Zu viele Flueche
starrten sie sich aber auch nur an. Obwohl selbst das fraglich war, da Die Tür keine Augen besaß.
Tiamas eigene Augen brannten flammend grün und schwarz. Sie streckte eine makellose weiße Hand nach der Türklinke aus. Die Pergamente an der Tür schwangen und flatterten. Die Balken drückten sich gegen den Eisenriegel. Die Runen glühten lebendig. Eine unsichtbare Energie schleuderte sie zur Seite. Lautlos flog sie durch die kleine Kammer und knallte gegen die Wand. Die Kollision zerschmetterte ihre Knochen, leblos sank sie zu Boden. Mit ihrer weißen Haut und dem nichtssagenden Gesicht erinnerte sie an eine halbfertige Marionette, die auf ihre Farbe und die Fäden wartete.
Die Tür Am Ende Des Flurs ächzte.
Das Feuer in Tiamas Augen wurde nicht schwächer. Mit einem scharfen Knacken richtete sich ihr Genick wieder gerade. Ihre zerschmetterten Finger streckten sich. Ihre Gliedmaßen richteten sich wieder aus. Sie stand auf - wiederhergestellt zwar, aber immer noch ziemlich leblos. Finster verzog sie ihren Strich von einem Mund.
»Und ich sage dir, ich habe etwas gehört«, sagte jemand.
Knarzend öffnete sich die Kammertür. Ein Pinguin und ein Kröterich streckten neugierig die Köpfe herein.
Die Kammer war leer.
»Ich hab dir doch gesagt, in diesem Raum ist nichts«, sagte der Kröterich.
»In jedem Raum ist etwas«, entgegnete der Pinguin. Er fröstelte. »Furchtbar kalt hier drin.«
»Hältst du nicht mal ein bisschen Frost aus? Was bist du denn für ein Pinguin?«
»Es ist ja nicht so, als hätte ich Margle darum gebeten, mich in einen Pinguin zu verwandeln. Hätte ich eine Wahl gehabt, hätte ich einen Tukan oder einen Kakadu gewählt. Etwas Tropischeres.«
Der Kröterich rülpste laut.
»Immer noch Probleme mit dem Magen?«, fragte der Pinguin.
»Muss was Falsches gegessen haben.« Der Kröterich blähte die Brust auf, quakte und zog eine Grimasse.
Der Pinguin watschelte davon, der Kröterich hüpfte neben ihm her. »Lass uns nachschauen gehen, ob wir das Feuer im Gästezimmer überreden können, mir die Flossen zu wärmen.«
Die Kammer war wieder verwaist, und diesmal blieb sie es auch. Tiama die Narbige und Die Tür Am Ende Des Flurs waren schon wieder zu anderen finsteren Besorgungen unterwegs.
VIERZEHN
Trotz der gefährlichen Natur ihres Zuhauses war Nessys Job nicht immer anregend. Vielleicht galten außerhalb dieser Mauern wandelnde Leichen, schwatzhafte Wasserspeier und körperlose Stimmen als Kuriositäten, aber Nessy arbeitete schon lange genug für Zauberer, um solche Eigentümlichkeiten nicht weiter bemerkenswert zu finden. Und auch wenn sie nichts gegen ein wenig Aufregung hier und da hatte - weil das Unerwartete ihren Beruf so interessant machte -, genoss sie doch genauso die ruhigen Zeiten, wenn sie allein mit ihrer Arbeit war. Nach den letzten Tagen wusste sie diese Augenblicke umso mehr zu schätzen.
Alle waren anderswo mit anderen Dingen beschäftigt. Sie hatte keine Ahnung, womit. Es war ihr auch egal. Sie wollte nur ihren Augenblick der Ruhe und des Friedens genießen, solange er anhielt. Lediglich das Nurgax blieb an ihrer Seite, aber es war so empfänglich für ihre Stimmung, dass es schwieg wie ein Grab. Es schleppte den Wagen mit stiller Effizienz. Das Quietschen der Wagenräder und das Knarzen und Ächzen des Schlosses waren die einzigen Geräusche.
Sogar der Höllenhund, der immer noch im Teppich gefangen war, blieb friedlich. Er schlief am Tag, ob nun zusammengerollt in einem Schatten oder im Sehr Hungrigen Teppich, das war ihm gleich. Die Bestie hatte es geschafft, eine ihrer großen, schwarzen Tatzen zu befreien. Ein weiterer Riss im Teppich ließ ein einzelnes, geschlossenes Auge erkennen. Sein rhythmischer Atem wurde durch den Teppich gedämpft.
Nessy ging zu ihrem Wagen und griff in einen Eimer voller sich windender, zombifizierter Anatomie. Sie zog eine Hand heraus. Um genau zu sein, sie zog ihren Arm heraus, an dessen Handgelenk sich eine zombifizierte Hand klammerte. Es war eine kleine Hand. Wahrscheinlich hatte sie einmal einem Zwerg gehört. Sie hoffte, sie würde ihrem Bedarf entsprechen.
Die Zombies schienen ihr ein geeigneter Köder für ihren Plan zu sein, aber nur, wenn der Höllenhund darauf reagierte. Sie wusste, sein Appetit verlangte nach untoten Dingen. Aber diese Zombies waren nicht ganz dasselbe wie der Vampirkönig oder die Ertrunkene Frau. Diese hier besaßen keine Seelen. Es war totes Fleisch, das durch schwarze Magie animiert
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