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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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Erscheinung geriet in Schwingungen. „Auch eine Art von Selbstreinigungsprozess.“
    „Beeil dich und gib mir gleich Bescheid.“ Ich drückte Michelin das verschlossene Kuvert in die Hand und ging in mein Büro. Von wegen Kindergeschreibsel, Herr Leimböck senior. Ich werde meinen ersten Zwischenbericht für den Kurzen in Versform abfassen, dachte ich belustigt, und ihn in Kopie an Vater schicken. Am besten in Hexameter, das passt zu beiden. Warum eigentlich? Was weiß ich. Vierzehn zerknüllte Blätter danach betrat ich den Journaldienstraum. Kurz sah mich in der Tür auftauchen und brach blitzartig los.
    „Wir haben das Messer
    „Ich hoffe sehr, dass wir es noch haben.“
    „Nein, Ferri, ich meine, wir wissen, was die Aufschrift bedeutet. Auch wenn ich es nur schwer glauben kann: Es gibt eben doch Menschen, die noch klüger sind als wir. Bildung zahlt sich aus.“ Kurz drückte seinen trainierten Brustkorb raus und machte eine gewichtige Miene, als habe er aufs Neue und als Klassenprimus ein Seminar bestanden.
    „Verschone mich mit deinen Volksreden, Kurt. Du kannst ja mit deinen Lehrerfreunden über Bildungsbürgertum philosophieren. Raus mit der Sprache.“ Kurz schien nur für einen Augenblick irritiert, wischte meinen Einwurf weg mit jener Mischung aus Ekel und Schadenfreude, die dich ein Stück angeschimmelter Brotrinde mit dem Zeigefinger und unbemerkt auf den Nachbartisch schnippen lässt, setzte seine gelehrigste Oberlehrervisage auf, fixierte mich über den Rand der dunklen Hornbrille hinweg und fuhr unbeirrt fort. „Während du noch im Bett gelegen bist, waren wir schon aktiv. Unser Mann heißt Doktor Rainer Spitzweger, er hat in Wien Japanologie und Sinologie studiert und ist in Graz Berater und Dolmetscher für heimische Firmen, die in Fernost Geschäfte machen. Ein Experte, weit über die Grenzen der Steiermark hinaus bekannt. Er hat die Schriftzeichen auf dem Messer in der Zeitung gesehen und sofort angerufen.“
    Noch im Bett gelegen? Blöder Kerl. Ich werde dir . . . nein, lieber nicht. „Und?“
    Kurz kniff die Augen zusammen und machte einen Spitzmund, als stehe er geradewegs vor Erfüllung des Auftrags, ein schwieriges Gedicht dreimal auswendig zu lernen. „Keijiro Doi. Ein Altmeister der feinen Klinge. Das Messer entstammt der Luxusschmiede Japans schlechthin. Dieser Keijiro Doi ist eine Art Guru, er hält beim Legieren die Temperatur etwas niedriger als andere Hersteller, schlägt auf jeden Rohling mit einem Hammer bis zu sechshundert Mal ein und produziert so unerreichbare Qualität. Selbst prominente Kunden müssen ein halbes Jahr warten, bis sie ihre Ware bekommen. Seine Messer sind handgemacht und schaffen im Vergleich zu anderen die fünffache Menge hauchdünn geschnittenen Rohfischs.“
    „Und einen Klausberger.“ Ich hatte Stillhofer noch gar nicht bemerkt. Er lümmelte mit gespreizten Beinen auf einem Sessel, stellte sein prall gespanntes Hemd zur Schau und rieb sich über den rotbackigen Flaum, der in unregelmäßigen Schichten in seinem Gesicht sprosste.
    „All das hat dieser Dr. Spitzwegerich gewusst?“, sagte ich ungläubig.
    „Spitzweger. Aber das ist noch lange nicht alles.“ Kurz sprudelte förmlich über vor Mitteilungsdrang. „Gleich danach hat sich der Besitzer vom Restaurant Tokio gemeldet. Sein Chefkoch vermisst seit ein paar Wochen ein Messer wie unseres. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist es die Tatwaffe. Ein Einzelstück. Zweitausend Euro teuer. Der Koch war sehr erregt, als das Messer verschwunden ist, hat er gesagt. Er soll sogar gedroht haben, dem Dieb die Haut abzuziehen wie einem Fugu, du weißt schon, diesem giftigen Kugelfisch. Und er ist auf dem Weg hierher, um es sich anzusehen.“
    Kurz trat einen Schritt zurück und lehnte sich sichtlich zufrieden gegen den Heizkörper unter dem Fenster, schnellte nach Bruchteilen einer Sekunde aber wieder vor. Ein Schmerzensschrei begleitete ihn auf seinem Weg und er rieb die Handballen aneinander, mit denen er sich auf die blanken Kupferleitungen gestützt hatte. „Warum heizen die Idioten schon auf voller Stärke“, fauchte er. Dann besann er sich des Triumphes, den er soeben mit seinem Vortrag über das Fischmesser eingefahren hatte, fand seine Haltung wieder und blickte mich herausfordernd an.
    „Wir müssten jede Minute wissen, ob es der Hanser war“, warf ich ihm entgegen.
    „Wie willst du das beweisen?“ Kurz spöttischer Unterton lag über einer Front von Ungläubigkeit.
    „Willi gleicht

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