zuadraht
wir doch ein Affenspielchen. Hier, ich reiche dir jetzt diesen Kugelschreiber, da ist auch ein Blatt Papier, das ich vor dir auf den Tisch lege. Schreibe das erste Wort für mich auf, das ein Affe in dieser Situation aufschreiben würde, wenn ein Affe schreiben könnte.
„Der Affe würde dasselbe schreiben wie ich. Hier – dick und fett, Monster in Großbuchstaben. MONSTER! Denn das bist du. Ein widerliches, menschenverachtendes Monster. Wenn es ein Tier in diesem Raum gibt, dann bist du es.“
Spiel-Ende. Ich danke für die Kooperation. Und ich wünsche noch einen angenehmen Abend. Leider kann ich diese kurzweilige Unterhaltung nicht mehr fortsetzen. Die Pflicht ruft . . .
„Monster, verdammtes Monster. Ja, geh nur. Verschwinde aus meinem Leben. Für immer.“
Stadtgebiet, Samstagnacht, 22 Uhr
Für die Ausführung meines Vorhabens stehen mir im Idealfall exakt 30 Minuten zur Verfügung. Perfektion hat sehr viel mit Mathematik zu tun. Der Zeitplan, den man unter Berücksichtigung aller gesammelten Erkenntnisse erstellen muss, ist etwas Rechnerisches. Bei Wegstrecken, die dabei wohl die wesentlichste Rolle spielen, muss eine Unbekannte eingebaut werden. Es könnte sogar Vorkommen, dass jenes Straßenstück, das laut Plan benutzt wird, durch einen Unfall oder ein anderes Hindernis gerade während der in Frage kommenden Zeit gesperrt wird. Dann muss der Zeitplan so flexibel ausgearbeitet sein, dass auch genügend Raum für den Umweg, der dann gefahren werden muss, vorhanden ist. Dasselbe gilt für den Rückweg nach erledigter Arbeit. 30 Minuten sind ein relativ langer Zeitraum, wenn es sich um inhaltslose Zeit handelt, die einfach totzuschlagen ist. In meinem Fall handelt es sich um jene halbe Stunde, die man mir als bezahlte Arbeitspause zubilligt. Es ist der Zeitraum, der zwischen zwei Objektbewachungen liegt und eigentlich zur Nahrungsaufnahme genutzt werden sollte. Brotzeit, Jausenzeit. Kein Kontrollgang, der eingetragen werden muss. Freizeit.
Von den Kleiner-Werken, für deren nächtliche Sicherheit ich unter anderem zu sorgen habe, bis zum Schloss Eggenberg sind es um diese Zeit auf der von mir gewählten Route maximal, das heißt unter Einberechnung eines verzögernden Hindernisses, acht Auto-Minuten. Mit Rückfahrt ergibt das 16 Minuten. Vom Parkplatz, den es um diese Zeit in der Eggenberger Allee immer gibt, bis zum Treffpunkt brauche ich hin und retour zu Fuß je vier Minuten. Ergibt gesamt 24 Minuten. Bleiben sechs Minuten für die Aufgabe. Genügend Zeit, wenn das Objekt bereits da ist. Und dafür hat hoffentlich der Anruf aus der Telefonzelle gesorgt, mit dem ich dem Thermen-Leo ein ordentliches Feuer unter dem Hintern angezündet habe. Als gründlicher Ermittler weiß man, dass der Mann zwei Handys besitzt. Das offizielle und jenes, dessen Nummer nur die engsten Vertrauten kennen. Ein Anruf am inoffiziellen schafft in jedem Fall die gebührende Aufmerksamkeit. Nur ein paar Worte: „Feuer am Dach,,Vita-Therma – Geheimunterlagen wurden der Presse zugespielt. Wir müssen sofort reden. Treffpunkt Römersteine. In zehn Minuten!“ Dann sofort auflegen, keine Chance für eine Rückfrage. Und ins Auto, Gas gegeben. Der Thermen-Leo wird schon einen Weg finden, den pompösen Empfang, den man der kroatischen Wirtschaftsdelegation im Schloss Eggenberg bereitet, mit einer glaubhaften Entschuldigung für kurze Zeit zu verlassen. Einkalkuliert. Er muss es tun. Weil er mit seiner „Vita-Therma“ eine gewaltige Portion Dreck am Stecken hat. Deshalb wird er kommen. Pünktlichst.
Alles klappt bestens. Kein Hindernis auf der Straße, damit gewinne ich drei Minuten. Mein Wagen schlüpft exakt in jenen Parkplatz, der dafür vorgesehen ist. Alle sind im Schloss beim Empfang, kein Mensch sieht mich. Ich bin eine Schattengestalt in einem langen, dunklen Mantel, nichts ist von der Uniform zu sehen. Unglaublich, wie perfekt mein Plan aufgeht. Es ist wie beim ersten Mal. Da schien es mir beinahe so, als ob der Klausberger ein informierter Partner wäre, der in das Spiel eingeweiht ist. Alles passierte damals, ich sage damals, dabei sind es erst Stunden, die seit der Sache an der Murpromenade vergangen sind, so, wie ich es geplant hatte. Und jetzt ist es wieder so. Ich bin früher als rechtzeitig angekommen und stehe im Schatten eines Baumes. Genügend Zeit. Niemand weiß, dass ich hier bin. Nur Ruhe. Ich gehe jetzt hinüber zu den Römersteinen. Ja, da steht er. Ein Schatten. Nervös von einem Bein auf das andere
Weitere Kostenlose Bücher