein letztes Gespräch mit Bethany. Ihr bestürztes Gesicht und das, was sie gesagt hatte ...
    Nein, lass die Erinnerung lieber ruhen!
    Daniel befürchtete, dass das Honorar für Die Hölle im Innern - falls er dieses Buch überhaupt je beenden sollte - von den Heizkosten für Tarn Cottage aufgefressen würde. An diesem Morgen herrschte eisiger Frost. Radio Cumbria berichtete, dass sich bereits jetzt Jugendliche auf der gefrorenen Oberfläche von Derwent Water tummelten. Eine alte Frau wurde interviewt, die sich daran erinnern konnte, dass sie in den sechziger Jahren auf Windermere Schlittschuh gelaufen war. Ein Sicherheitsexperte warnte davor, sich auf das dünne Eis hinauszuwagen. Aber niemand hörte auf ihn.
    Er wartete bis zum späten Vormittag, ehe er Stuart Wagg erneut anrief. Schließlich hatte der Mann Ferien, und wenn er tatsächlich am Vortag eine Bergwanderung unternommen hatte, lag er vielleicht noch gemütlich im Bett. Auf dem Festnetz meldete sich niemand, und beim Anruf auf dem Mobiltelefon meldete sich wie am Tag zuvor nur die Mailbox. Daniel hinterließ eine kurze Nachricht und probierte es in der Kanzlei. Die Empfangsdame erklärte, dass

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