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zuadraht

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Titel: zuadraht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kopacka
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nicht angerufen, Ferdinand.“ Wieder dieser verdammte Ferdinand, aus seinem Munde eine dreisilbige Melange ins Unendliche gezogenen Spotts und väterlicher Bevormundung. „Wie weit seid ihr mit den Ermittlungen? Habt ihr den Messerstecher schon?“
    „Wir stehen dort, wo wir am Anfang von Mordermittlungen immer stehen: am Anfang.“ Ich konnte das ärgerliche Timbre meiner Stimme nicht unterdrücken. „Ich muss ins Büro, Vater, ich rufe am Abend zurück.“ Ehe er den Versuch einer Antwort starten konnte, knallte ich den Hörer auf die Gabel. Zum allerersten Mal. Ein Hauch von Befreiung umwehte mich, als ich in den kühlen Morgen und in eine von Tausenden Pfützen und Pfützchen trat. Die Straße glich einer finnischen Seenlandschaft auf Minimundusformat. Es goss in Strömen. Seit Stunden schon.
    *
    Gerd Zabelnig sprang aus seiner Portierloge, mit einem Stück Schokoladekuchen in der einen und einem braunen Kuvert in der anderen Hand heftig auf – und abwinkend, als ich kurz vor halb neun das Einfahrtsgitter ins Paulustor passieren wollte. Die wenigen Meter, die sein massiger Körper sprintartig von der Glaskabine zu meinem Wagen zurückgelegt hatte, ließen ihn nach Luft schnappen.
    „Dasch hat ein Taxschler für disch abgegeben“. Die Nachricht sprudelte, mit kleinen braunen Brösel durchsetzt, aus seinem wiederkäuenden, von schweißigem Flaum gesäumten Mund, als er mir den Umschlag entgegenschob.
    „Danke, Gerd. Sei froh, dass du nicht in Aguascalientes Dienst machen musst.“ Zabelnigs Augen weiteten sich auf Mokkauntertassengröße. „Das ist eine Stadt in Mexiko. Dort wurden vierhundert übergewichtige Polizisten zum Abnehmen vergattert, um die erlahmende Schlagkraft der Truppe wieder zu erhöhen. Der Polizeichef mit eingeschlossen. Es stand in der Zeitung, erst vor ein paar Tagen.“ Zabelnig warf mir einen Blick voll kindlicher Ungläubigkeit und trotziger Verächtlichkeit zu, dann trollte er kopfschüttelnd zurück unter seinen Glassturz.
    Der Hochauer hat tatsächlich Wort gehalten, dachte ich freudig erregt, parkte den Wagen und lief schnurstracks zur Kriminaltechnik. Michelin hatte mich auf seinem Monitor erspäht, als ich ins Blickfeld der Kamera schritt, die den ebenerdigen Gang zu beiden Seiten überwachte, und nahm mich am Eingang zu seinem Reich in Empfang.
    „Hast du kein Zuhause, Eipi?“
    „Das schon, aber keinen, der dort auf mich wartet. Rosa ist wieder einmal weg mit den Kindern. Diesmal scheint es ernst zu sein.“ Ich spürte, wie sich mein Hals zusammenzog. Willi blickte mich stumm aus seinen Karpfenaugen an. Du bist der einzige im Paulustor, dachte ich, mit dem ich darüber reden und dabei sicher sein kann, mein Privatleben nicht als Kantinenklatsch über Umwegen und um würzige Details bereichert serviert zu bekommen von einem der zahllosen Kollegen, die es ja nur gut meinen, wenn sie dich beiseite nehmen und in geradezu anbiedernder Vertraulichkeit um deine Gunst rittern, indem sie Sätze sagen wie: Ich will nicht, dass du es von irgendwo anders erfährst, Ferri, aber da kursieren Gerüchte . . . Oder aber schweigend an dir vorüberziehen, die Lippen kurz und gerade für dich erkennbar aufeinander pressend als stumme Geste ihrer Anteilnahme. Oder auch nur als ortsüblichen und, wie es scheint, einzig möglichen Gruß zwischen elf und sechzehn Uhr ein monotones „Mahlzeit“ murmeln. „Was ist mit dir, Michelin, schickst du deinen Kindern immer noch Autogrammkarten aus der Arbeit nachhause, damit sie dein Gesicht nicht vergessen?“
    Fauler lächelte müde. „Erinnere mich nicht daran. Wir wollten übers Wochenende in die Therme fahren, aber jetzt brodelt statt dem Wasser nur die Stimmung.“
    „Wie weit seid ihr mit den Auswertungen?“
    „Das DNS-taugliche Material haben wir ins Labor nach Innsbruck geschickt, bei den Fingerabdrücken und Fußspuren am Tatort sind wir um keinen Schritt weiter. Lauter Stückwerk, das vermutlich nix bringt.“
    „Vielleicht hab ich etwas, das euch die Arbeit abnimmt. Eine Haarbürste vom Hanser.“
    „Hanser . . . Hanser. . . Hanser?“
    „Liest du immer noch ausschließlich Asterix und Obduktionsberichte, Willi?“
    Fauler zuckte mit den Schultern und zog seinen buschigen Schnauzbart hoch. „Du weißt ja, Ferri.“
    „Vergiss es. Für dich die Kurzversion. Martin Hanser ist Starkolumnist bei der Guten , und ich glaube, dass er mit der Sache zu tun hat.“
    „Ein Journalist, der einen Politiker absticht?“ Michelins füllige

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