Zu Staub Und Asche
Teufel mag mit ihm passiert sein? Wenn ich das eben richtig verstanden habe, hat man die Leiche draußen im Gelände gefunden.«
»Bestimmt ein Unfall.«
Marc lachte bitter auf. »Wie bei George Saffell?«
»Hey, immer mit der Ruhe.« Cassie sprach mit ihm wie eine Mutter, die ihr störrisches Kind beruhigt. »Die beiden waren Kunden und nicht etwa Ihre besten Freunde.«
»George Saffell wurde ermordet, das ist sonnenklar.« Marc führte fast ein Selbstgespräch, während er sich bemühte, das zu begreifen, was mit seinen Kunden geschehen war. »Das Gleiche gilt, soweit wir wissen, auch für Wagg. Vielleicht wurden beide von ein und derselben Person getötet.«
»Oder es ist ein ziemlich gruseliger Zufall.«
»Die Polizei glaubt nicht an Zufälle. Das habe ich von Hannah gelernt.«
»Jetzt erklären Sie mir bitte nicht, Sie würden sich Sorgen machen, man könne Sie verdächtigen.«
»Das weiß der liebe Himmel!«
»Hannah wird Sie schon beschützen!«
Marc antwortete nicht.
»Schließlich sind Sie der Allerletzte, der sie tot sehen wollte. Immerhin zwei reiche Büchersammler.«
»Klar ist es verrückt. Aber ich weiß von Hannah, wie die Polizei arbeitet, wenn es nicht vorwärtsgeht. Und wenn sich dann noch ein annehmbares Bauernopfer findet ...«
»Jetzt klingen Sie aber wirklich ängstlich.« Sie strich ihm leicht über die Wange, zog sich aber sofort wieder zurück, als schämte sie sich plötzlich ihrer Vermessenheit. »Sie fühlen sich selbst wie ein Cold Case an, Marc Amos.«
Sein Körper spannte sich an, sein Herz schlug schneller ...
»Ich glaube, Sie brauchen den Whisky nötiger als ich«, murmelte sie.
Wer A sagt ...
Er räusperte sich. »Wären Sie vielleicht doch bereit, ein Glas mit mir zu trinken?«
»In diesem miesen Pub? Sie machen wohl Witze. Ich habe schon fröhlichere Mausoleen gesehen. Oder heißt es Mausolea?« Sie zögerte. »Wissen Sie was? Wenn Sie ein paar Minuten Zeit hätten, kommen Sie doch mit zu mir. Ich mache Ihnen einen Irish Coffee. Ich habe da ein Spezialrezept mit der doppelten Menge Sahne, um den Alkohol unschädlich zu machen.«
»Hört sich verführerisch an.« Er machte eine Pause, als wäge er das Für und Wider ab. »Okay, abgemacht.«
»Prima.« Als er den Wagen wieder anließ, lehnte sie sich in den Beifahrersitz zurück und schloss die Augen. »Es ist toll, einen Chauffeur zu haben. Wecken Sie mich doch bitte, wenn wir angekommen sind.«
Marc lauschte Cassies sanftem, rhythmischem Atem. Er wusste nicht, ob sie schlief oder nur vor sich hin träumte. An diesem Abend fühlte es sich anders an als beim letzten Mal, als er sie nach Hause gebracht hatte. Allmählich kamen sie einander näher. Trotzdem schwor er sich, vorsichtig zu bleiben. Bis hierher, aber nicht weiter.
Als sie ihre Wohnung erreicht hatten, stupste er sie sanft, um sie zu wecken, und folgte ihr wortlos eine schmale Treppe hinauf bis zum Absatz im ersten Stockwerk. Gleich neben der Klingel stand ihr Name auf einer Tür.
»Herzlich willkommen«, sagte sie, streifte sich Mantel und Schal von den Schultern und ging ihm voraus in ein kleines Wohnzimmer. »Tut mir leid, aber es ist nicht ganz Crag Gill.«
Schon wieder Stuart Wagg. Für ein paar Minuten hatte er den Toten aus seinem Kopf verbannen können.
»Es ist nicht zu fassen. Zwei meiner besten Kunden, und das innerhalb weniger Wochen ...«
Die Gasheizung erwachte ratternd zum Leben. Cassie zündete drei Kerzen an, bevor sie die Deckenbeleuchtung ausschaltete. In einer Ecke stand eine veraltete japanische Stereoanlage; sie nahm ein Album von Neil Young aus dem Regal und schob es in den CD-Player. Der Raum erinnerte Marc an eine Studentenbude - billig möbliert zwar, aber Cassie schien ein Auge für zwanglosen Chic zu haben. Indische Wandbehänge, Überwürfe über Sessel und Sofa und ein hübscher Kelim in warmen Rot-Braun-Tönen, der die Teppichfliesen verbarg. Alle freien Stellflächen hatte sie mit Räucherstäbchenhaltern in Form chinesischer Drachen, geschnitzten Holzdöschen und hübschen kleinen Behältnissen dekoriert. Selbst die Taschenbücher im Bücherregal am Fenster schienen eigens dazu ausgesucht, farblich zu ihrer Einrichtung zu passen, obwohl die Bücherrücken deutlich zerlesen waren.
»Vielleicht hat jemand etwas gegen Sie.«
Ihr ironisches Lächeln trieb ihm die Röte in die Wangen. Sie hatte den Dreh heraus, ihn immer wieder auf dem falschen Fuß zu erwischen.
»Entschuldigung. Ich habe mich wohl gerade ziemlich
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