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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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Jetzt? Ja, jetzt, ein Notfall. Betreffe das auch ihn, ein Mord, solle er gleich mitkommen? Nein, nein, kein Mord, also nicht direkt, mehr intern. Ob er warten solle, das Bummerl, das Bier, der Schnaps und alles? Nein, nein, das auch nicht, er könne auf mich aufschreiben lassen, ein andermal wieder, Herr Ludwig.
    Zurück blieb ein reichlich verwirrter Herr Ludwig, der, wie wir ja bereits wissen, aber man weiß ja nie, dachte ich, keinesfalls Herr Ludwig gerufen werden will. Dann war ich draußen bei der Tür, immer noch gehüllt in den Schwall dichter Meinhartiatmosphäre, immer noch irritiert vom Inhalt des Telefonats, immer noch unschlüssig, ob ich, einer spontanen Eingebung folgend, richtig gehandelt oder besser gesagt: richtig geschwiegen hatte. Ich hätte es ihm schon sagen können, murmelte ich vor mich hin, andererseits erführe er es eben erst morgen, was machten denn schon ein paar Stunden mehr oder weniger. Unschlüssigkeiten also, bis die Wenisbucher Abendluft den letzten Hauch des Stickigen und mit ihm den letzten Rest von Zweifel aufgesogen hatte und ich mit einem Mal alles sternenklar sah. Auch ohne in die Nacht über mir zu blicken. Ich lächelte, schlang die Jacke eng um mich, ließ den Ring des Schlüsselbundes um den emporgereckten Zeigefinger kreisen, schürzte die Lippen zum gepfiffenen Ambrosliedchen und schlenderte gemächlich dem Wagen zu.

Im Keller, ein Freitagabend im Oktober 2005
    Es gibt Pflanzen und Tiere. Unter den Tieren gibt es solche, die andere töten, um sich zu ernähren. Das sind die Jäger. Der Rest besteht aus Sammlern. Der Mensch ist das einzige Tier, das Jäger und Sammler zugleich ist. Ich war bis jetzt ein Sammler. Aber alles, was ich gesammelt habe, dient nur einem Zweck. Dem der Jagd. Ich habe auch mich selbst gesammelt. Gedanken, Erfahrungen, Informationen, Wissen, alles was mir nützen würde, wenn der Tag gekommen war. Jetzt ist er da, jetzt bin ich bereit.
    Jetzt bin ich ein Jäger!
    Was ist von deiner Überlegenheit geblieben? Der Präpotenz, mit der du auf Menschen einschreibst, sie niederschreibst, sie von deinem feinpinkeligen Schreibtisch in deinem klimatisierten Büro aus kalt grinsend vernichtest, nur um deine eigene miese Existenz zu sichern? Wie viele leben in ständiger Angst vor dir? Jetzt hast aber du selbst Angst. Ordinäre, entwürdigende Angst.
    Du zitterst ja.
    „Lassen Sie mich los, Sie sind ja wahnsinnig, was soll das Ganze, was wollen Sie von mir. Geld? Wie viel. Ich gebs Ihnen!“
    Na, na, na. Wer wird denn gleich so ungeduldig sein? Ich sag dir schon, wenn die Zeit gekommen ist. Ich mache dich berühmt, noch berühmter, als du es schon bist. Sie werden sich vor dir fürchten, noch mehr, als sie es jetzt schon tun.
    Alles, was ich dafür brauche, habe ich gesammelt. Auch dieses Messer. Ich habe es irgendwo liegen gesehen und mitgenommen. Keiner hat es gemerkt. Es liegt ja so viel irgendwo herum. Die Menschen sind unachtsam und dann beklagen sie sich, wenn sie bestohlen werden. Auch du warst unachtsam. Da habe ich dich genommen. Gesammelt. Wie das Messer. Jetzt gehörst du mir.
    „Irrsinn, Sie haben mich gekidnappt, entführt. Man wird Sie finden. Aber noch ist es nicht zu spät. Lassen Sie mich frei und ich werde niemandem davon erzählen. Es ist ein Scherz? Habe ich Recht? Nur ein schlechter Scherz, Ha, ha, ha. Ich verstehs ja. Ist auch lustig. Gelungen. Aber jetzt ist Schluss. Ich muss ins Büro. Die warten auf mich.“
    Rüttle nur an deinen Fesseln, es wird dir nichts nützen. Siehst du die Knoten? Das ist Expertenarbeit. Habe ich gelernt. Zuerst aus Büchern, dann mit Geduld. Immer wieder. Derselbe Knoten. Bis zur Perfektion. Zwei, drei Handgriffe, so rasch, dass du sie kaum mitverfolgen kannst. Der perfekte Knoten! Ich habe sogar ein Video, in dem gelehrt wird, wie man Seemannsknoten knüpft. Gehört zum Sammeln. Wissen, weißt du. Und Können. Rüttle nur. Der Stuhl ist am Boden festgeschraubt. Den kannst du nicht umwerfen. Ich habe geplant, weißt du? Jahrelang gesammelt und geplant. Du bist Teil meines perfekten Plans. Und dieses Messer ist es auch. Oder doch nicht? Habe ich etwas vergessen? Nein! Ich werde nun einen Knoten lösen und deine rechte Hand wird frei sein. Dann werde ich dir das Messer reichen und dir fünf Sekunden lang Zeit geben, dich selbst loszuschneiden. Du schaffst es nicht. Weil die Angst deine Gedanken lähmt. Und deine Finger. Weil du nicht perfekt bist!
    „Und wenn ich es doch schaffe ? Ist der Spuk dann zu Ende ?

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